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22.
Dorla: Corvina und Torean
Auf
dem Rückweg ließ ich mir und Yahsi etwas mehr Zeit. Am sechsten Tag
nach meiner Abreise im Palast, erreichte ich den Waldrand. Ich wollte
mir erst einen Weg zu suchen auf dem Yahsi mich begleiten konnte,
entschied mich dann aber anders.
Ich
band ihn an einer versteckten Stelle an und schlich dann, mit dem Bündel
auf meinem Rücken, in den tieferen Wald. Es irritierte mich, dass ich
keinen Elf traf. Normalerweise fanden sie mich immer sofort und deshalb
schlich ich noch vorsichtiger weiter.
Plötzlich
hörte ich etwas. Ich legte mich auf den Boden, um hinter dem Farn der
auf dem Waldboden wuchs, Deckung zu suchen und lauschte in die Richtung,
aus der ich die Stimmen gehört hatte. Sie näherten sich langsam und es
waren mit Sicherheit keine Elfen. Ich war mir sicher, dass es einige der
Räuber waren, die der Zauberer gedungen hatte. Ich zog den Dolch aus
meinem Stiefel und machte mich bereit. Falls sie mich bemerkten, würde
ich mich zur Wehr setzen.
Da
hörte ich eine weibliche Stimme: „Hey Jungs, wir können doch über
alles reden. Ich bin mir sicher das ich euch helfen kann. Bindet mich
los und packt die Schwerter weg.“
Offensichtlich
wurde sie unsanft zu Boden gestoßen, dann murrte eine andere Stimme:
„Halts Maul oder ich schneide dir die Zunge raus.“ Ihr Schlucken
konnte selbst ich in meinem Versteck hören. „Du weißt doch wie es
deinem Begleiter ergangen ist.“
Ich
stemmte mich etwas hoch und sah mir die Gruppe genau an. Es waren drei Räuber
und die komisch angezogene junge Frau. Sie saß auf dem Boden und die
anderen konnten froh sein, dass Blicke nicht töten können. Die ganze
Zeit über war ein Schwert auf sie gerichtet; ich sah keine Chance für
sie zu fliehen.
Ein
bärtiger Räuber zwang sie wieder aufzustehen und schubste sie weiter
in meine Richtung. Ich beschloss sie anzugreifen sobald sie sich in
meiner Reichweite befanden. Als sie nahe genug heran gekommen waren
sprang ich auf und setzte dem ersten den Dolch an die Kehle. Dann befahl
ich den anderen: „Bindet sie los oder er stirbt.“
Sie
stürzten sich auf mich. Ich hasse es zu töten, aber ich habe gelernt
zu reagieren. Ich schnitt dem Räuber die Kehle durch und zog fast
gleichzeitig mein Schwert. Den Dolch warf ich nach dem bärtigen Räuber
und traf ihn am Hals. Er fiel um. Dem dritten Räuber rammte ich das
Schwert in den Leib und zog es sofort wieder zurück. Als er vor mir auf
dem Boden lag und röchelte tat er mir Leid. Trotzdem drehte ich mich um
und half der Frau die Fesseln zu lösen. Als ich ihre Hände befreit
hatte rief sie: „Achtung!“ und stieß mich zur Seite. Als ich mich
wieder aufgerappelt hatte sah ich dass mein Dolchwurf den Zweiten nur
vor Schreck hatte umfallen lassen. Allerdings war ich mir Sicher, das
der Dolch des Mädchens, der jetzt in seinem Herz steckte, eine andere
Wirkung haben würde.
„Ich
danke dir.“ sagte ich.
„Oh,
ich danke dir.“ antwortete sie, „Ich schulde dir einen Gefallen. Wo
kommst du eigentlich so plötzlich her?
„Ich
suche eine Gruppe Elfen in Begleitung eines Prinzen und was machst du im
Wald?“
„Ich
durchquerte ihn mit meinem Freund, da wurden wir aus dem Hinterhalt
angegriffen. Wir hatten uns gerade von zwei Elfen, die uns begleiteten
getrennt und waren der Übermacht ausgeliefert. Ich bekam einen Schlag
auf den Kopf und wurde ohnmächtig, was mit meinem Begleiter passiert
ist weiß ich nicht genau. Ich sah ihn blutend am Boden liegen, als die
Räuber mich wegschleppten.“
Corvina
zog ihren Dolch aus dem Räuber und wischte ihn an dessen Kleidung ab.
