16.
Dorla: Flexibilität
In
den nächsten Tagen halfen wir Brand und Marc wieder völlig gesund zu
werden. Übungskämpfe mit dem Schwert und etwas gut dosierte körperliche
Arbeit wie Holzhacken trugen ihren Teil dazu bei und bald waren wir so
weit, dass wir losziehen konnten. Am Abend vorher war Brand noch etwas
eingefallen. Er fragte mich: „Hast du eigentlich ein Pferd oder werden
wir im Dorf noch eins kaufen.“
Gute
Frage. Natürlich hatte ich kein Pferd, ich hatte es verschenkt als ich
mich hier niederließ. Woher sollte ich über Nacht ein Pferd bekommen?
Im Dorf würden wir keins kaufen können, das war mir klar. Ich wollte
auch kein Bauernpferd. Ich wollte schon Gwen fragen ob sie eine Idee hätte
wie ich schnell eines bekommen könnte, da hatte ich eine Idee.
Ich
lief zur Quelle und sang das Lied, das mir als erstes in den Sinn kam.
Albus erschien fast sofort. Er fragte: „Ist etwas geschehen? Ich habe
dich noch nie ein Trinklied im Wald singen hören.“
„Ich
habe bei der Planung meiner Reise etwas übersehen.“
„Was
denn?“
„Ich
habe kein Pferd.“
„Und
wie soll ich dir da helfen? Ich kann auch keins herzaubern.“
„Nein,
natürlich nicht, aber im nächsten Dorf könnte ich eins kaufen. Dort
wohnt ein Pferdezüchter.“
Auf
einmal blitzten seine Augen auf.
„Du
willst das ich dich dorthin trage? Das ist nicht dein Ernst!“
„Bitte,
nur einen Tag lang. Dann kaufe ich mir ein Pferd.“
„Warum
sollte ich das tun?“
„Weil
du mich magst?“
„Gut,
das ist ein Argument - ich mache es...aber ich will meinen Lohn im
Voraus.“
„Was
möchtest du dafür?“
„Ein
Lied. Sing mir die Drachenballade. Jetzt.“
„Die
hat fast 70 Strophen.“
„Sing
oder geh zu Fuß.“ Er grinste mich breit an. „Außerdem sind es nur
68 Strophen“
Ich
tat ihm den Gefallen und verbrachte die Nacht bei ihm. Ich sang für ihn
auch noch einige andere Lieder und erzählte ihm von meinen Reisen. Am
Morgen gingen wir zusammen zu meinem Haus.
Gwen
stand davor und kam auf uns zu als sie uns sah. Vor Albus blieb sie
stehen und starrte ihn stumm an. Irgendwann sagte sie: „Ein, ein, ein,
Einhorn...“
„Was
du nicht sagst.“
Marc
und Brand traten aus dem Haus, Konrad brachte die Pferde. Alle drei
starrten mein Reittier an. Schließlich sagte Marc: „Das ist das schönste
Pferd das ich je gesehen habe.“
Die
andern pflichteten ihm bei und ich lief schnell ins Haus um mein Gepäck
zu holen. Ich nahm alle meine Waffen mit; Dolch, Kurz- und Langschwert
und meinen Bogen.
Mein
Kettenhemd befand sich in meinem Bündel und ich hoffte, dass ich es
nicht brauchen würde. Ich kletterte auf Albus Rücken und winkte meiner
Freundin zu Abschied zu. Dann folgte ich den anderen, die einige Meter
voraus auf mich warteten.
Wir
ritten durch das Dorf und danach durch einen Wald und über Felder, bis
wir auf das etwas größere Dorf, Birkenhain, stießen. Ich bat die
anderen im Gasthaus auf mich zu warten und machte mich auf den Weg zu
dem Gestüt am Dorfrand.
Den
Züchter fand ich auf Anhieb unsympathisch. Ich beschloss gleich zur
Sache zu kommen: „Ich möchte ein Pferd kaufen.“
Er
musterte mich von oben bis unten und sagte dann: „Hier entlang, sie
stehen alle im Stall und fressen.“ Ich sah mir die Pferde genau an.
Ein großer grauer Wallach gefiel mir besonders gut.
„Was
verlangt ihr für den dort?“
„Für
den großen grauen? Hundertzwanzig Goldstücke.“
„Was
kann er? Fliegen? Ich gebe euch 85 mit Sattel und Zaumzeug.“
Eine
zähe Verhandlung begann. Nach einiger Zeit hatten wir uns auf 105
Goldstücke geeinigt und ich ging zu Albus um meinen Geldbeutel zu
holen. Der unangenehme Mann folgte mir und fragte, nach einem Blick auf
Albus: „Wofür braucht ihr ein zweites Pferd. Dieses ist doch prächtig.“
„Es
gehört mir nicht und ich werde es gleich freilassen.“
Der
Blick den er mir zuwarf zeigte mir deutlich dass er dachte ich hätte
den Verstand verloren. Es war mir völlig egal was er von mir dachte.
Ich holte mein neues Pferd und führte es mit Albus vor das Dorf. Dann
umarmte ich Albus, bedankte mich noch einmal bei ihm und er stob in
Richtung Wald davon.
Ich
führte mein Pferd zum Gasthaus und band es davor an. Dann ging ich
hinein. In diesem Dorf kannte mich niemand; trotzdem wurde ich
angestarrt. Der Wirt kam mit grimmiger Miene auf mich zu und sagte:
„Frauen dürfen nicht in diese Gaststube. Für euch gibt es einen
Tisch in der Küche.“
Er
legte eine Hand auf meinen Arm und versuchte mich zur Küche zu lotsen.
Ich sah zu den Männern in der Ecke hinüber und sie lachten.
Ich
blieb stehen, wandte mich dem Wirt zu und sagte - freundlich lächelnd:
„Wenn euch etwas an eurer Hand liegt, solltet ihr sie aus meiner
Reichweite nehmen.“ Dabei legte ich eine Hand auf das Heft meines
Schwertes. Das Lachen in der Ecke war verstummt.
Plötzlich
stand Konrad neben mir und stellte sich zwischen mich und den Wirt:
„Sie gehört zu uns.“
Der
Wirt nickte, murmelte etwas wie: „Tut mir Leid, konnte ich ja nicht
wissen.“ und verkroch sich dann hinter seinem Schanktisch.
„Hast
du ein Pferd bekommen?“ fragte Brand. Ich setzte mich mit an den Tisch
und schenkte mir ein Glas Met ein.
