Taverne / Teil 4

16. Dorla: Flexibilität

 

In den nächsten Tagen halfen wir Brand und Marc wieder völlig gesund zu werden. Übungskämpfe mit dem Schwert und etwas gut dosierte körperliche Arbeit wie Holzhacken trugen ihren Teil dazu bei und bald waren wir so weit, dass wir losziehen konnten. Am Abend vorher war Brand noch etwas eingefallen. Er fragte mich: „Hast du eigentlich ein Pferd oder werden wir im Dorf noch eins kaufen.“

Gute Frage. Natürlich hatte ich kein Pferd, ich hatte es verschenkt als ich mich hier niederließ. Woher sollte ich über Nacht ein Pferd bekommen? Im Dorf würden wir keins kaufen können, das war mir klar. Ich wollte auch kein Bauernpferd. Ich wollte schon Gwen fragen ob sie eine Idee hätte wie ich schnell eines bekommen könnte, da hatte ich eine Idee.

Ich lief zur Quelle und sang das Lied, das mir als erstes in den Sinn kam. Albus erschien fast sofort. Er fragte: „Ist etwas geschehen? Ich habe dich noch nie ein Trinklied im Wald singen hören.“

„Ich habe bei der Planung meiner Reise etwas übersehen.“

„Was denn?“

„Ich habe kein Pferd.“

„Und wie soll ich dir da helfen? Ich kann auch keins herzaubern.“

„Nein, natürlich nicht, aber im nächsten Dorf könnte ich eins kaufen. Dort wohnt ein Pferdezüchter.“

Auf einmal blitzten seine Augen auf.

„Du willst das ich dich dorthin trage? Das ist nicht dein Ernst!“

„Bitte, nur einen Tag lang. Dann kaufe ich mir ein Pferd.“

„Warum sollte ich das tun?“

„Weil du mich magst?“

„Gut, das ist ein Argument - ich mache es...aber ich will meinen Lohn im Voraus.“

„Was möchtest du dafür?“

„Ein Lied. Sing mir die Drachenballade. Jetzt.“

„Die hat fast 70 Strophen.“

„Sing oder geh zu Fuß.“ Er grinste mich breit an. „Außerdem sind es nur 68 Strophen“

Ich tat ihm den Gefallen und verbrachte die Nacht bei ihm. Ich sang für ihn auch noch einige andere Lieder und erzählte ihm von meinen Reisen. Am Morgen gingen wir zusammen zu meinem Haus.

Gwen stand davor und kam auf uns zu als sie uns sah. Vor Albus blieb sie stehen und starrte ihn stumm an. Irgendwann sagte sie: „Ein, ein, ein, Einhorn...“

„Was du nicht sagst.“

Marc und Brand traten aus dem Haus, Konrad brachte die Pferde. Alle drei starrten mein Reittier an. Schließlich sagte Marc: „Das ist das schönste Pferd das ich je gesehen habe.“

Die andern pflichteten ihm bei und ich lief schnell ins Haus um mein Gepäck zu holen. Ich nahm alle meine Waffen mit; Dolch, Kurz- und Langschwert und meinen Bogen.

Mein Kettenhemd befand sich in meinem Bündel und ich hoffte, dass ich es nicht brauchen würde. Ich kletterte auf Albus Rücken und winkte meiner Freundin zu Abschied zu. Dann folgte ich den anderen, die einige Meter voraus auf mich warteten.

 

Wir ritten durch das Dorf und danach durch einen Wald und über Felder, bis wir auf das etwas größere Dorf, Birkenhain, stießen. Ich bat die anderen im Gasthaus auf mich zu warten und machte mich auf den Weg zu dem Gestüt am Dorfrand.

Den Züchter fand ich auf Anhieb unsympathisch. Ich beschloss gleich zur Sache zu kommen: „Ich möchte ein Pferd kaufen.“

Er musterte mich von oben bis unten und sagte dann: „Hier entlang, sie stehen alle im Stall und fressen.“ Ich sah mir die Pferde genau an. Ein großer grauer Wallach gefiel mir besonders gut.

„Was verlangt ihr für den dort?“

„Für den großen grauen? Hundertzwanzig Goldstücke.“

„Was kann er? Fliegen? Ich gebe euch 85 mit Sattel und Zaumzeug.“

Eine zähe Verhandlung begann. Nach einiger Zeit hatten wir uns auf 105 Goldstücke geeinigt und ich ging zu Albus um meinen Geldbeutel zu holen. Der unangenehme Mann folgte mir und fragte, nach einem Blick auf Albus: „Wofür braucht ihr ein zweites Pferd. Dieses ist doch prächtig.“

„Es gehört mir nicht und ich werde es gleich freilassen.“

Der Blick den er mir zuwarf zeigte mir deutlich dass er dachte ich hätte den Verstand verloren. Es war mir völlig egal was er von mir dachte. Ich holte mein neues Pferd und führte es mit Albus vor das Dorf. Dann umarmte ich Albus, bedankte mich noch einmal bei ihm und er stob in Richtung Wald davon.

Ich führte mein Pferd zum Gasthaus und band es davor an. Dann ging ich hinein. In diesem Dorf kannte mich niemand; trotzdem wurde ich angestarrt. Der Wirt kam mit grimmiger Miene auf mich zu und sagte: „Frauen dürfen nicht in diese Gaststube. Für euch gibt es einen Tisch in der Küche.“

Er legte eine Hand auf meinen Arm und versuchte mich zur Küche zu lotsen. Ich sah zu den Männern in der Ecke hinüber und sie lachten.

Ich blieb stehen, wandte mich dem Wirt zu und sagte - freundlich lächelnd: „Wenn euch etwas an eurer Hand liegt, solltet ihr sie aus meiner Reichweite nehmen.“ Dabei legte ich eine Hand auf das Heft meines Schwertes. Das Lachen in der Ecke war verstummt.

Plötzlich stand Konrad neben mir und stellte sich zwischen mich und den Wirt: „Sie gehört zu uns.“

Der Wirt nickte, murmelte etwas wie: „Tut mir Leid, konnte ich ja nicht wissen.“ und verkroch sich dann hinter seinem Schanktisch.

„Hast du ein Pferd bekommen?“ fragte Brand. Ich setzte mich mit an den Tisch und schenkte mir ein Glas Met ein.