Dann lief sie in die Richtung aus der sie gekommen war. „Ich muss ihn
schnell finden, ich kann ihn kaum noch spüren.“
„Ich
begleite dich.“ Dorla behielt ihr Schwert in der Hand und rannte neben
ihr her. Bald trafen sie auf die Stelle an welcher der Kampf
stattgefunden hatte. Mehrere Gestalten lagen regungslos auf dem Boden.
Corvina kniete sich neben ihren Gefährten und drehte ihn vorsichtig um.
Sie wischte ihm die Haare aus dem Gesicht und untersuchte ihn kurz.
„Er hat tiefe Schnittwunden am Arm und an den Beinen. Außerdem hat er
wohl auch einen Schlag gegen den Kopf bekommen. Ich werde versuchen die
Blutung zu stillen.“
Ich
war überrascht, sie wirkte ziemlich ruhig und analytisch, obwohl ihr
Freund offensichtlich schwer verletzt war. Ich setzte mich auf den Boden
neben sie und sagte zu ihr: „Ich bin Heilerin. Ich werde ihm
helfen.“
Sie
nickte und zog die Hände zurück. Ich konzentrierte mich und legte
meine Hände auf seine Wunden. Die Blutungen wurden sofort gestillt,
danach untersuchte ich seinen Kopf und heilte seine Gehirnerschütterung,
soweit ich es mit meinen schwindenden Kräften vermochte. Er wachte auf
und stöhnte. Ich stützte mich auf einen Baumstamm und beobachtete die
beiden.
Das
Mädchen umarmte den Krieger vorsichtig und fragte ihn: „Wir geht es
dir?“
„Gut.“
Sie sah ihn vorwurfsvoll an und er berichtigte sich selbst: „Du hast
recht, ich gebe es zu, es geht mir nicht gut. Ich habe Schmerzen im Arm
und an den Beinen. Wer ist das?“
„Sie
ist Heilerin und hat uns geholfen. Wie sie heißt weiß ich noch nicht.
Sie sucht eine Gruppe Elfen und einen Prinzen.“ Sie drehte sich zu mir
um und fragte: „Ist alles in Ordnung mit dir? Du siehst blass aus.“
Ich
versuchte zu Lächeln: „Es wird mir gleich besser gehen. Ich heiße übrigens
Dorla.“
Sie
musterte mich skeptisch und kramte dann in ihrer Tasche. „Hier, iss
das, es wird dir etwas Energie zurückgeben.“ Sie reichte mir eine
Handvoll dünner runder Teigplättchen, die mit einer braunen Substanz
überzogen waren. Ich probierte eins und es schmeckte ausgezeichnet, süß
und knusprig.
„Besser?“
„Ja,
ich danke dir.“
Sie
wandte sich wieder ihrem Begleiter zu und sagte dann: „Torean, wir müssen
dich hier wegschaffen, falls noch mehr Räuber kommen.“
„Ist
gut Corvina.“
Es
überraschte mich, dass sie die Entscheidungen traf und der große
Krieger sich einfach fügte, allerdings erschien auch mir ihr Gedanke
logisch.
Sie
fragte mich: „In zwei Tagen ist Vollmond oder?“ Ich nickte. „Gut,
kannst du Torean helfen auf ein Pferd zu kommen?“
„Natürlich,
aber woher willst du eins nehmen? Meines steht in der Nähe des
Waldrands.“
„Du
kannst auch mit aufsteigen. Ich trage euch beide.“
Bevor
ich über diese Worte nachgedacht hatte veränderte sich ihr Aussehen.
Auf einmal stand ein riesiges schwarzes Pferd vor mir. Torean sprach
mich von hinten an.
„Hilf
mir bitte beim aufstehen, mein Bein ist wohl gebrochen, ich schaffe es
nicht allein.“ Ich half ihm auf das Pferd und reichte ihm mein Bündel
hoch. Dann stieg ich hinter ihm auf.
Torean
fragte: „In welcher Richtung vermutest du die Elfen?“
„Dort
entlang.“ Ich zeigte auf einen verborgenen Pfad der tiefer in den Wald
führte und das Pferd setzte sich sofort in Bewegung.
Wir
konnten die Elfen nicht finden, aber sie fanden uns. Auf einmal waren
wir von einer ganzen Gruppe mit gespannten Bögen oder gezogenen
Schwertern umzingelt. Natürlich erkannten sie mich sofort und brachten
mich in ihr Lager. Torean, der inzwischen wie ein nasser Sack auf dem
Pferd hing, nahm von seiner Umgebung kaum noch etwas wahr.