„Ja,
ein großes graues. Ich muss mir noch einen Namen ausdenken.“
„Du
wirst unterwegs noch genug Zeit dafür haben. Trinkt aus, dann brechen
wir auf.“
Marcus
bezahlte die Zeche und wir machten uns wieder auf den Weg. Unterwegs
dachten sich Marc und Brand ständig neue Namen für mein Pferd aus, von
denen einer abwegiger war als der andere.
„Ich
nenne ihn Yahsi. Irgendwelche Einwände?“
„Ist
ja dein Pferd.“ Wenigstens darin waren sich alle einig.
Meine
Laune war grade richtig gut, da fragte Brand: „Wie sieht eigentlich
der Plan aus? Was unternehmen wir gegen den Magier und wie gelangen wir
zur Prinzessin?.“
Konrad
überlegte laut: „Ich denke der Magier wird uns von allein aufspüren.
Wir müssen uns einen Plan ausdenken, damit unsere Abwehr dieses Mal
funktioniert.“
„Was
denkst du eigentlich, was ich in der Zeit, in der ich in Dorlas Haus ans
Bett gefesselt war, getan habe? Ich habe schon lange einen Plan.“
„Nun
denn, teilt ihn uns mit edler Herr.“ Ich verbeugte mich in seine
Richtung und forderte ihn mit einer Handbewegung auf weiter zu sprechen.
„Keinen
Spott bitte. Wir werden uns trennen. Dorla spricht mit der Prinzessin.
Wir anderen stellen ein Heer aus Verbündeten auf und machen den Magier
unschädlich.“
Daraufhin
sagten Konrad, Brand und ich gleichzeitig:
„Klingt
einfach. Wie genau machen wir denn den Magier unschädlich?“
„Und
wo genau bekommen wir ein Heer her?“
„In
Ordnung, kein Problem.“
Alle
starrten mich an.
„Was
ist?“ fragte ich.
„Denkst
du es wird so einfach sein zur Prinzessin zu gelangen?“ fragte Brand.
„Einfach
vielleicht nicht, aber auch nicht unmöglich. Ihr habt eindeutig den
schwereren Teil des Plans erwischt. Allerdings werde ich einen Beutel
voll Gold brauchen.“
Marc
nickte Konrad zu und dieser reichte mir einen Beutel voll Gold, den er
aus seiner Satteltasche holte. Dann fragte Brand noch einmal: „Was für
ein Heer?“
„Es
ist eher eine Gruppe Krieger, mit einer sehr großen Abneigung gegen
Magier, die sich der schwarzen Magie bedienen. Ich werde allein in den
Wald reiten und sie suchen.“
„Das
kann ich nicht zulassen. Brand oder ich werden euch begleiten, Prinz.
Ich habe dem König mein Wort gegeben...“
„Ich
begleite ihn.“ Stellte ich fest „Ohne mich wird er seine
„Krieger“ sowieso nicht finden.“
Marc
sah mich von der Seite an: „Einverstanden. Ich rufe euch anderen mit
dem Horn. Am besten wir trennen uns gleich und ihr wartet hier in der Nähe.
Sucht euch einen bequemen Flecken.“
17. Sorcha: Freunde
Irgendwann
wachte ich auf. Jemand hatte mein Kissen weggezogen und stupste mir in
die Seite. Ich streckte meine Muskeln, gähnte und entblößte eine
eindrucksvolle Menge großer, weißer Zähne.
Ach,
das war ja Farn. Ich stellte mich vor ihn und wedelte mit dem Schwanz.
Er sagte nichts. Ich beschloss ihn etwas nachdrücklicher zu begrüßen,
legte meine Pfoten auf seine Schultern und leckte ihm das Gesicht ab.
Dann stellte ich mich vor Ivy und sah sie mir genau an. Ich kannte sie
nicht.
„Kennst
du den Hund?“ fragte Ivy Farn. Er nickte und lächelte. Dann kniete er
sich runter und legte Corvina die Hand auf den Rücken. „Nun, wenn du
dich so gut mit ihr verstehst kannst du sie ja mit in dein Zimmer
nehmen.“
Farn
nickte und als sie kurze Zeit später vor der Tür standen hielt er sie
ihr auf. Corvina schnüffelte an der Schwelle und trat dann ein. Im Raum
untersuchte sie erst mal alles und drehte sich dann zu Farn um. Er trat
näher und streichelte ihren Rücken. Dann lachte er: „Schön dich zu
sehen. Mit Tieren darf ich immerhin noch sprechen. Ich wurde auf die
Suche geschickt und es ist alles ein wenig problematisch. Ich soll ein
Artefakt finden, das ständig den Besitzer wechselt. Hast du deine
Freundinnen schon gefunden ?“
„Wuff!“
„Irgendwie
macht es mehr Spaß wenn du sprechen kannst.“ Er grinste und Corvina
knurrte.
„So,
ich muss jetzt schlafen, wir werden morgen früh noch mal versuchen den
Dolch zu finden. Du kannst mit in mein Bett, wenn du willst. Ich liefere
dich morgen früh bei Torean ab. Weiß er eigentlich was du bist?“
Corvina nickte. Als Farn im Bett lag, legte sie sich auf seine Füße
und schlief fast sofort ein.
Als
er aufstand erwachte sie. Er legte sein Kettenhemd an und sagte:
„Solange ich auf der Suche bin, darf ich mit keinem Menschen reden und
mit anderen Elfen als Ivy auch nicht. Wir beschränken uns auf Notfälle,
nur damit du dich nicht wunderst.“
Er
klopfte an Toreans Tür und Corvina schlich hinein als sie geöffnet
wurde.
„Danke
dass du sie mir gebracht hast.“ sagte Torean zu Farn. Farn lächelte
und ging dann nach unten.
„Na, hattest du Spaß?“
<<Ich
habe einiges erfahren. Der goldene Dolch wird von einem Magier gesucht.
Und zwar nicht von einem freundlichen. Außerdem sind Elfen ebenfalls
auf der Suche danach. Ist dir an deinen neuen Reisegefährten nichts
aufgefallen?>>
„Sie
sehen beide sehr gut aus und der Mann redet nicht. Scheinen ganz nett zu
sein.“
<<
Es sind Elfen!! >>
„Elfen?