„Ja, ein großes graues. Ich muss mir noch einen Namen ausdenken.“

„Du wirst unterwegs noch genug Zeit dafür haben. Trinkt aus, dann brechen wir auf.“

Marcus bezahlte die Zeche und wir machten uns wieder auf den Weg. Unterwegs dachten sich Marc und Brand ständig neue Namen für mein Pferd aus, von denen einer abwegiger war als der andere.

„Ich nenne ihn Yahsi. Irgendwelche Einwände?“

„Ist ja dein Pferd.“ Wenigstens darin waren sich alle einig.

Meine Laune war grade richtig gut, da fragte Brand: „Wie sieht eigentlich der Plan aus? Was unternehmen wir gegen den Magier und wie gelangen wir zur Prinzessin?.“

Konrad überlegte laut: „Ich denke der Magier wird uns von allein aufspüren. Wir müssen uns einen Plan ausdenken, damit unsere Abwehr dieses Mal funktioniert.“

„Was denkst du eigentlich, was ich in der Zeit, in der ich in Dorlas Haus ans Bett gefesselt war, getan habe? Ich habe schon lange einen Plan.“

„Nun denn, teilt ihn uns mit edler Herr.“ Ich verbeugte mich in seine Richtung und forderte ihn mit einer Handbewegung auf weiter zu sprechen.

„Keinen Spott bitte. Wir werden uns trennen. Dorla spricht mit der Prinzessin. Wir anderen stellen ein Heer aus Verbündeten auf und machen den Magier unschädlich.“

Daraufhin sagten Konrad, Brand und ich gleichzeitig:

„Klingt einfach. Wie genau machen wir denn den Magier unschädlich?“

„Und wo genau bekommen wir ein Heer her?“

„In Ordnung, kein Problem.“

Alle starrten mich an.

„Was ist?“ fragte ich.

„Denkst du es wird so einfach sein zur Prinzessin zu gelangen?“ fragte Brand.

„Einfach vielleicht nicht, aber auch nicht unmöglich. Ihr habt eindeutig den schwereren Teil des Plans erwischt. Allerdings werde ich einen Beutel voll Gold brauchen.“

Marc nickte Konrad zu und dieser reichte mir einen Beutel voll Gold, den er aus seiner Satteltasche holte. Dann fragte Brand noch einmal: „Was für ein Heer?“

„Es ist eher eine Gruppe Krieger, mit einer sehr großen Abneigung gegen Magier, die sich der schwarzen Magie bedienen. Ich werde allein in den Wald reiten und sie suchen.“

„Das kann ich nicht zulassen. Brand oder ich werden euch begleiten, Prinz. Ich habe dem König mein Wort gegeben...“

„Ich begleite ihn.“ Stellte ich fest „Ohne mich wird er seine „Krieger“ sowieso nicht finden.“

Marc sah mich von der Seite an: „Einverstanden. Ich rufe euch anderen mit dem Horn. Am besten wir trennen uns gleich und ihr wartet hier in der Nähe. Sucht euch einen bequemen Flecken.“

 

 

17. Sorcha: Freunde

 

Irgendwann wachte ich auf. Jemand hatte mein Kissen weggezogen und stupste mir in die Seite. Ich streckte meine Muskeln, gähnte und entblößte eine eindrucksvolle Menge großer, weißer Zähne.

Ach, das war ja Farn. Ich stellte mich vor ihn und wedelte mit dem Schwanz. Er sagte nichts. Ich beschloss ihn etwas nachdrücklicher zu begrüßen, legte meine Pfoten auf seine Schultern und leckte ihm das Gesicht ab. Dann stellte ich mich vor Ivy und sah sie mir genau an. Ich kannte sie nicht.

 

„Kennst du den Hund?“ fragte Ivy Farn. Er nickte und lächelte. Dann kniete er sich runter und legte Corvina die Hand auf den Rücken. „Nun, wenn du dich so gut mit ihr verstehst kannst du sie ja mit in dein Zimmer nehmen.“

Farn nickte und als sie kurze Zeit später vor der Tür standen hielt er sie ihr auf. Corvina schnüffelte an der Schwelle und trat dann ein. Im Raum untersuchte sie erst mal alles und drehte sich dann zu Farn um. Er trat näher und streichelte ihren Rücken. Dann lachte er: „Schön dich zu sehen. Mit Tieren darf ich immerhin noch sprechen. Ich wurde auf die Suche geschickt und es ist alles ein wenig problematisch. Ich soll ein Artefakt finden, das ständig den Besitzer wechselt. Hast du deine Freundinnen schon gefunden ?“

„Wuff!“

„Irgendwie macht es mehr Spaß wenn du sprechen kannst.“ Er grinste und Corvina knurrte.

„So, ich muss jetzt schlafen, wir werden morgen früh noch mal versuchen den Dolch zu finden. Du kannst mit in mein Bett, wenn du willst. Ich liefere dich morgen früh bei Torean ab. Weiß er eigentlich was du bist?“ Corvina nickte. Als Farn im Bett lag, legte sie sich auf seine Füße und schlief fast sofort ein.

 

Als er aufstand erwachte sie. Er legte sein Kettenhemd an und sagte: „Solange ich auf der Suche bin, darf ich mit keinem Menschen reden und mit anderen Elfen als Ivy auch nicht. Wir beschränken uns auf Notfälle, nur damit du dich nicht wunderst.“

Er klopfte an Toreans Tür und Corvina schlich hinein als sie geöffnet wurde.

„Danke dass du sie mir gebracht hast.“ sagte Torean zu Farn. Farn lächelte und ging dann nach unten.

 

„Na, hattest du Spaß?“

<<Ich habe einiges erfahren. Der goldene Dolch wird von einem Magier gesucht. Und zwar nicht von einem freundlichen. Außerdem sind Elfen ebenfalls auf der Suche danach. Ist dir an deinen neuen Reisegefährten nichts aufgefallen?>>

„Sie sehen beide sehr gut aus und der Mann redet nicht. Scheinen ganz nett zu sein.“

<< Es sind Elfen!! >>

 „Elfen? Das habe ich mir schon gedacht.“

<<Ich habe Farn schon mal getroffen. Er ist sehr nett.>>

„Ich hatte auch schon mal mit Elfen zu tun, aber ich weiß nicht ob sie zum gleichen Clan gehören. Wusstest du, dass die Männer zu Trollen werden, wenn sie ihre Aufgabe nicht erfüllen?“

In diesem Moment klopfte es an der Tür.