Einer
der Elfen fragte: „Dorla, wen bringst du uns denn da?“
„Einen
Verletzten, er heißt Torean und tötete sechs der Räuber.“ Ein großer
mittelblonder Elf half Torean und mir vom Pferd und bettete dann Torean
unter einem Baum auf ein Lager aus Moos. Im Lager besorgte ich mir
sofort Honig und Nüsse. Ich setzte mich zu Torean und ließ seine
Schmerzen verschwinden. Er war sehr dankbar, aber seine Wunden waren
tief und er hatte viel Blut verloren, ich hatte nicht genug Energie um
ihn richtig zu heilen, sein gebrochenes Bein würde noch etwas warten müssen.
Auf
einmal bekam der Elf, der das Pferd hielt, Probleme. Die schwarze Stute
bäumte sich auf und versuchte sich loszureißen. Der Elf hing an dem
Seil, das er ihr um den Hals gelegt hatte und sah nicht gerade besonders
würdevoll aus.
Dorla
rief hinüber: „Lass es los, es wird nicht fortlaufen.“
Der
Elf zuckte mit den Schultern und ließ das Seil fahren. Das Pferd lief
sofort auf mich zu und blieb dann vor Torean stehen.
Er
sah es an und sagte dann: „Ja, es geht mir schon viel besser, mach dir
keine Sorgen.“ Er strich mit der Hand über die Nüstern des Pferdes
und sah ihm in die Augen, dann fügte er hinzu: „Ich werde sie fragen,
aber sie hätten sich sicherlich gezeigt.“
Ein
Elf, der in der Nähe gestanden und uns beobachtet hatte, kam auf mich
zu und flüsterte mir zu: „Du musst ihn noch mal behandeln. Er redet
mit seinem Pferd als wäre es ein vernunftbegabtes Wesen.“
Das
Pferd hob den Kopf und sah ihn an. Dann rümpfte es die Nase, schnaubte
ihm in den Nacken und wandte sich wieder Torean zu.
Ich
lächelte den Elf an und sagte: „An diesem Pferd ist mehr dran als man
auf den ersten Blick sieht. Ich wette du wirst auch bald mit ihm
sprechen.“ Der Elf lachte, drehte sich um und ging.
Torean
fragte: „Befinden sich Farn und Ivy in dieser Gruppe? Sie haben uns
ein Stück des Wegs begleitet.“
„Ich
habe noch nie etwas von ihnen gehört. Stammen sie aus dieser Gegend?“
„Nein,
aber es wäre trotzdem nett gewesen sie zu treffen.“ Er strich dem
Pferd wieder über die Nase obwohl es ihm Mühe bereitete den Arm zu
heben.
„Warum
verwandelt sie sich nicht zurück?“ fragte ich. Torean warf Corvina
einen Blick zu und das Pferd nickte.
„Sie
kann nicht. Nur bei Vollmond und am Tag davor und danach kann sie wieder
zum Menschen werden.“
„Oh,
was macht sie wenn sie sich zwei Tage nach Vollmond verwandelt?“
„Sie
versucht es zu vermeiden. Ansonsten wartet sie ab oder verwandelt sich
in etwas anderes.“
„In
etwas anderes? Ein Pony?“
„Sie
kann sich in jedes Tier verwandeln das sie in ihrem Leben berührt hat.
Außer in Insekten.“ Er sagte zu dem Pferd: „Corvina, verwandle dich
doch mal in etwas handlicheres, ich vermisse meinen Hund.“
Ihre
Umrisse verschwanden und ein großer schwarzer Hund stand vor mir und
wedelte mit dem Schwanz. Der Hund ließ sich neben Torean nieder und
legte den Kopf auf seinen Schoß. Torean kraulte sie, während ich den
Elfen erklärte wohin das Pferd verschwunden war. Nach und nach
untersuchten alle Elfen den schwarzen Hund. Kamen sie Torean dabei zu
nahe, knurrte Corvina die Elfen an, ansonsten ließ sie aber alles über
sich ergehen.
Torean
schlief bald ein und Corvina lag winselnd neben ihm. Es war herzzerreißend.
Ich besorgte etwas zu Essen und teilte mit ihr. Ab und zu sah ich nach
Torean. Er war schwerer verletzt als Marc und Brand, aber Lebensgefahr
bestand nicht mehr.
Die Elfen
hatten in der Zwischenzeit ein Lager aufgebaut. Einige Zelte standen auf
der Lichtung und ein Kreis aus Steinen begrenzte eine offene
Feuerstelle.
Die Nacht brach
herein und Torean schlief immer noch. Er bewegte sich unruhig auf seinem
Lager hin und her und wachte schließlich kurz vor Mitternacht vor
Schmerzen auf. Dorla hatte sich hingelegt und war eingeschlafen, aber
Corvina stand sofort auf, trottete zu ihr hinüber und weckte sie, als
sie Torean stöhnen hörte. Sie stupste ihr ihre kalte, feuchte Nase
gegen die Wange und winselte leise. Dann kehrte sie sofort an Toreans
Seite zurück.