Das habe ich mir schon gedacht.“
<<Ich
habe Farn schon mal getroffen. Er ist sehr nett.>>
„Ich
hatte auch schon mal mit Elfen zu tun, aber ich weiß nicht ob sie zum
gleichen Clan gehören. Wusstest du, dass die Männer zu Trollen werden,
wenn sie ihre Aufgabe nicht erfüllen?“
In
diesem Moment klopfte es an der Tür.
„Ich
würde gern das Zimmer saubermachen oder braucht ihr noch länger?“
Der Wirt lugte neugierig in den Raum.
„Einen
Augenblick noch, ich habe fast alles fertig eingepackt.“ Torean
schnappte sein Bündel und stapfte hinaus. „Komm Duvessa!“ Er
klopfte auf seinen Schenkel und Corvina folgte ihm leise knurrend.
Ich
verließ das Gasthaus und suchte jemanden der mir ein Pferd leihen
konnte. Ich fand niemanden. Die Bauern brauchten ihre Pferde und wollten
sie nicht verleihen und um eins zu kaufen hatte ich nicht genug Geld.
Nun, dann würde ich wohl auf meinen Hund verzichten müssen. Ich ging
davon aus, dass der Dolch sicher war, solange er sich bei Corvina
befand. Wir gingen zusammen durch das Dorf. Ich kaufte etwas Proviant,
Brot und Schinken und gab Corvina vor der Stadt etwas davon. Dann sagte
ich zu ihr: „ Kein Pferd. Was erzähle ich den Elfen.“ Der Hund
seufzte und verwandelte sich in eine mittelgroße Schimmelstute.
<<Gut
so? Der Sattel liegt hinter mir.>> Sie ließ sich Satteln und ich
stieg auf. Wir ritten langsam zurück ins Dorf und warteten auf Farn und
Ivy. Schon bald erschienen sie und wir verließen gemeinsam das Dorf.
18. Sorcha: Zufälle
Ivy
musterte Corvina: „Schönes Pferd. Ich hatte es gar nicht im Stall
stehen sehen.“
„Äh,
ja, es stand auch nicht im Stall. Ich lasse es frei laufen wenn ich es
nicht brauche. Es entfernt sich nicht weit und kommt zurück sobald ich
es rufe. So wie mein Hund.“ Er sah sich demonstrativ um „Momentan
ist Duvessa mal wieder verschwunden.“
Farn
grinste und zeigte auf das Pferd.“
„Oh,
ihm gefällt es auch. Ich glaube er freut sich, dass er nicht mehr nur
mit mir unterwegs ist. Ich wurde ihm aufs Auge gedrückt. Wir müssen
eine Aufgabe erfüllen und haben nur noch sieben Tage Zeit. Aber was
langweile ich dich. Was suchst du im Süden?“
<<Erzähle
es ihr ruhig>>
„Ich
bin auf der Suche nach einer Lichtung mit einem See. In der Nähe muss
ein Berg mit einer Höhle sein. Wenn ich den Ort gefunden habe sehe ich
weiter. Es ist ein Auftrag den ich erhalten habe und ich werde gut dafür
bezahlt.“
„Oh,
ich glaube wir kennen den Ort den du meinst. Ein kleiner Troll wohnt
dort. Es ist ein schönes Fleckchen.“
„Ich
hoffe ich komme ohne weitere Zwischenfälle an. Ich bin schon von Räubern
überfallen worden, konnte sie aber in die Flucht schlagen. Ich habe
sogar etwas von ihrer Beute an mich gebracht. Was sucht ihr denn
genau?“
Ivy
sah Farn an und Farn sah Corvina an. Farn nickte Ivy zu und so sagte
sie: „Es ist ein magisches Artefakt. Ein Dolch.“
„Hmm,
kann es sein, dass ihr nicht die einzigen seid, die diesen Dolch
suchen?“
„Wie
kommst du darauf?“
„Ich
hörte gestern etwas von einem Magier, der auf der Suche nach etwas sein
soll und ich könnte mir vorstellen, dass auch er den Dolch sucht.“
„Oh
nein, das ist ja furchtbar. So wird es noch schwieriger sein ihn zu
finden.“
„Was
passiert wenn ihr ihn nicht bekommt. Werdet ihr dann zu Trollen?“
„So,
du weißt davon? Nein wir werden nicht beide zu Trollen, nur Farn - und
ich dürfte nicht in meinen Clan zurückkehren.“
<<Ich
glaube ich habe den Dolch. Frag mal ob er einen blauen Stein direkt
unter der Klinge sitzen hat.>>
„Kann
es sei, das direkt unter der Klinge ein blauer Stein sitzt?“
Farn
drehte sich ruckartig zu ihm um und nickte.
„Dann
weiß ich wahrscheinlich wo der Dolch ist.“
<<Ich
kann ihn erst in sechs Tagen herausgeben. Bis dahin ist das Bündel noch
mit mir verwachsen>>
„Aber
ich kann ihn euch noch nicht geben. Erst in sechs Tagen wird er mir von
meiner Partnerin gebracht.“
„Du
würdest ihn uns einfach so geben?“
Torean
lachte: „Ja, meine Partnerin hat sicher nichts dagegen und ich habe
ihn von Räubern erbeutet. Wenn ihr mich zur Lichtung führt, ist das
ein guter Tausch. Was meint ihr, wie lange brauchen wir bis wir dort
sind?“
„Sechs
Tage. Ich hoffe du hast wirklich den richtigen Dolch, sonst ist es mit
Farns gutem Aussehen erst mal für lange Zeit vorbei und ich werde meine
Verwandten nie wiedersehen.“
„Man
gewöhnt sich an alles. Aber ich bin mir sicher, dass wir vom gleichen
Dolch reden.“
Farn
blickte Torean aufmerksam an. Als dieser das bemerkte sagte er: „Ich
habe keine Familie. Ich wurde ohne Gedächtnis gefunden als ich schon
fast erwachsen war. Die Bauersfrau, die mich gesund pflegte, starb kurze
Zeit später an einer Krankheit. Das ist einer der Gründe weswegen ich
soviel umherziehe. Ich hoffe irgend jemand erkennt mich unterwegs.“
Sie
ritten weiter, bis es dunkel wurde. Torean nahm seinem Pferd das Gepäck
und den Sattel ab und schickte es mit einem Klaps in den Wald. Ivy und
Farn stellten ihre Pferde auf ein grasiges Stück Waldboden und
behielten sie im Auge.