„Ich würde gern das Zimmer saubermachen oder braucht ihr noch länger?“ Der Wirt lugte neugierig in den Raum.

„Einen Augenblick noch, ich habe fast alles fertig eingepackt.“ Torean schnappte sein Bündel und stapfte hinaus. „Komm Duvessa!“ Er klopfte auf seinen Schenkel und Corvina folgte ihm leise knurrend.

 

Ich verließ das Gasthaus und suchte jemanden der mir ein Pferd leihen konnte. Ich fand niemanden. Die Bauern brauchten ihre Pferde und wollten sie nicht verleihen und um eins zu kaufen hatte ich nicht genug Geld. Nun, dann würde ich wohl auf meinen Hund verzichten müssen. Ich ging davon aus, dass der Dolch sicher war, solange er sich bei Corvina befand. Wir gingen zusammen durch das Dorf. Ich kaufte etwas Proviant, Brot und Schinken und gab Corvina vor der Stadt etwas davon. Dann sagte ich zu ihr: „ Kein Pferd. Was erzähle ich den Elfen.“ Der Hund seufzte und verwandelte sich in eine mittelgroße Schimmelstute.

<<Gut so? Der Sattel liegt hinter mir.>> Sie ließ sich Satteln und ich stieg auf. Wir ritten langsam zurück ins Dorf und warteten auf Farn und Ivy. Schon bald erschienen sie und wir verließen gemeinsam das Dorf.

 

 

18. Sorcha: Zufälle

 

Ivy musterte Corvina: „Schönes Pferd. Ich hatte es gar nicht im Stall stehen sehen.“

„Äh, ja, es stand auch nicht im Stall. Ich lasse es frei laufen wenn ich es nicht brauche. Es entfernt sich nicht weit und kommt zurück sobald ich es rufe. So wie mein Hund.“ Er sah sich demonstrativ um „Momentan ist Duvessa mal wieder verschwunden.“

Farn grinste und zeigte auf das Pferd.“

„Oh, ihm gefällt es auch. Ich glaube er freut sich, dass er nicht mehr nur mit mir unterwegs ist. Ich wurde ihm aufs Auge gedrückt. Wir müssen eine Aufgabe erfüllen und haben nur noch sieben Tage Zeit. Aber was langweile ich dich. Was suchst du im Süden?“

<<Erzähle es ihr ruhig>>

„Ich bin auf der Suche nach einer Lichtung mit einem See. In der Nähe muss ein Berg mit einer Höhle sein. Wenn ich den Ort gefunden habe sehe ich weiter. Es ist ein Auftrag den ich erhalten habe und ich werde gut dafür bezahlt.“

„Oh, ich glaube wir kennen den Ort den du meinst. Ein kleiner Troll wohnt dort. Es ist ein schönes Fleckchen.“

„Ich hoffe ich komme ohne weitere Zwischenfälle an. Ich bin schon von Räubern überfallen worden, konnte sie aber in die Flucht schlagen. Ich habe sogar etwas von ihrer Beute an mich gebracht. Was sucht ihr denn genau?“

Ivy sah Farn an und Farn sah Corvina an. Farn nickte Ivy zu und so sagte sie: „Es ist ein magisches Artefakt. Ein Dolch.“

„Hmm, kann es sein, dass ihr nicht die einzigen seid, die diesen Dolch suchen?“

„Wie kommst du darauf?“

„Ich hörte gestern etwas von einem Magier, der auf der Suche nach etwas sein soll und ich könnte mir vorstellen, dass auch er den Dolch sucht.“

„Oh nein, das ist ja furchtbar. So wird es noch schwieriger sein ihn zu finden.“

„Was passiert wenn ihr ihn nicht bekommt. Werdet ihr dann zu Trollen?“

„So, du weißt davon? Nein wir werden nicht beide zu Trollen, nur Farn - und ich dürfte nicht in meinen Clan zurückkehren.“

<<Ich glaube ich habe den Dolch. Frag mal ob er einen blauen Stein direkt unter der Klinge sitzen hat.>>

„Kann es sei, das direkt unter der Klinge ein blauer Stein sitzt?“

Farn drehte sich ruckartig zu ihm um und nickte.

„Dann weiß ich wahrscheinlich wo der Dolch ist.“

<<Ich kann ihn erst in sechs Tagen herausgeben. Bis dahin ist das Bündel noch mit mir verwachsen>>

„Aber ich kann ihn euch noch nicht geben. Erst in sechs Tagen wird er mir von meiner Partnerin gebracht.“

„Du würdest ihn uns einfach so geben?“

Torean lachte: „Ja, meine Partnerin hat sicher nichts dagegen und ich habe ihn von Räubern erbeutet. Wenn ihr mich zur Lichtung führt, ist das ein guter Tausch. Was meint ihr, wie lange brauchen wir bis wir dort sind?“

„Sechs Tage. Ich hoffe du hast wirklich den richtigen Dolch, sonst ist es mit Farns gutem Aussehen erst mal für lange Zeit vorbei und ich werde meine Verwandten nie wiedersehen.“

„Man gewöhnt sich an alles. Aber ich bin mir sicher, dass wir vom gleichen Dolch reden.“

Farn blickte Torean aufmerksam an. Als dieser das bemerkte sagte er: „Ich habe keine Familie. Ich wurde ohne Gedächtnis gefunden als ich schon fast erwachsen war. Die Bauersfrau, die mich gesund pflegte, starb kurze Zeit später an einer Krankheit. Das ist einer der Gründe weswegen ich soviel umherziehe. Ich hoffe irgend jemand erkennt mich unterwegs.“

 

Sie ritten weiter, bis es dunkel wurde. Torean nahm seinem Pferd das Gepäck und den Sattel ab und schickte es mit einem Klaps in den Wald. Ivy und Farn stellten ihre Pferde auf ein grasiges Stück Waldboden und behielten sie im Auge.