Sein
Zustand hatte sich doch verschlechtert. Ich war noch nicht sehr
ausgeruht, aber ich verwandte meine gesamte Energie darauf Torean zu
Heilen. Er sank zurück auf sein Lager und dankte mir. Dann beobachtet
er einen Punkt hinter mir. Ich drehte mich um, um zu sehen was ihn
interessierte. Corvina stand hinter mir. Sie legte mir eine Hand auf die
Schulter und sagte: „Ich danke dir sehr für deine Hilfe. Kann ich dir
etwas von meiner Energie abgeben?“
„Das
ist eine gute Idee, aber es funktioniert leider nicht. Ich habe es schon
früher versucht. Nur über Nahrungsmittel kann ich etwas mehr Energie
gewinnen.“
„Nun,
dann werde ich sehen was ich sonst tun kann.“ Sie kniete sich neben
Torean und griff nach seiner Hand. Sie untersuchte seine Verletzungen
und ging dann in den Wald. Nach kurzer Zeit kam sie mit einer Handvoll
Kräuter zurück, die sie zerquetschte und auf seinen Arm legte. Dann
bastelte sie eine Schiene aus Ästen und einem Seil für sein Bein und
schließlich ging sie zu ihrem Bündel und holte etwas, das sie in
Wasser auflöste und Torean zu trinken gab. Dann drehte sie sich zu mir
um und sagte: „Wenn du die Energie zum Heilen brauchst, legst du dich
besser hin und schläfst noch ein wenig. Ich passe auf Torean auf und
wecke dich, falls es ihm schlechter geht. Hier, das sind die letzten,
iss sie bevor du dich wieder hinlegst.“
Sie
reichte mir einige der leckeren Plättchen und ich nickte und ging. Sie
setzte sich neben Torean und wartete darauf, dass er wieder einschlief.
Ich hörte sie leise singen und schlief ebenfalls bald ein.
Als
ich am Morgen erwachte, saß Corvina immer noch neben Torean. Als ich
aufstand und hinüberging, stellte ich fest das die beiden sich
unterhielten. Torean sah viel besser aus und Corvina lächelte als sie
mich sah. Sie sagte: „Es geht ihm schon viel besser. Nicht wahr?“
Sie drehte sich zu Torean um und er stimmte zu: „Das stimmt. Ich habe
zwar noch Schmerzen aber ich fühle mich nicht mehr so schwach.“
„Das
ist gut. Wenn es dir nichts ausmacht, spare ich dann heute meine Energie
und versorge dich auf nicht-magische Weise. Aber wenn die Schmerzen
schlimmer werden sag bescheid.“ Torean nickte und ich ging zu den
Elfen hinüber.
Ich
traf den Anführer der Gruppe und er fragte mich: „Hast du gut
geschlafen Dorla?“
„Ja
, habe ich. Und du?“
„Im
Wald schlafen Elfen immer gut, auch wenn wir weit von unseren Heimatwäldern
entfernt sind.“
„Kannst
du mir sagen wo der Prinz sich aufhält? Es ist ihm doch nichts zugestoßen,
oder?“
„Nein,
mach dir keine Sorgen, er wird noch heute hier auf diese Lichtung
kommen.“
„Gut,
ich habe ihm einiges zu erzählen.“
„Er
hat sich im Kampf gegen die Räuber gut geschlagen.“ Er sah zu Corvina
hinüber: „Wo kommt die junge Frau eigentlich her?“
„Sie
ist Toreans Gefährtin, der Hund von gestern und du erinnerst dich doch
sicher an die große schwarze Stute.“
„Ja
natürlich, sie sah dem Pferd des Zauberers ähnlich. Er reitet einen
riesigen, schwarzen, geflügelten Hengst. Wir haben ihn bis jetzt nur
von weitem gesehen.“
Plötzlich
stand Corvina neben uns und sagte: „Wirklich? Ich habe ihn schon von näher
gesehen als mir lieb war. Wenigstens hat er ein schmerzhaftes Andenken
an mich. Das war auch der Grund weswegen die Räuber uns fast umgebracht
hätten.“
„Wo
hast du ihn getroffen?“ fragte der Elf.