Ohne
viele Worte wurde das Lager gerichtet und ein Feuer gemacht. Kurz nach
dem das Pferd verschwunden war, erschien Duvessa und sprang an Torean
hoch. Dann begrüßte sie schwanzwedelnd Farn und Ivy. Ivy bat Farn
einige Kräuter für die Mahlzeit zu suchen und er nickte und schlich in
den Wald. Duvessa folgte ihm. Als sie außer Hörweite waren sagte Farn:
„Auch als Pferd gefällst du mir.“
Da
hätte er mich mal in schwarz sehen sollen.
Farn
erzählte mir von seiner bisherigen Reise, sie hatten den Dolch
anscheinend immer wieder knapp verpasst. Losgezogen waren sie einige
Tage nach mir.
Ich
machte ihn auf einige Kräuter aufmerksam, die er übersehen hatte.
Hundenasen haben wirklich Vorteile. Hundeohren auch. Ich hörte dass
sich jemand anschlich, blieb stehen und knurrte. Farn sah mich an und
duckte sich. Dabei zog er seinen Mantel so um sich, dass die Farbe ihn
gut tarnte. Ich schlug einen Bogen und schlich mich von hinten an das
Geräusch heran. Als ich den Verursacher sah, hätte ich am liebsten
gelacht, aber ich hatte Hunger. Ich schlich noch etwas näher und
erschreckte den Auerhahn fast zu Tode, als ich ihm in den Nacken bellte.
Im gleichen Moment stand Farn neben mir und fasste zu. Er tötete das
Vieh indem er ihm das Genick brach. Dann nahm er ihn bei den Füßen und
wir gingen zurück ins Lager.
Als
wir dort ankamen schwenkte Farn unseren Fang triumphierend hin und her
und deutete dazwischen immer wieder auf mich, seine Helferin.
Corvina
und der Elf hatten einen Vogel gefangen. Der Blick den Ivy mir zuwarf
sagte: Ich rupfe ihn nicht! Na toll! Ich hasse Geflügelrupfen. Ich
wollte mich gerade beschweren, als Corvina sagte <<Nimm es und
pack es in Lehm>>
Gute
Idee! Ich tätschelte ihr den Kopf und suchte mir dann eine lehmige
Stelle. Ich bedeckte den Hahn mit dem Zeug und legte ihn in die Glut.
Wenn er erst mal gar ist, kann man den Lehm mit den Federn abschlagen.
Der Elf bereitete eine Soße aus den Kräutern und die Elfe einen Tee
zu.
Der
Auerhahn wurde gerecht geteilt. War ziemlich lecker, Ich legte mich
neben Torean und schlief bald ein. Als ich am Morgen erwachte, stand ich
sofort auf. Die anderen schliefen noch. Ich ging in den Wald und
verwandelte mich in das Pferd vom Vortag. Dann ging ich zurück zum
Lager. Unterwegs fand ich ein paar Erdbeeren, die natürlich fraß. Als
ich wieder vor Torean stand, wachten die Elfen gerade auf. Ich prustete
ihm sanft ins Gesicht und stupste ihn mit einem Huf an.
„Sieh
dir das an Farn! So ein Pferd hätte ich auch gerne.“ Sagte Ivy. Farn
grinste und nickte. Er stand auf und klopfte Corvina den Hals. Dann
fragte Ivy: „Wie heißt es überhaupt?“
Torean
erschrak, antwortete aber prompt: „Corvina.“
Ivy
musterte das Pferd: „Hast du ihr den Namen gegeben? Der passt ja überhaupt
nicht! Wie kann man denn ein weißes Pferd „Rabin“ nennen?“
Torean
stammelte: „Als Fohlen war sie schwarz.“
„Oh,
natürlich das ist oft so bei Schimmeln.“
Nach
dem Frühstück setzten wir die Reise fort. Es wurde wenig gesprochen,
dafür sang Ivy einige Lieder und Torean begleitete sie sogar teilweise.
Ich
hörte aufmerksam zu und merkte mir die seltsamen Melodien und die
wunderschönen Texte der Elfenlieder. Mir blutete das Herz, weil ich
nicht mitsingen konnte.
Die
Reise durch den Wald verlief ruhig und alles war friedlich. Am Abend
erreichten wir das Dorf, in dem Farn und Ivy ihre Pferde abgeben
sollten. Wir kamen im Gasthaus unter und ich versetzte wieder alles in
Erstaunen als ich etwas Apfelbier trank. Ivy bemerkte nur: „Du hast
wirklich merkwürdige Tiere um dich herum.“
Am
nächsten Morgen ging es zu Fuß weiter. Farn, Ivy und Torean schritten
zügig aus und trotzdem machten sie, auf dem Weg durch den Wald, kaum
ein lautes Geräusch.
In
den nächsten Tagen geschah nichts besonderes. Wir zogen durch den Wald.
Erst Richtung Süden, dann Südöstlich. Als unser Weg über Felder führte,
trafen wir ab und zu einige Bauern. Schließlich erreichten wir endlich
die Lichtung mit dem See. Die Nacht brach gerade herein, als wir sie
betraten. Ich sah mich nach einem geeigneten Lagerplatz um und Ivy
untersuchte die Lichtung: „Deine Freundin scheint noch nicht hier zu
sein.“
„Nein,
aber sie wird bald erscheinen.“
„Woher
weiß sie das du sie hier treffen willst? Du wusstest doch selbst nicht
wo sich die Lichtung befindet.“
„Ääh“
<<Hilfe Corvina!>>
<<Wir
sind hier verabredet!>>
„Wir
sind hier verabredet. Deshalb musste ich ja auch so schnell wie möglich
hierher.“
Zum
Glück stellte sie keine weiteren Fragen mehr und ich legte mich sofort
nach dem Abendbrot schlafen.
Als
ich früh am Morgen erwachte, saß Corvina in ihrer menschlichen Gestalt
vor dem Lagerfeuer und wärmte sich die Hände daran. Ein paar Meter
entfernt lag ihr Bündel auf dem Gras. Die Elfen erwachten gerade.
Corvina stand auf und stellte sich vor: „Guten Morgen, ich hörte ihr
sucht einen magische Dolch?“
19. Sorcha: Samantha
Die
Elfe war etwas irritiert. Solche Direktheit war sie nicht gewöhnt, aber
Farn nickte so heftig mit dem Kopf, dass Corvina befürchtete er könnte
abfallen. Sie ging zu ihrem Bündel und griff hinein. Als sie die Hand
hervorzog hielt sie den goldenen Dolch darin. Sie reichte ihn Ivy, die
ihr gefolgt war. Ivy ergriff ihn vorsichtig und studierte jedes Detail
eingehend, dann reichte sie ihn an Farn weiter. Als seine Hand den Dolch
berührte leuchtete Farns Gesicht auf und eine blaue Aura umstrahlte
ihn, deutlich sichtbar, für einige Augenblicke.