Ohne viele Worte wurde das Lager gerichtet und ein Feuer gemacht. Kurz nach dem das Pferd verschwunden war, erschien Duvessa und sprang an Torean hoch. Dann begrüßte sie schwanzwedelnd Farn und Ivy. Ivy bat Farn einige Kräuter für die Mahlzeit zu suchen und er nickte und schlich in den Wald. Duvessa folgte ihm. Als sie außer Hörweite waren sagte Farn: „Auch als Pferd gefällst du mir.“

 

Da hätte er mich mal in schwarz sehen sollen.

 

Farn erzählte mir von seiner bisherigen Reise, sie hatten den Dolch anscheinend immer wieder knapp verpasst. Losgezogen waren sie einige Tage nach mir.

Ich machte ihn auf einige Kräuter aufmerksam, die er übersehen hatte. Hundenasen haben wirklich Vorteile. Hundeohren auch. Ich hörte dass sich jemand anschlich, blieb stehen und knurrte. Farn sah mich an und duckte sich. Dabei zog er seinen Mantel so um sich, dass die Farbe ihn gut tarnte. Ich schlug einen Bogen und schlich mich von hinten an das Geräusch heran. Als ich den Verursacher sah, hätte ich am liebsten gelacht, aber ich hatte Hunger. Ich schlich noch etwas näher und erschreckte den Auerhahn fast zu Tode, als ich ihm in den Nacken bellte. Im gleichen Moment stand Farn neben mir und fasste zu. Er tötete das Vieh indem er ihm das Genick brach. Dann nahm er ihn bei den Füßen und wir gingen zurück ins Lager.

Als wir dort ankamen schwenkte Farn unseren Fang triumphierend hin und her und deutete dazwischen immer wieder auf mich, seine Helferin.

 

Corvina und der Elf hatten einen Vogel gefangen. Der Blick den Ivy mir zuwarf sagte: Ich rupfe ihn nicht! Na toll! Ich hasse Geflügelrupfen. Ich wollte mich gerade beschweren, als Corvina sagte <<Nimm es und pack es in Lehm>>

Gute Idee! Ich tätschelte ihr den Kopf und suchte mir dann eine lehmige Stelle. Ich bedeckte den Hahn mit dem Zeug und legte ihn in die Glut. Wenn er erst mal gar ist, kann man den Lehm mit den Federn abschlagen. Der Elf bereitete eine Soße aus den Kräutern und die Elfe einen Tee zu.

 

Der Auerhahn wurde gerecht geteilt. War ziemlich lecker, Ich legte mich neben Torean und schlief bald ein. Als ich am Morgen erwachte, stand ich sofort auf. Die anderen schliefen noch. Ich ging in den Wald und verwandelte mich in das Pferd vom Vortag. Dann ging ich zurück zum Lager. Unterwegs fand ich ein paar Erdbeeren, die natürlich fraß. Als ich wieder vor Torean stand, wachten die Elfen gerade auf. Ich prustete ihm sanft ins Gesicht und stupste ihn mit einem Huf an.

 

„Sieh dir das an Farn! So ein Pferd hätte ich auch gerne.“ Sagte Ivy. Farn grinste und nickte. Er stand auf und klopfte Corvina den Hals. Dann fragte Ivy: „Wie heißt es überhaupt?“

Torean erschrak, antwortete aber prompt: „Corvina.“

Ivy musterte das Pferd: „Hast du ihr den Namen gegeben? Der passt ja überhaupt nicht! Wie kann man denn ein weißes Pferd „Rabin“ nennen?“

Torean stammelte: „Als Fohlen war sie schwarz.“

„Oh, natürlich das ist oft so bei Schimmeln.“

 

Nach dem Frühstück setzten wir die Reise fort. Es wurde wenig gesprochen, dafür sang Ivy einige Lieder und Torean begleitete sie sogar teilweise.

Ich hörte aufmerksam zu und merkte mir die seltsamen Melodien und die wunderschönen Texte der Elfenlieder. Mir blutete das Herz, weil ich nicht mitsingen konnte.

Die Reise durch den Wald verlief ruhig und alles war friedlich. Am Abend erreichten wir das Dorf, in dem Farn und Ivy ihre Pferde abgeben sollten. Wir kamen im Gasthaus unter und ich versetzte wieder alles in Erstaunen als ich etwas Apfelbier trank. Ivy bemerkte nur: „Du hast wirklich merkwürdige Tiere um dich herum.“

 

Am nächsten Morgen ging es zu Fuß weiter. Farn, Ivy und Torean schritten zügig aus und trotzdem machten sie, auf dem Weg durch den Wald, kaum ein lautes Geräusch.

 

In den nächsten Tagen geschah nichts besonderes. Wir zogen durch den Wald. Erst Richtung Süden, dann Südöstlich. Als unser Weg über Felder führte, trafen wir ab und zu einige Bauern. Schließlich erreichten wir endlich die Lichtung mit dem See. Die Nacht brach gerade herein, als wir sie betraten. Ich sah mich nach einem geeigneten Lagerplatz um und Ivy untersuchte die Lichtung: „Deine Freundin scheint noch nicht hier zu sein.“

„Nein, aber sie wird bald erscheinen.“

„Woher weiß sie das du sie hier treffen willst? Du wusstest doch selbst nicht wo sich die Lichtung befindet.“

„Ääh“ <<Hilfe Corvina!>>

<<Wir sind hier verabredet!>>

„Wir sind hier verabredet. Deshalb musste ich ja auch so schnell wie möglich hierher.“

Zum Glück stellte sie keine weiteren Fragen mehr und ich legte mich sofort nach dem Abendbrot schlafen.

 

Als ich früh am Morgen erwachte, saß Corvina in ihrer menschlichen Gestalt vor dem Lagerfeuer und wärmte sich die Hände daran. Ein paar Meter entfernt lag ihr Bündel auf dem Gras. Die Elfen erwachten gerade. Corvina stand auf und stellte sich vor: „Guten Morgen, ich hörte ihr sucht einen magische Dolch?“

 

 

19. Sorcha: Samantha

 

Die Elfe war etwas irritiert. Solche Direktheit war sie nicht gewöhnt, aber Farn nickte so heftig mit dem Kopf, dass Corvina befürchtete er könnte abfallen. Sie ging zu ihrem Bündel und griff hinein. Als sie die Hand hervorzog hielt sie den goldenen Dolch darin. Sie reichte ihn Ivy, die ihr gefolgt war. Ivy ergriff ihn vorsichtig und studierte jedes Detail eingehend, dann reichte sie ihn an Farn weiter. Als seine Hand den Dolch berührte leuchtete Farns Gesicht auf und eine blaue Aura umstrahlte ihn, deutlich sichtbar, für einige Augenblicke.