„Im
Gesicht. – Ach, du meinst den Ort? Genau an der Stelle, an der Torean
fast verblutet wäre. Ich bin direkt in sein Pferd gelaufen, als ich vor
seinen Räubern flohen.“
„Was
wollten die Räuber von dir?“
„Sie
suchten nach einem Gegenstand, den wir aber schon längst nicht mehr
hatten, die Elfen haben ihn mitgenommen. Was will er eigentlich
erreichen?“
„Macht,
Reichtum... er will sich das Königreich einverleiben und falls er es
schafft, versucht er danach sicher die anderen auch noch zu bekommen.“
erklärte Dorla.
„Und
ihr wollt das verhindern? Ich würde euch gerne helfen. Ich kämpfe
nicht besonders gut, aber ich kann Bogenschießen und in Tiergestalt bin
ich eine sehr unauffälliger Kundschafterin.“
„Torean
könnte seinen Weg sowieso nicht fortsetzen, er braucht noch ein paar
Tage Ruhe, hier ist er relativ sicher.“
„In
Ordnung, wenn ich eine Aufgabe für dich habe, sage ich dir bescheid.“
„Ich
könnte auch beim Kochen helfen.“
„Gut,
du kannst gleich anfangen, wir brauchen alle ein Frühstück.“
Ich
beobachtete Corvina. Sie mischte Eier, Mehl und Milch und buk den Teig
in einer Pfanne aus. Die Elfen beäugten sie ebenfalls. Hoffentlich kam
bei ihrer Aktion etwas essbares raus. Sie wandte sich an einen der Elfen
und er verschwand im Wald und kam kurze Zeit später mit Erdbeeren
wieder. Als sie uns „zu Tisch rief“ standen sofort alle um sie
herum. Inzwischen hatte sich ein verführerischer Duft ausgebreitet. Sie
hatte aus den Erdbeeren eine Soße bereitet und sie auf die labberigen
Teigfladen gestrichen. Danach hatte sie sie zusammengerollt und auf
saubere Blätter gelegt.
Nach
dem Essen fragte ich sie nach dem Rezept. Corvina bot mir an es
aufzuschreiben, ich war erstaunt: „Du kannst Schreiben?“
„Ja,
natürlich und Lesen auch. Ich kann in drei Schriftarten fließend
schreiben. Wie sieht deine Handschrift aus? Schreib mir doch mal etwas
auf den Boden hier.“
Ich
kam ihrer Bitte nach und sie sah mir interessiert beim Schreiben zu.
„Ah
gut, ihr benutzt die gleiche Schrift wie wir. Ich dachte schon ich müsste
vielleicht meine Sütterlin-Kenntnisse aus meinem Gedächtnis
hervorkramen.“
„Zeig
du mir nun deine Handschrift.“ Bat ich sie. Sie griff in ihr Bündel
und zog ein dünnes Buch hervor.
Sie
reichte es mir und sagte: „Hier, das sind meine Gedichte, Lieder und
was ich sonst für aufschreibenswert hielt. Du darfst sie gerne lesen,
ich habe leider nicht sehr ordentlich geschrieben.“
Ich
nahm es und suchte mir einen Platz um es zu lesen. Über die Hälfte der
Seiten waren eng beschrieben, manchmal waren kleine Zeichnungen auf den
Seiten. Einige Zeilen waren in einer sehr regelmäßigen, aber schwer zu
entziffernden Schrift eingefügt worden, anderes war in einer mir
unbekannten Sprache verfasst.
Während
Dorla las, kümmerte sich Corvina um Torean. Sie brachte ihm etwas zu
essen und untersuchte noch einmal seine Wunden. Dann kochte sie Tee für
ihn und brachte ihm sein Schwert. Er fühlte sich wohler wenn es sich in
greifbarer Nähe befand. Sie bemerkte das einige Elfen zu einem
Erkundungsgang aufbrachen und fragte sich, wie viele Räuber sich wohl
noch in der Gegend aufhielten.
Ich
setzte mich zu Torean und Corvina und unterhielt mich mit ihnen. Corvina
wechselte ein paar mal die Gestalt um mir zu zeigen wie die Verwandlung
ablief. Als sie etwas später das Mittagessen kochte, erzählte Torean
mir, wie er Corvina kennen gelernt hatte und was er mit ihr erlebt
hatte.
Auf
einmal kamen die Elfen wieder. Sie stützten ein Mädchen, das ein
zerrissenes Gewand und einen Arm in einer provisorischen Schlinge trug.
Ich ging sofort zu ihnen hinüber und heilte ihren Arm und die Schulter.
Danach fühlte ich mich schwach, aber einer der Elfen brachte mir den
Schlauch mit dem Honig und nach ein paar tiefen Zügen ging es mir
besser.