„Volltreffer!“
Corvina strahlte.
Als
Farn seinen Blick wieder von dem Dolch lösen konnte, strahlte er
Corvina an. Er reichte den Dolch an Ivy zurück und umarmte dann Corvina.
Dabei sagte er: „Ich freue mich dich endlich wieder so zu sehen.“
„Mir
geht es ebenso, ich habe dich vermisst.“
„Ihr
kennt euch?“ fragten Torean und Ivy wie aus einem Munde.
Corvina
und Farn sahen sie an und lachten. Dann sagte Corvina: „Er hat mir
Bogenschießen beigebracht.“
„Und
sie hat mir dafür einiges anderes gezeigt.“
Torean
zog eine Augenbraue hoch.
<<Nicht
was du denkst!>>
„Musst
du zurück nach Norden? Ich suche immer noch meine Freundinnen. Eine
habe ich bereits gefunden und die anderen beiden sollen hier in der Nähe
sein.“
„Ich
muss den Dolch abliefern, erst dann ist meine Aufgabe erfüllt. Ich würde
dir gern suchen helfen und Ivy würde uns sicher auch begleiten, aber
vorher muss ich den Ältesten den Dolch vorlegen.“
Ivy
überlegte und nickte: „Wir haben zwar jetzt Zeit, aber die Aufgabe
muss abgeschlossen werden.“
„Aber
vorher sollten wir frühstücken.“ Beschloss Farn.
Corvina
stand auf: „Ich sehe mich mal ein wenig um, wenn es euch nichts
ausmacht.“
„Geh
ruhig, ich bereite alles vor.“ Sagte Torean.
Ich
sah mich um. Ich ging zu dem See und setzte mich ans Ufer. Die Oberfläche
spiegelte eine Wolke wieder und das Licht der Sonne wurde mir genau in
die Augen reflektiert. Ich ließ mich in das lange Gras sinken und
atmete den Duft der Teichminze um mich herum ein, da fiel mir etwas auf.
Am Himmel war keine Wolke zu sehen. Ich setzte mich schnell wieder auf
und beobachtete die Wasseroberfläche. Dort sah ich immer noch die
kleine Wolke. Wieder wurde ich von dem Sonnenlicht geblendet und diesmal
meinte ich eine kleine Gestalt gesehen zu habe, die eine unheimliche Ähnlichkeit
mit Sam hatte. Ich fragte die Wolke: „Samantha bist du das?“
Die
Wolke löste sich auf und eine kleine Fee flog auf mich zu. Ich streckte
meine Hand aus und sie landete darauf. Es war wirklich Sam. Sie drückte
meinen Daumen und grinste mich an.
„Du
konntest jede Gestalt annehmen die du wolltest und du wählst die einer
Fee?“ Ich konnte es nicht glauben. Sam blickte mich an und ich
seufzte: „Gefällt es dir denn?“
Sie
strahlte mich an und nickte. „Na gut, willst du uns begleiten? Wir
suchen Jenny, Lauren habe ich schon gefunden und sie wollte bleiben wo
sie ist. Sie hat eine Hexe gefunden und lernt Zaubern.“ Meine kleine
Feenfreundin runzelte die Stirn und zog dann eine Augenbraue hoch.
„Sie macht es gut, ihre Lehrerin ist zufrieden. Sie lehrt auch keine
Kampfzauber.“
In
diesem Moment näherte sich Farn: „Und?“
„Ich
habe sie gefragt ob sie uns begleiten will.“
„Das
geht nicht.“
„Was!
Warum nicht?“
„Sie
ist als Fee an diesen Ort gebunden, wenn sie länger als eine Woche von
hier fort ist wird sie schwinden.“
Ach
du Schande, komplizierter geht es wohl nicht. Da findet man nach langer
Suche endlich seine beste Freundin und dann kann man sie nicht
mitnehmen.
„Wenigstens
weiß ich wo ich dich finden kann, also beweg dich hier nicht weg. Ich
komme wieder. Und führe keine Leute in die Irre.“
Sie
legte eine Hand aufs Herz und nickte. Ich stellte ihr Ivy und Torean vor
und bemerkte das Toreans Gesicht sich aufhellte als sie auf seiner großen
Hand landete. Er bemerkte: „Sie ist niedlich!“
Ich
wies ihn zurecht: „Sie ist meine beste Freundin. Normalerweise ist sie
ein Mensch wie du und ich, außerdem ist sie intelligent und geschickt.
Sie hätte sicher auch eine gute Kriegerin abgegeben, aber Faulheit
siegt und das Leben als Fee ist sicher nicht so anstrengend.“
Ich
sah dass Sam´s winzige Ohren rot wurden und grinste. Torean und sie hätten
sich bestimmt blendend verstanden, sie waren sich sehr ähnlich.
20.
Dorla: Die Zusammenkunft
Marc
und ich ritten in den Wald. Auf einer kleinen Lichtung stiegen wir von
den Pferden und ließen sie dort grasen. Wir gingen tiefer in den Wald.
Ich bemerkte vor Marc dass wir beobachtet wurden und machte ihn darauf
aufmerksam. Wir legten unsere Waffen auf den Boden und warteten ab. Ein
großer, schlanker Mann mit blonden langen Haaren und blauen Augen trat
aus dem Unterholz heraus. Er verbeugte sich vor dem Prinzen und reichte
dann mir die Hand.
„Dorla,
was führt dich in diese Gegend? Und in königlicher Begleitung.“
„Das
kann dir Prinz Marcus erklären. Marcus – das ist Alant. Er ist der
Anführer der Elfen in diesem Gebiet.“
Alant
nickte und fragte dann: „Habt ihr euch von euren Begleitern
getrennt?“
„Nein,
sie warten am Waldrand. Ich werde sie rufen.“ Marcus griff nach seinem
Horn und blies kräftig hinein. Einige Minuten später erschienen die
anderen. Sie stellten sich vor und ich ergriff die Gelegenheit. Ich nahm
Marcus zur Seite und verabschiedete mich von ihm. Dann ging ich zurück
zu den Pferden und machte mich auf den Weg in die Hauptstadt des
Westreiches. Um Marcus und die Elfen machte ich mir nur wenig Sorgen,
sie würden schon einen Weg finden den Magier auszuschalten.