„Volltreffer!“ Corvina strahlte.

Als Farn seinen Blick wieder von dem Dolch lösen konnte, strahlte er Corvina an. Er reichte den Dolch an Ivy zurück und umarmte dann Corvina. Dabei sagte er: „Ich freue mich dich endlich wieder so zu sehen.“

„Mir geht es ebenso, ich habe dich vermisst.“

„Ihr kennt euch?“ fragten Torean und Ivy wie aus einem Munde.

Corvina und Farn sahen sie an und lachten. Dann sagte Corvina: „Er hat mir Bogenschießen beigebracht.“

„Und sie hat mir dafür einiges anderes gezeigt.“

Torean zog eine Augenbraue hoch.

<<Nicht was du denkst!>>

„Musst du zurück nach Norden? Ich suche immer noch meine Freundinnen. Eine habe ich bereits gefunden und die anderen beiden sollen hier in der Nähe sein.“

„Ich muss den Dolch abliefern, erst dann ist meine Aufgabe erfüllt. Ich würde dir gern suchen helfen und Ivy würde uns sicher auch begleiten, aber vorher muss ich den Ältesten den Dolch vorlegen.“

Ivy überlegte und nickte: „Wir haben zwar jetzt Zeit, aber die Aufgabe muss abgeschlossen werden.“

„Aber vorher sollten wir frühstücken.“ Beschloss Farn.

Corvina stand auf: „Ich sehe mich mal ein wenig um, wenn es euch nichts ausmacht.“

„Geh ruhig, ich bereite alles vor.“ Sagte Torean.

 

Ich sah mich um. Ich ging zu dem See und setzte mich ans Ufer. Die Oberfläche spiegelte eine Wolke wieder und das Licht der Sonne wurde mir genau in die Augen reflektiert. Ich ließ mich in das lange Gras sinken und atmete den Duft der Teichminze um mich herum ein, da fiel mir etwas auf. Am Himmel war keine Wolke zu sehen. Ich setzte mich schnell wieder auf und beobachtete die Wasseroberfläche. Dort sah ich immer noch die kleine Wolke. Wieder wurde ich von dem Sonnenlicht geblendet und diesmal meinte ich eine kleine Gestalt gesehen zu habe, die eine unheimliche Ähnlichkeit mit Sam hatte. Ich fragte die Wolke: „Samantha bist du das?“

Die Wolke löste sich auf und eine kleine Fee flog auf mich zu. Ich streckte meine Hand aus und sie landete darauf. Es war wirklich Sam. Sie drückte meinen Daumen und grinste mich an.

„Du konntest jede Gestalt annehmen die du wolltest und du wählst die einer Fee?“ Ich konnte es nicht glauben. Sam blickte mich an und ich seufzte: „Gefällt es dir denn?“

Sie strahlte mich an und nickte. „Na gut, willst du uns begleiten? Wir suchen Jenny, Lauren habe ich schon gefunden und sie wollte bleiben wo sie ist. Sie hat eine Hexe gefunden und lernt Zaubern.“ Meine kleine Feenfreundin runzelte die Stirn und zog dann eine Augenbraue hoch. „Sie macht es gut, ihre Lehrerin ist zufrieden. Sie lehrt auch keine Kampfzauber.“

In diesem Moment näherte sich Farn: „Und?“

„Ich habe sie gefragt ob sie uns begleiten will.“

„Das geht nicht.“

„Was! Warum nicht?“

„Sie ist als Fee an diesen Ort gebunden, wenn sie länger als eine Woche von hier fort ist wird sie schwinden.“

Ach du Schande, komplizierter geht es wohl nicht. Da findet man nach langer Suche endlich seine beste Freundin und dann kann man sie nicht mitnehmen.

„Wenigstens weiß ich wo ich dich finden kann, also beweg dich hier nicht weg. Ich komme wieder. Und führe keine Leute in die Irre.“

Sie legte eine Hand aufs Herz und nickte. Ich stellte ihr Ivy und Torean vor und bemerkte das Toreans Gesicht sich aufhellte als sie auf seiner großen Hand landete. Er bemerkte: „Sie ist niedlich!“

Ich wies ihn zurecht: „Sie ist meine beste Freundin. Normalerweise ist sie ein Mensch wie du und ich, außerdem ist sie intelligent und geschickt. Sie hätte sicher auch eine gute Kriegerin abgegeben, aber Faulheit siegt und das Leben als Fee ist sicher nicht so anstrengend.“

Ich sah dass Sam´s winzige Ohren rot wurden und grinste. Torean und sie hätten sich bestimmt blendend verstanden, sie waren sich sehr ähnlich.

 

 

20. Dorla: Die Zusammenkunft

 

Marc und ich ritten in den Wald. Auf einer kleinen Lichtung stiegen wir von den Pferden und ließen sie dort grasen. Wir gingen tiefer in den Wald. Ich bemerkte vor Marc dass wir beobachtet wurden und machte ihn darauf aufmerksam. Wir legten unsere Waffen auf den Boden und warteten ab. Ein großer, schlanker Mann mit blonden langen Haaren und blauen Augen trat aus dem Unterholz heraus. Er verbeugte sich vor dem Prinzen und reichte dann mir die Hand.

„Dorla, was führt dich in diese Gegend? Und in königlicher Begleitung.“

„Das kann dir Prinz Marcus erklären. Marcus – das ist Alant. Er ist der Anführer der Elfen in diesem Gebiet.“

Alant nickte und fragte dann: „Habt ihr euch von euren Begleitern getrennt?“

„Nein, sie warten am Waldrand. Ich werde sie rufen.“ Marcus griff nach seinem Horn und blies kräftig hinein. Einige Minuten später erschienen die anderen. Sie stellten sich vor und ich ergriff die Gelegenheit. Ich nahm Marcus zur Seite und verabschiedete mich von ihm. Dann ging ich zurück zu den Pferden und machte mich auf den Weg in die Hauptstadt des Westreiches. Um Marcus und die Elfen machte ich mir nur wenig Sorgen, sie würden schon einen Weg finden den Magier auszuschalten.