Das
Mädchen stand auf einmal wieder neben mir und fragte mich: „Seid ihr
die weise Frau Dorla?“
Als
ich nickte fügte sie hinzu: „Ich wurde losgeschickt um dir etwas zu
bringen.“ Sie griff in ihre Tasche und gab mir einen walnussgroßen,
meergrünen Edelstein. „Ich denke du wirst ihn gut gebrauchen können.“
Ich
nahm den Stein in die Hand und erschrak. Energie durchflutete mich und
riss mich beinahe von den Füßen. Ich hatte meinen Mond gefunden.
Ich
wollte natürlich wissen wo der Stein herkam und warum sie ihn mir
gebracht hatte, aber sie erzählte mir nicht viel. Ich würde wohl
direkt zum Meer reisen müssen, wenn das Chaos vertrieben war, um mehr
herauszufinden. Ich bedankte mich bei ihr und fragte sie, ob ich ihr
irgendwie helfen könnte, aber sie wollte nur so schnell wie möglich
nach Hause. Ich fragte Corvina, ob sie mir helfen könnte, denn ich war
mir sicher, dass sie eine Idee hatte wie man Thyra schnell in ihre
Heimat bringen konnte. Corvina reichte Thyra die Hand und nach einem
kurzen Gespräch verwandelte sie sich in einen riesigen Pegasus. Ein Elf
half Thyra beim Aufsteigen und Corvina hob ab und flog in Richtung
Nordwest.
Ich
betrachtete noch einmal den Stein und ging dann zu Torean. Er saß immer
noch unter dem Baum. Mit den nun verfügbaren Energien, heilte ich ihn
innerhalb weniger Augenblicke. Er stand überrascht auf und bedankte
sich. Dann schritt er zu den Elfen hinüber und informierte sich
umfassend, um die ganze Situation abschätzen zu können.
Als
der Abend hereinbrach kam Marc. Er freute sich mich zu sehen und auch
Brand grinste über das ganze Gesicht. Ich stellte ihnen Torean vor und
berichtete von seinem Kampf gegen die Übermacht von acht Räubern. Der
Prinz fragte ihn, ob er sich uns anschließen wolle und er sagte ja.
Allerdings stellte er die Bedingung, dass Corvina damit einverstanden
war. Die Männer verstanden sich auf Anhieb und ich ließ sie allein und
unterhielt mich mit den Elfen.
Auf
einmal bemerkte ich, dass Torean in den Himmel starrte. Der Prinz und
Brand sahen ihn irritiert an, aber Torean sah weiter hoch und streckte
schließlich einen Arm aus. Ich hörte Marc sagen: „Was machst du
da?“ Und dann sah ich einen kleinen Schatten am Himmel.
Eine
große Eule flog auf Toreans Arm zu und er fing sie geschickt auf. Sie hüpfte
auf sein Handgelenk und er kraulte sie am Kopf. Dann setzte er sie auf
den Boden. Brand und Marc starrten ihn und den Vogel an. Ich sah wie
Torean lachte und gestikulierend irgendetwas erklärte und bemerkte,
dass die Eule auf Brand zuhopste und ihn beäugte. Vor ihm blieb sie
stehen und verwandelte sich in Corvina zurück. Brand trat einen Schritt
zurück und legte die Hand an sein Schwert, doch dann lachte er und schüttelte
Corvina die Hand.
Ich
wurde dem Prinzen und seinem Freund vorgestellt. Ich erinnerte mich an
meine Manieren und machte einen Hofknicks. Torean fielen fast die Augen
aus dem Kopf. Ballettunterricht macht sich halt doch bemerkbar.
Der
Prinz fragte mich ob ich sie bei ihrem Kampf gegen den Magier unterstützen
würde. In meinem Kopf erklang Toreans Stimme: <<Ich sagte ihnen
dass du zu entscheiden hättest>>
<<Bist
du damit einverstanden?>>
<<Ja,
natürlich. Der Magier muss gestoppt werden.>>
So
sagte ich: „Ich biete euch meine Fähigkeiten und Toreans Schwert
an.“
„Ich
danke dir, ihr werdet unsere Truppe sicher bereichern.“
„Kann
mir jemand erklären worum es eigentlich genau geht?“
„Brand!“
der Prinz wandte sich an seinen Freund, der sofort nickte und seinen Arm
in einer einladenden Geste in Richtung Baum schwenkte. Ich lachte und
ging voraus.
Brand
erzählte mir von den Kämpfen gegen die Räuber und dass sie fast alle
gefangen oder getötet hatten. Der Magier war dadurch geschwächt
worden, weil er die Lebensenergie der Räuber benutzte um seine
Zauberkraft zu ergänzen. Deshalb war er momentan in einem geschwächten
Zustand und leicht angreifbar.