Ich
brauchte vier Tage, in denen ich Yahsi an seine Grenzen führte, um zur
westlichen Hauptstadt zu gelangen. Als erstes suchte ich mir ein Zimmer
und einen Stellplatz für Yahsi.
Als
ich beides gefunden und mein Bündel ausgepackt hatte, zog ich ein Kleid
an und machte mich auf den Weg zur besten Schneiderin der Stadt. Sie
wohnte nur eine Strasse weiter und ich gab zwei Kleider bei ihr in
Auftrag. Ich gab ihr vorab genug Gold um sicher zu gehen, dass sie nur
den feinsten Stoff kaufen würde. Außerdem gab ich ihr zu verstehen,
dass die Kleider zwar der neuesten Mode des Hofes entsprechen sollten,
aber auch nicht zu protzig sein dürften. Für Rückfragen gab ich ihr
meine neue Adresse.
Wieder
auf meinem Zimmer angelangt beschloss ich an diesem Tag nichts mehr zu
tun. Ich bestellte mir eine Wanne voll Wasser und genoss ein warmes Bad.
Danach legte ich mich schlafen. Als ich am frühen Morgen erwachte überlegte
ich, wie ich meinen ersten Versuch starten sollte. Ich zog mein helles
Kleid an, steckte meine Haare hoch und machte mich auf den Weg zur Burg.
Am Tor wurde ich aufgehalten: „Wohin willst du?“
„Ich
möchte zur Prinzessin, um ihr meine Dienste anzubieten.“
„Wir
haben keinen Bedarf an Mägden. Scher dich weg.“
„Wie
ihr meint.“ Die Soldaten am Tor fühlten sich immer besonders stark.
Zeit für meinen zweiten Plan. Ich ging zurück, zog mir etwas anderes
an und trat wieder vor die Wache. Er erkannte mich nicht.
„Wohin
des Wegs?“
„Ich
bin Heilerin und würde gerne zum König um ihm meine Dienste
anzubieten.“
„Der
König hat bereits die besten Heiler des Landes um sich versammelt. So
eine dahergelaufene Kräuterhexe kann ihm sicher auch nicht besser
helfen als diese weisen Männer.“
„Wie
ihr meint. Ich hoffe es wird dem König bald wieder gut gehen.“
„Das
hoffen wir alle.“
Aus
diesem Gespräch ergab sich Plan drei. Allerdings musste ich warten bis
meine Kleider fertig waren. Das würde noch einige Tage dauern.
Ich
sah mich in der Stadt um und half einigen Leuten die medizinischer Hilfe
bedurften. Als die Kleider fertig waren packte ich meine Sachen in eine
wunderschöne neue Tasche, holte das Pferd und ritt in dem grünsamtenen
Reitdress zum Burgtor. Diesmal nahm die Wache Haltung an bevor er
fragte: „Was ist euer Begehr?“
„Ich
möchte die Prinzessin besuchen. Sie ist eine Verwandte und ich möchte
ihr in dieser schweren Zeit beistehen.“
Die
Wachte trat zur Seite und ließ mich auf den Hof reiten, dort wurde ich
allerdings vom Hauptmann der Wache aufgehalten. Ich sprach ihn an:
„Wollt ihr mir nicht beim Absteigen behilflich sein?“ dabei reichte
ich ihm meine Zügel und sortierte mein Kleid. Er hielt das Pferd während
ich abstieg.
Als
ich auf dem Hof stand fragte er: „Habt ihr eine Einladung Mylady oder
einen Beweis für eure Behauptung von königlichem Geblüt zu sein?“
„Wie
könnt ihr nach so etwas fragen, das ist ja eine Unverschämtheit.“
„Tut
mir Leid Mylady aber es ist meine Pflicht.“
„Dann
holt die Prinzessin, sie wird mich bestimmt erkennen.“
„Das
liegt nicht in meiner Befugnis. Bitte weist euch aus oder verlasst den
Hof.“
„Nun
denn...“ Ich suchte in meiner Tasche und zog ein königliches Sigel
des Nordreiches hervor. Ich zeigte es ihm und sagte: „Dies ist mein
Sigel. Reicht das als Ausweis?“
Er
fiel fast vor mir auf die Knie und sagte dann: „Ich werde die
Wirtschafterin sofort anweisen ein Zimmer herzurichten, danach werde ich
mich, mit eurer Erlaubnis, um eine Audienz bei der Prinzessin kümmern.“
„Tut
das. Und sorgt dafür das sich jemand um mein Gepäck kümmert und mein
Pferd versorgt. Es bekommt nur frisches Quellwasser.“
„Reist
ihr ganz ohne Gefolge?“
„Ja.
Ich schickte sie, sofort nachdem wir hier in der Stadt waren, wieder
nach Hause. Meine Zofe war unpässlich und die Begleiter ungehobelt.“
In
diesem Moment trat schon die Wirtschafterin auf den Hof und verbeugte
sich vor mir.
„Wenn
ihr mir folgen wollt eure Hoheit, dann zeige ich euch euer Zimmer.
Johann, trag das Gepäck hoch.“
Sie
führte mich in ein sehr schönes großes Zimmer mit einem Himmelbett
und wunderschönen Möbeln. Ich erklärte ich sei zufrieden und sie ließen
mich allein. Einige Zeit später wurde mir heißes Wasser gebracht und
eine Platte voll außergewöhnlicher Köstlichkeiten. Ich wusch mich und
ließ das Essen liegen. Dann wartete ich. Als nichts geschah und mir
langweilig wurde, klingelte ich nach der Dienerschaft. Die Haushälterin
kam und erkundigte sich nach meinen Wünschen. Ich fragte ob es möglich
sei die Schlossbibliothek zu benutzen und sie führte mich sofort hin.
Die
Bibliothek war nicht sehr groß aber ich fand einige Bücher die mein
Interesse weckten. Ich nahm sie mit auf mein Zimmer und fragte die Haushälterin
nach anderen Arten der Zerstreuung.