 

Ich brauchte vier Tage, in denen ich Yahsi an seine Grenzen führte, um zur westlichen Hauptstadt zu gelangen. Als erstes suchte ich mir ein Zimmer und einen Stellplatz für Yahsi.

Als ich beides gefunden und mein Bündel ausgepackt hatte, zog ich ein Kleid an und machte mich auf den Weg zur besten Schneiderin der Stadt. Sie wohnte nur eine Strasse weiter und ich gab zwei Kleider bei ihr in Auftrag. Ich gab ihr vorab genug Gold um sicher zu gehen, dass sie nur den feinsten Stoff kaufen würde. Außerdem gab ich ihr zu verstehen, dass die Kleider zwar der neuesten Mode des Hofes entsprechen sollten, aber auch nicht zu protzig sein dürften. Für Rückfragen gab ich ihr meine neue Adresse.

Wieder auf meinem Zimmer angelangt beschloss ich an diesem Tag nichts mehr zu tun. Ich bestellte mir eine Wanne voll Wasser und genoss ein warmes Bad. Danach legte ich mich schlafen. Als ich am frühen Morgen erwachte überlegte ich, wie ich meinen ersten Versuch starten sollte. Ich zog mein helles Kleid an, steckte meine Haare hoch und machte mich auf den Weg zur Burg. Am Tor wurde ich aufgehalten: „Wohin willst du?“

„Ich möchte zur Prinzessin, um ihr meine Dienste anzubieten.“

„Wir haben keinen Bedarf an Mägden. Scher dich weg.“

„Wie ihr meint.“ Die Soldaten am Tor fühlten sich immer besonders stark. Zeit für meinen zweiten Plan. Ich ging zurück, zog mir etwas anderes an und trat wieder vor die Wache. Er erkannte mich nicht.

„Wohin des Wegs?“

„Ich bin Heilerin und würde gerne zum König um ihm meine Dienste anzubieten.“

„Der König hat bereits die besten Heiler des Landes um sich versammelt. So eine dahergelaufene Kräuterhexe kann ihm sicher auch nicht besser helfen als diese weisen Männer.“

„Wie ihr meint. Ich hoffe es wird dem König bald wieder gut gehen.“

„Das hoffen wir alle.“

Aus diesem Gespräch ergab sich Plan drei. Allerdings musste ich warten bis meine Kleider fertig waren. Das würde noch einige Tage dauern.

Ich sah mich in der Stadt um und half einigen Leuten die medizinischer Hilfe bedurften. Als die Kleider fertig waren packte ich meine Sachen in eine wunderschöne neue Tasche, holte das Pferd und ritt in dem grünsamtenen Reitdress zum Burgtor. Diesmal nahm die Wache Haltung an bevor er fragte: „Was ist euer Begehr?“

„Ich möchte die Prinzessin besuchen. Sie ist eine Verwandte und ich möchte ihr in dieser schweren Zeit beistehen.“

Die Wachte trat zur Seite und ließ mich auf den Hof reiten, dort wurde ich allerdings vom Hauptmann der Wache aufgehalten. Ich sprach ihn an: „Wollt ihr mir nicht beim Absteigen behilflich sein?“ dabei reichte ich ihm meine Zügel und sortierte mein Kleid. Er hielt das Pferd während ich abstieg.

Als ich auf dem Hof stand fragte er: „Habt ihr eine Einladung Mylady oder einen Beweis für eure Behauptung von königlichem Geblüt zu sein?“

„Wie könnt ihr nach so etwas fragen, das ist ja eine Unverschämtheit.“

„Tut mir Leid Mylady aber es ist meine Pflicht.“

„Dann holt die Prinzessin, sie wird mich bestimmt erkennen.“

„Das liegt nicht in meiner Befugnis. Bitte weist euch aus oder verlasst den Hof.“

„Nun denn...“ Ich suchte in meiner Tasche und zog ein königliches Sigel des Nordreiches hervor. Ich zeigte es ihm und sagte: „Dies ist mein Sigel. Reicht das als Ausweis?“

Er fiel fast vor mir auf die Knie und sagte dann: „Ich werde die Wirtschafterin sofort anweisen ein Zimmer herzurichten, danach werde ich mich, mit eurer Erlaubnis, um eine Audienz bei der Prinzessin kümmern.“

„Tut das. Und sorgt dafür das sich jemand um mein Gepäck kümmert und mein Pferd versorgt. Es bekommt nur frisches Quellwasser.“

„Reist ihr ganz ohne Gefolge?“

„Ja. Ich schickte sie, sofort nachdem wir hier in der Stadt waren, wieder nach Hause. Meine Zofe war unpässlich und die Begleiter ungehobelt.“

In diesem Moment trat schon die Wirtschafterin auf den Hof und verbeugte sich vor mir.

„Wenn ihr mir folgen wollt eure Hoheit, dann zeige ich euch euer Zimmer. Johann, trag das Gepäck hoch.“

Sie führte mich in ein sehr schönes großes Zimmer mit einem Himmelbett und wunderschönen Möbeln. Ich erklärte ich sei zufrieden und sie ließen mich allein. Einige Zeit später wurde mir heißes Wasser gebracht und eine Platte voll außergewöhnlicher Köstlichkeiten. Ich wusch mich und ließ das Essen liegen. Dann wartete ich. Als nichts geschah und mir langweilig wurde, klingelte ich nach der Dienerschaft. Die Haushälterin kam und erkundigte sich nach meinen Wünschen. Ich fragte ob es möglich sei die Schlossbibliothek zu benutzen und sie führte mich sofort hin.

Die Bibliothek war nicht sehr groß aber ich fand einige Bücher die mein Interesse weckten. Ich nahm sie mit auf mein Zimmer und fragte die Haushälterin nach anderen Arten der Zerstreuung.