„Was
wollt ihr mit ihm machen, wenn ihr ihn gefangen habt?“
„Wir
werden ihn dem magischen Rat übergeben. Die werden beschließen was mit
ihm geschehen wird.“
„Wie
fängt man einen Magier? Er kann sich doch sicher mit seiner Magie
wehren.“
„Aber
nur wenn er genug Energie hat und wir suchen etwas, was ihm seine
Energiereserven nehmen wird.“
„Aha,
was ist das?“ Brand sah mich prüfend an.
„Es
ist ein juwelenbesetzter Dolch. Mit diesem Dolch kann man ihn sogar töten.“
Sein
Gesichtsausdruck als ich lachend zusammenbrach war bemerkenswert.
23.
Sorcha: Wieder auf der Suche nach dem Dolch
Natürlich
machte ich mich gleich, nachdem ich erklärt hatte dass ich wusste wo
der Dolch war, auf den Weg um den Dolch zu holen. Ich hoffte das Farn
ihn noch hatte. Torean ließ ich zurück, mit Farn konnte ich mich auch
allein verständigen.
Es
machte mir zwar Spaß zu fliegen, aber selbst das verlor nach einiger
Zeit an Attraktivität. Ich schwebte als Rabe auf Aufwinden über dem
Wald und suchte nach Farn. Er hatte gesagt er wolle nach Norden, also
flog ich in diese Richtung.
Ich
suchte bis in den späten Nachmittag hinein, dann landete ich und machte
eine Pause. Ich verwandelte mich in meine angestammte Gestalt zurück
und schritt durch den lichten Wald. Das Laub raschelte unter meinen Füßen
und ich hörte kleine Tiere durch das Unterholz huschen. Ich lief etwa
eine Stunde durch den Wald und hing meinen Gedanken nach als plötzlich
ein Wolf vor mir stand und mich anknurrte. Ich blieb stocksteif stehen
und beobachtete ihn genau. Der Wolf verfolgte die gleiche Taktik. Wir
starrten uns bestimmt eine Minute lang an, als eine Gestalt hinter einem
Tannenwäldchen hervortrat und fragte: „Wystan, wo bleibst du?“
Der
Wolf drehte sich kurz um und knurrte mich dann wieder an. Das lenkte die
Aufmerksamkeit der Frau auf mich. Sie trat an die Seite des Wolfes und
fragte: „Wer seid ihr und was ist euer Begehr?“
„Mein
Name ist Corvina und ich laufe einfach nur durch den Wald und suche
jemanden.“
„Seid
ihr verletzt?“
„Nein.
Ich suche nur zwei Freunde, habt ihr hier jemanden vorbei kommen
sehen?“
„Nein,
habe ich nicht. Es tut mir leid, wenn mein Wolf euch erschreckt hat.
Mein Name ist Gwendolyn“ Sie musterte mich und mein nicht vorhandenes
Gepäck und fragte: „Kann ich euch einen Becher Wasser anbieten?“
In
diesem Moment spürte ich wie ausgetrocknet meine Kehle war und ich
nickte und sagte: „Das könnte ich jetzt wirklich gut vertragen,
vielen Dank.“
Ich
folgte ihr zu einer kleinen Hütte auf einer Lichtung. An einer Seite
der Hütte befand sich ein kleiner gut gepflegter Gemüsegarten. Die
junge und wunderschöne Frau zeigte auf eine Bank und brachte mir kurze
Zeit später einen Becher voll Wasser. Ich trank ein paar Schluck und
sah mir dabei die Umgebung an. „Hier ist es wunderschön. Und sehr
friedlich. Es muss angenehm sein hier zu wohnen.“
„Oh
ja, es ist sehr schön hier, aber dies ist nicht mein Haus, ich passe
nur für eine gute Freundin darauf auf, bis sie wieder zurückkommt.“
„Ich
bin auf der Suche nach einer meiner Freundinnen. Wir haben uns aus den
Augen verloren und ich vermisse sie sehr. Aber vorher habe ich mich noch
einer anderen Sache verschrieben, die erledigt werden muss. Ach, ich
hoffe es geht ihr gut, wo auch immer sie sein mag.“
Sie
nickte und blickte ins Leere. Auf einmal tauchte der Wolf wieder auf und
legte ihr den Kopf auf den Schoss. Sie nahm seinen Kopf in die Hände
und sah im in die Augen. Als sie ihn losließ kam er zu mir und legte
mir seinen Kopf aufs Bein. Ich lachte und streichelte ihm die Ohren. Und
vor dem habe ich Angst gehabt.