Sie
schlug vor: „Wenn ihr wollt schicke ich den Hofmusiker zu euch. Er könnte
für euch spielen, während ihr euch die Bücher anschaut.“
Ich
stimmte zu. Erst später fiel mir auf das sie wahrscheinlich dachte ich
könne nicht lesen, weil ich mir Bücher mit vielen Bildern ausgesucht
hatte. Es war mir egal was sie von mir dachte. Der Hofmusiker klopfte an
meine Tür und ich ließ in mit seinen Instrumenten hereinkommen. Zu
meinem Erstaunen war er noch ziemlich jung, aber er spielte wirklich
gut. Ich legte das Buch zur Seite und hörte ihm zu. Er sah auf und
sagte: „Wenn ich euch störe, kann ich auch gehen.“
„Ihr
stört mich keinesfalls. Eure Musik ist sehr unterhaltsam. Kennt ihr die
alten Lieder meiner Heimat? Ich stamme aus dem Nordreich.“
„Mit
Verlaub ich kenne viele Lieder. Möchtet ihr etwas spezielles Hören?
Vielleicht könnt ihr mich begleiten.“
„Gerne.“
Ich stand auf und überlegte. „Kennt ihr die Drachenballade?“
„Ich
kenne die Melodie, aber ich habe nicht alle Strophen im Kopf. Sie wurde
noch nie verlangt.“
„Ich
kann den Text auswendig. Wenn ihr nicht mehr weiterwisst übernehme ich
den Gesang.“
Er
nickte und fing sofort an zu singen: „Der Wald war nass im
Morgengrauen, die Sonne schien blass...“ Erst bei den letzten Strophen
kam er mit dem Text nicht weiter und deshalb sang ich sie. Er sang noch
viele Lieder für mich, neue und alte, Tanzlieder und Balladen und bevor
er ging bat er mich, ihm die ihm nicht geläufigen Strophen
aufzuschreiben. Ich ließ mir Feder und Tinte bringen und machte mich
sofort an die Arbeit.
Als
ich gerade fertig war klopfte ein Mädchen an die Tür. Ich ließ sie
eintreten und sie erzählte mir, dass sie mir gern als Zofe dienen würde.
Ich stimmte zu und sie sagte, ich würde zum Abendessen in der großen
Halle erwartet.
Ich
ließ mir von ihr in das andere Kleid helfen. Danach kämmte sie mir die
Haare und steckte sie zu einer kunstvollen Frisur hoch. Dann folgte sie
mir auf dem Weg in die große Halle und wartete vor der Tür auf mich.
An der Tür wurde ich von einem Diener abgeholt der mich an meinen Platz
führte. Ich saß direkt gegenüber der Prinzessin, der Platz des Königs
war nicht besetzt. Ich beteiligte mich am Hoftratsch und unterhielt den
jungen Mann neben mir. Ich war kurz davor einzuschlafen. Welch ein
Langweiler. Nach und nach zogen sich die Leute zurück und auch die
Prinzessin ging in ihre Gemächer. Ich stand auf und machte mich auf den
Weg in mein Zimmer. Meine Zofe erwartete mich vor der Tür. Sie half mir
aus dem Kleid und ich entließ sie. Als sie fort war zog ich etwas
bequemeres an und machte mich daran die Frisur zu demontieren. Auf
einmal klopfte es an der Tür.
Ich
warf mir die Decke um, ging hin und fragte: „Wer ist da?“
„Öffnet
und lasst mich eintreten, bevor mich jemand sieht.“
Ich
riss die Tür auf und ließ sie herein. Die Stimme hatte ich sofort
erkannt.
„Was...es
ist schon spät...“
„Ihr
wolltet eine Audienz, jetzt bekommt ihr sie. Was wollt ihr von meinem
Vater?“
„Nichts.
Wollt ihr euch nicht setzen? Ich wollte mit euch reden.“
Die
Prinzessin nickte und wir setzten uns an einen Tisch. Ich fragte sie:
„Wie geht es eurem Vater?“
„Es
geht ihm schlecht. Seine Krankheit konnte kein Heiler behandeln und der
Hofzauberer ist verschwunden. Ich habe ein merkwürdiges Gefühl.
Seltsame Dinge geschehen am Hof.“
„Ich
kenne eine Heilerin die ihm vielleicht helfen könnte. Ich schickte sie
her, aber sie wurde am Tor von den Wachen abgewiesen.“
„Das
geschah sicher auf Befehl des Zauberers, er hat seine Finger überall im
Spiel. Ich warte auf einen Prinzen. Ich will ihn heiraten.“
„Oh,
liebt ihr ihn sehr?“
„Ich
kenne ihn gar nicht, aber wenn ich heirate und Königin werde, kann ich
den Zauberer verbannen. Zumindest hätte er keinen Einfluss mehr auf die
Staatsgeschäfte.“
„Ich
kenne den Prinzen.“
„Ja?
Wie sieht er aus? Ist er nett und klug? Und wo bleibt er?“
„Er
wurde auf dem Weg zu euch in einen Hinterhalt gelockt und verwundet.“
„Oh
nein, auch das geht sicher auf den Zauberer zurück. Wie geht es dem
Prinzen?“
„Keine
Sorge. Es geht ihm gut und er wird euch im Kampf gegen den Zauberer
beistehen, wenn ihr das wünscht.“
„Ich
bin für jede Hilfe dankbar, aber was kann ein Prinz gegen einen mächtigen
Zauberer wie Umrodered ausrichten?“
„Er
ist nicht allein. Er stellt gerade ein Heer auf. Es gibt viele Leute die
euch, um des Friedens Willen, helfen möchten.“
„Wir
sollten alles versuchen um die Macht des Zauberers zu brechen. Könnt
ihr dem Prinzen eine Nachricht übermitteln?“
„Ich
werde mich seinem Heer anschließen sobald ich den Hof verlassen habe.
Vorher würde ich aber gerne den König besuchen.“
„So
stimmt es was man vom Nordreich hört. Die Prinzessin verlässt den Hof
und geht ihrer eigenen Wege. Niemand weiß wo du dich aufhältst. Warum
bist du von Zuhause fortgelaufen?“
„Ich
wäre vor Langeweile gestorben. Meine Brüder können sich vortrefflich
um das Reich kümmern. Ein Streit mit meinem Vater gab den letzten Anstoß
und ich habe es bis jetzt noch nicht bereut. Freiheit ist etwas was ich
nie wieder missen möchte.“
„Es
gab Gerüchte um einen Liebhaber.“
„Die
gibt es immer. Gerüchte sind die einzige Würze im öden
Alltagseintopfes des Hofes. Sicher gibt es auch welche über dich.“
„Natürlich.