Sie schlug vor: „Wenn ihr wollt schicke ich den Hofmusiker zu euch. Er könnte für euch spielen, während ihr euch die Bücher anschaut.“

Ich stimmte zu. Erst später fiel mir auf das sie wahrscheinlich dachte ich könne nicht lesen, weil ich mir Bücher mit vielen Bildern ausgesucht hatte. Es war mir egal was sie von mir dachte. Der Hofmusiker klopfte an meine Tür und ich ließ in mit seinen Instrumenten hereinkommen. Zu meinem Erstaunen war er noch ziemlich jung, aber er spielte wirklich gut. Ich legte das Buch zur Seite und hörte ihm zu. Er sah auf und sagte: „Wenn ich euch störe, kann ich auch gehen.“

„Ihr stört mich keinesfalls. Eure Musik ist sehr unterhaltsam. Kennt ihr die alten Lieder meiner Heimat? Ich stamme aus dem Nordreich.“

„Mit Verlaub ich kenne viele Lieder. Möchtet ihr etwas spezielles Hören? Vielleicht könnt ihr mich begleiten.“

„Gerne.“ Ich stand auf und überlegte. „Kennt ihr die Drachenballade?“

„Ich kenne die Melodie, aber ich habe nicht alle Strophen im Kopf. Sie wurde noch nie verlangt.“

„Ich kann den Text auswendig. Wenn ihr nicht mehr weiterwisst übernehme ich den Gesang.“

Er nickte und fing sofort an zu singen: „Der Wald war nass im Morgengrauen, die Sonne schien blass...“ Erst bei den letzten Strophen kam er mit dem Text nicht weiter und deshalb sang ich sie. Er sang noch viele Lieder für mich, neue und alte, Tanzlieder und Balladen und bevor er ging bat er mich, ihm die ihm nicht geläufigen Strophen aufzuschreiben. Ich ließ mir Feder und Tinte bringen und machte mich sofort an die Arbeit.

Als ich gerade fertig war klopfte ein Mädchen an die Tür. Ich ließ sie eintreten und sie erzählte mir, dass sie mir gern als Zofe dienen würde. Ich stimmte zu und sie sagte, ich würde zum Abendessen in der großen Halle erwartet.

Ich ließ mir von ihr in das andere Kleid helfen. Danach kämmte sie mir die Haare und steckte sie zu einer kunstvollen Frisur hoch. Dann folgte sie mir auf dem Weg in die große Halle und wartete vor der Tür auf mich. An der Tür wurde ich von einem Diener abgeholt der mich an meinen Platz führte. Ich saß direkt gegenüber der Prinzessin, der Platz des Königs war nicht besetzt. Ich beteiligte mich am Hoftratsch und unterhielt den jungen Mann neben mir. Ich war kurz davor einzuschlafen. Welch ein Langweiler. Nach und nach zogen sich die Leute zurück und auch die Prinzessin ging in ihre Gemächer. Ich stand auf und machte mich auf den Weg in mein Zimmer. Meine Zofe erwartete mich vor der Tür. Sie half mir aus dem Kleid und ich entließ sie. Als sie fort war zog ich etwas bequemeres an und machte mich daran die Frisur zu demontieren. Auf einmal klopfte es an der Tür.

Ich warf mir die Decke um, ging hin und fragte: „Wer ist da?“

„Öffnet und lasst mich eintreten, bevor mich jemand sieht.“

Ich riss die Tür auf und ließ sie herein. Die Stimme hatte ich sofort erkannt.

„Was...es ist schon spät...“

„Ihr wolltet eine Audienz, jetzt bekommt ihr sie. Was wollt ihr von meinem Vater?“

„Nichts. Wollt ihr euch nicht setzen? Ich wollte mit euch reden.“

Die Prinzessin nickte und wir setzten uns an einen Tisch. Ich fragte sie: „Wie geht es eurem Vater?“

„Es geht ihm schlecht. Seine Krankheit konnte kein Heiler behandeln und der Hofzauberer ist verschwunden. Ich habe ein merkwürdiges Gefühl. Seltsame Dinge geschehen am Hof.“

„Ich kenne eine Heilerin die ihm vielleicht helfen könnte. Ich schickte sie her, aber sie wurde am Tor von den Wachen abgewiesen.“

„Das geschah sicher auf Befehl des Zauberers, er hat seine Finger überall im Spiel. Ich warte auf einen Prinzen. Ich will ihn heiraten.“

„Oh, liebt ihr ihn sehr?“

„Ich kenne ihn gar nicht, aber wenn ich heirate und Königin werde, kann ich den Zauberer verbannen. Zumindest hätte er keinen Einfluss mehr auf die Staatsgeschäfte.“

„Ich kenne den Prinzen.“

„Ja? Wie sieht er aus? Ist er nett und klug? Und wo bleibt er?“

„Er wurde auf dem Weg zu euch in einen Hinterhalt gelockt und verwundet.“

„Oh nein, auch das geht sicher auf den Zauberer zurück. Wie geht es dem Prinzen?“

„Keine Sorge. Es geht ihm gut und er wird euch im Kampf gegen den Zauberer beistehen, wenn ihr das wünscht.“

„Ich bin für jede Hilfe dankbar, aber was kann ein Prinz gegen einen mächtigen Zauberer wie Umrodered ausrichten?“

„Er ist nicht allein. Er stellt gerade ein Heer auf. Es gibt viele Leute die euch, um des Friedens Willen, helfen möchten.“

„Wir sollten alles versuchen um die Macht des Zauberers zu brechen. Könnt ihr dem Prinzen eine Nachricht übermitteln?“

„Ich werde mich seinem Heer anschließen sobald ich den Hof verlassen habe. Vorher würde ich aber gerne den König besuchen.“

„So stimmt es was man vom Nordreich hört. Die Prinzessin verlässt den Hof und geht ihrer eigenen Wege. Niemand weiß wo du dich aufhältst. Warum bist du von Zuhause fortgelaufen?“

„Ich wäre vor Langeweile gestorben. Meine Brüder können sich vortrefflich um das Reich kümmern. Ein Streit mit meinem Vater gab den letzten Anstoß und ich habe es bis jetzt noch nicht bereut. Freiheit ist etwas was ich nie wieder missen möchte.“

„Es gab Gerüchte um einen Liebhaber.“

„Die gibt es immer. Gerüchte sind die einzige Würze im öden Alltagseintopfes des Hofes. Sicher gibt es auch welche über dich.“