Ich habe sogar einige niedergeschrieben, weil sie so originell waren.“
„Ich
habe meinen Auftrag erledigt und werde morgen abreisen. Kannst du mich
vorher noch zum König bringen?“
„Ich
werde dich jetzt zu ihm begleiten. Wir gehen auf geheimen Wegen, aber
ich muss dir sagen, dass er seit Tagen kein Wort gesagt hat und auch nur
selten die Augen aufmacht.“
Ich
zog meine Schuhe an und folgte ihr, durch Geheimtüren und versteckte Gänge,
in das Schlafgemach des Königs. Er lag blass und regungslos auf seinen
Kissen. Ich ging hinüber und setzte mich an sein Bett. Dann nahm ich
seine Hand und konzentrierte mich. Der König war vergiftet worden. Ich
sagte es der Prinzessin und heilte ihn so gut ich konnte. Danach schlich
ich zurück in mein Zimmer und legte mich endlich schlafen.
Ich erwachte
erst spät und die Zofe hatte mein Kleid bereitgelegt. Ich sagte ihr,
dass ich die Reitkleidung anziehen wollte und sie half mir dabei. Danach
packte ich meine Sachen zusammen und machte mich auf den Weg zum Stall.
Als ich gerade aufstieg, betrat die Prinzessin den Hof. Sie erzählte
mir, dass es dem König besser ging und wünschte mir eine gute Reise.
Außerdem gab sie mir einen Brief für Marc mit. Ich dankte ihr für
ihre Gastfreundschaft und ritt in Richtung Wald davon.
21.
Sorcha: Kampf
Wir
hatten uns von den Elfen getrennt und liefen zügig in südlicher
Richtung durch den Wald. Ich erzählte Torean eine lustige Geschichte
und er lachte sein ansteckendes Lachen. Ich teilte einen Busch, der mir
den Weg versperrte, schritt hindurch und lief gegen eine schwarze
fellige Wand. Ich trat einen Schritt zurück und sah mir an, gegen was
ich gelaufen war. Es war ein großer schwarzer Pegasus. Gerade wollte
ich mich bei Torean beschweren, weil er mir nie erzählt hatte das es
auf dieser Welt welche gab, als ich von dem Mann auf dem Pegasus
angesprochen wurde: „Was soll das? Wie kannst du es wagen mich zu berühren?
Dir werde ich helfen!“
Er
fing an mit den Armen zu wedeln und mir wurde auf einmal klar das dies
der böse Magier sein musste. Ich übermittelte Torean ein
<<lauf!>> und sammelte augenblicklich etwas Energie. Als
seine wedelnden Armbewegungen sich drohend auf mich richteten, schoss
ich einen Feuerball direkt in das Gesicht des Magiers, drehte mich um
und rannte, so schnell ich konnte, hinter Torean, her.
Ich
fand ihn bald und wir versteckten uns im Unterholz und warteten bis wir
der Meinung waren, dass er weg war. Wir hatten seine Flüche noch eine
ganze Zeit lang hinter uns hören können.
Als
uns die Umgebung wieder sicher erschien, zogen wir weiter. Nach einiger
Zeit trafen wir auf einen schmalen Weg, der auf beiden Seiten von Büschen
gesäumt war. Wir schritten weiter zügig aus und unterhielten uns
leise, als auf einmal neun Räuber aus dem Gebüsch sprangen.
Ich
zog sofort mein Schwert und schlug den Dolch des vordersten zur Seite,
aber sie waren in der Überzahl und griffen mich von allen Seiten an.
Ein Rundumschlag schaltete zwei von ihnen aus doch zwei weitere griffen
mich mit Schwertern an. Ich sah das Corvina bewusstlos war und von zwei
Räubern festgehalten wurde, während ein dritter sie fesselte. Der
eine, der sie festhielt, setzte ihr einen Dolch an die Kehle und rief
mir zu: „Gib auf oder sie stirbt. Waffe weg!“
Was
blieb mir anderes übrig. Ich ergab mich und ließ meine Waffe fallen.
Ich hatte damit gerechnet dass sie auch mich fesseln würden, aber ich
lag falsch. Die beiden Räuber, gegen die ich vorher gekämpft hatte,
wollten Rache für ihre toten Kameraden und schlugen weiter auf mich
ein. Einer schlug mir seine Keule erst gegen mein Bein und dann in die
Rippen und der andere hieb mit seinem Schwert nach mir und traf mich am
Arm. Ich hatte nicht vor, mich ohne Gegenwehr töten zu lassen, also
schlug ich dem mit dem Schwert meinen Ellenbogen in die Weichteile und
entwand ihm sein Schwert.
Er
versuchte sich auf mich zu stürzen und spießte sich so selbst auf. Ich
hatte gerade das Schwert wieder freibekommen, als ich wieder einen
Schlag auf mein Bein abbekam. Ich spürte wie die Knochen brachen. Halb
liegend drehte ich mich um und schlug nach meinem letzten Angreifer. Er
tat das gleiche und so setzten wir uns gegenseitig außer Gefecht. Er
traf ich mit seiner Keule am Kopf und ich schlitzte ihm den Bauch auf.
Nachdem
ich den Finstermagier angekokelt hatte, waren die Typen einfach aus
einem Gebüsch gesprungen und hatten uns überrascht. Vom Regen in die
Traufe. Torean hatte sofort sein Schwert in der Hand und wehrte den
Angriff des ersten Räubers ab. Auch den zweiten und den dritten hielt
er in Schach. Er rief mir zu ich solle fliehen, aber ich wurde bereits
von zwei Räubern festgehalten und ein dritter stand vor mir. Ich
schaffte es nicht mich genug zu konzentrieren um eine Verwandlung
vollziehen zu können und dann bekam ich einen Schlag auf den Kopf, der
mir die Sinne raubte. Ich wachte bald wieder auf, aber ehe ich mich großartig
wehren konnte, hatten die drei Räuber mich gefesselt und schleppten
mich vom Ort des Geschehens fort. Ich sah, dass nur noch diese beiden Räuber
standen, die anderen hatte Torean niedergekämpft. Ich sah ihn am Boden
liegen und war mir nicht sicher ob er noch lebte.
<<Torean?>>
Er
antwortete nicht, aber ich spürte, das der Gedankenfaden der uns
verband noch nicht abgerissen war, also musste er noch leben.
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