„Natürlich. Ich habe sogar einige niedergeschrieben, weil sie so originell waren.“

„Ich habe meinen Auftrag erledigt und werde morgen abreisen. Kannst du mich vorher noch zum König bringen?“

„Ich werde dich jetzt zu ihm begleiten. Wir gehen auf geheimen Wegen, aber ich muss dir sagen, dass er seit Tagen kein Wort gesagt hat und auch nur selten die Augen aufmacht.“

Ich zog meine Schuhe an und folgte ihr, durch Geheimtüren und versteckte Gänge, in das Schlafgemach des Königs. Er lag blass und regungslos auf seinen Kissen. Ich ging hinüber und setzte mich an sein Bett. Dann nahm ich seine Hand und konzentrierte mich. Der König war vergiftet worden. Ich sagte es der Prinzessin und heilte ihn so gut ich konnte. Danach schlich ich zurück in mein Zimmer und legte mich endlich schlafen.

Ich erwachte erst spät und die Zofe hatte mein Kleid bereitgelegt. Ich sagte ihr, dass ich die Reitkleidung anziehen wollte und sie half mir dabei. Danach packte ich meine Sachen zusammen und machte mich auf den Weg zum Stall. Als ich gerade aufstieg, betrat die Prinzessin den Hof. Sie erzählte mir, dass es dem König besser ging und wünschte mir eine gute Reise. Außerdem gab sie mir einen Brief für Marc mit. Ich dankte ihr für ihre Gastfreundschaft und ritt in Richtung Wald davon.

 

 

21. Sorcha: Kampf

 

Wir hatten uns von den Elfen getrennt und liefen zügig in südlicher Richtung durch den Wald. Ich erzählte Torean eine lustige Geschichte und er lachte sein ansteckendes Lachen. Ich teilte einen Busch, der mir den Weg versperrte, schritt hindurch und lief gegen eine schwarze fellige Wand. Ich trat einen Schritt zurück und sah mir an, gegen was ich gelaufen war. Es war ein großer schwarzer Pegasus. Gerade wollte ich mich bei Torean beschweren, weil er mir nie erzählt hatte das es auf dieser Welt welche gab, als ich von dem Mann auf dem Pegasus angesprochen wurde: „Was soll das? Wie kannst du es wagen mich zu berühren? Dir werde ich helfen!“

Er fing an mit den Armen zu wedeln und mir wurde auf einmal klar das dies der böse Magier sein musste. Ich übermittelte Torean ein <<lauf!>> und sammelte augenblicklich etwas Energie. Als seine wedelnden Armbewegungen sich drohend auf mich richteten, schoss ich einen Feuerball direkt in das Gesicht des Magiers, drehte mich um und rannte, so schnell ich konnte, hinter Torean, her.

Ich fand ihn bald und wir versteckten uns im Unterholz und warteten bis wir der Meinung waren, dass er weg war. Wir hatten seine Flüche noch eine ganze Zeit lang hinter uns hören können.

 

Als uns die Umgebung wieder sicher erschien, zogen wir weiter. Nach einiger Zeit trafen wir auf einen schmalen Weg, der auf beiden Seiten von Büschen gesäumt war. Wir schritten weiter zügig aus und unterhielten uns leise, als auf einmal neun Räuber aus dem Gebüsch sprangen.

Ich zog sofort mein Schwert und schlug den Dolch des vordersten zur Seite, aber sie waren in der Überzahl und griffen mich von allen Seiten an. Ein Rundumschlag schaltete zwei von ihnen aus doch zwei weitere griffen mich mit Schwertern an. Ich sah das Corvina bewusstlos war und von zwei Räubern festgehalten wurde, während ein dritter sie fesselte. Der eine, der sie festhielt, setzte ihr einen Dolch an die Kehle und rief mir zu: „Gib auf oder sie stirbt. Waffe weg!“

Was blieb mir anderes übrig. Ich ergab mich und ließ meine Waffe fallen. Ich hatte damit gerechnet dass sie auch mich fesseln würden, aber ich lag falsch. Die beiden Räuber, gegen die ich vorher gekämpft hatte, wollten Rache für ihre toten Kameraden und schlugen weiter auf mich ein. Einer schlug mir seine Keule erst gegen mein Bein und dann in die Rippen und der andere hieb mit seinem Schwert nach mir und traf mich am Arm. Ich hatte nicht vor, mich ohne Gegenwehr töten zu lassen, also schlug ich dem mit dem Schwert meinen Ellenbogen in die Weichteile und entwand ihm sein Schwert.

Er versuchte sich auf mich zu stürzen und spießte sich so selbst auf. Ich hatte gerade das Schwert wieder freibekommen, als ich wieder einen Schlag auf mein Bein abbekam. Ich spürte wie die Knochen brachen. Halb liegend drehte ich mich um und schlug nach meinem letzten Angreifer. Er tat das gleiche und so setzten wir uns gegenseitig außer Gefecht. Er traf ich mit seiner Keule am Kopf und ich schlitzte ihm den Bauch auf.

 

Nachdem ich den Finstermagier angekokelt hatte, waren die Typen einfach aus einem Gebüsch gesprungen und hatten uns überrascht. Vom Regen in die Traufe. Torean hatte sofort sein Schwert in der Hand und wehrte den Angriff des ersten Räubers ab. Auch den zweiten und den dritten hielt er in Schach. Er rief mir zu ich solle fliehen, aber ich wurde bereits von zwei Räubern festgehalten und ein dritter stand vor mir. Ich schaffte es nicht mich genug zu konzentrieren um eine Verwandlung vollziehen zu können und dann bekam ich einen Schlag auf den Kopf, der mir die Sinne raubte. Ich wachte bald wieder auf, aber ehe ich mich großartig wehren konnte, hatten die drei Räuber mich gefesselt und schleppten mich vom Ort des Geschehens fort. Ich sah, dass nur noch diese beiden Räuber standen, die anderen hatte Torean niedergekämpft. Ich sah ihn am Boden liegen und war mir nicht sicher ob er noch lebte.

<<Torean?>>

Er antwortete nicht, aber ich spürte, das der Gedankenfaden der uns verband noch nicht abgerissen war, also musste er noch leben.