Gwendolyn
überlegte kurz und sagte dann zu Corvina: „Wystan hat die Spuren von
zwei Fremden gefunden, aber ich glaube nicht das es die sind die ihr
sucht.“
Sie
sah Corvina fragend an, als ob sie versuchte in ihrem Gesicht zu lesen.
Corvina
fragte: „Waren es menschliche Spuren oder die von Elfen?“
„Die
von Elfen. Ich kann es kaum glauben, ihr seid mit Elfen befreundet?“
„Ich
traf sie durch Zufall und wir reisten eine Zeit lang zusammen. In welche
Richtung muss ich?“
„Wystan
fand die Spuren im Nordosten und sie waren noch nicht alt.“
Corvina
streichelte noch einmal den Kopf des Wolfes und dabei kam ihr eine Idee.
Sie fragte Gwendolyn: „Kann er mich dahinführen?“ Als sie das
fragende Gesicht Gwendolyns sah, fügte sie hinzu: „Ich könnte von
dort aus ihrer Spur folgen.“
„Nun,
du kannst es zumindest versuchen.“ Gwendolyn sprach mit Wystan und er
lief voraus in den Wald. Corvina verabschiedete sich und rannte
hinterher.
An
einer Stelle, die einem Wildwechsel ähnelte, blieb er stehen und legte
den Kopf schief. Dann rannte er zurück zu Gwendolyn. Als er außer
Sicht war verwandelte Corvina sich in einen Wolf und folgte der Fährte
so schnell sie konnte.
Als
der Abend hereinbrach wusste ich das sie nicht mehr weit weg sein
konnten. Ich folgte meiner Nase und stieß bald auf eine Lichtung.
Mitten darauf lagen zwei Gestalten und schliefen. Elfen!
Ich
lief zu Farn und weckte ihn indem ich ihm meine nasse Nase auf die Wange
drückte. Er sprang auf und griff nach seinem Schwert und ich
verwandelte mich zurück.
„Corvina?“
Ich
grinste ihn breit an „Na? Überrascht?“
Corvina
erklärte Farn das sie den Dolch noch mal brauchte. Dann befiel sie auf
einmal eine bleierne Müdigkeit und sie vereinbarten an nächsten Morgen
darüber zu sprechen. Als Farn sah das Corvina sofort auf dem Boden
eingeschlafen war und keine Decke hatte, legte er sich neben sie und
deckte sie mit seiner zu. Er erwachte als die ersten Sonnenstrahlen auf
die Lichtung fielen und stand leise auf und machte ein Feuer. Corvina
schlief wie ein Stein, aber Ivy wachte kurz nach Sonnenaufgang auf. Sie
unterhielten sich leise. Ivy wollte wieder in den Nordwald zu ihren
Freunden aber Farn wollte Corvina begleiten. Sie beschlossen sich zu
trennen. Noch bevor Corvina erwachte machte Ivy sich auf den Weg nach
Norden. Farn setzte sich ans Feuer und beobachtete Corvina die sich in
seine Decke gekuschelt hatte und immer noch tief schlief. Er beschloss
sie zu wecken.
Farn
weckte mich. Ich hatte lange geschlafen und war immer noch müde. Er war
darüber verwundert und ich erzählte im was in den letzten Tagen alles
geschehen war. Wir machten uns sofort auf den Weg und zwar zu Fuß. Farn
rannte geräuschlos durch den Wald und ich saß als Maus in seiner
Tasche und schlief noch etwas. Als ich erwachte und meine Nase aus der
Tasche steckte blies mir der Wind um die Ohren. Ich fiepte laut und Farn
blieb stehen und holte mich vorsichtig aus seiner Tasche. Ich
verwandelte mich in meine normale Gestalt und fragte ihn wo die nächste
Strasse ist. Sie war nicht weit, also liefen wir hin. Ich verwandelte
mich in die große Stute, die Torean einst auf dem Markt verkauft hatte
und wir galoppierten zu den anderen. Am frühen Nachmittag trafen wir
auf der Lichtung ein.
Corvina
erschrak als sie die Lichtung betraten. Einige Elfen lagen verletzt auf
dem Boden und Torean, Brand, Duncan, Marc und Alant hielten
offensichtlich Kriegsrat. Als Torean sie und Farn erblickte stürzte er
auf sie zu: „Corvina, ich bin froh dich zu sehen, geht es dir gut?“
„Das
sollte ich wohl eher dich fragen! Was ist geschehen?“
Marc
kam ebenfalls herüber: „Wir wurden überfallen. Umrodered muss einen
Zeitpunkt abgewartet haben an dem nur wenige von uns hier im Lager waren
und hat mit einer großen Überzahl von Räubern zugeschlagen.“
Auch
Duncan mischte sich ein: „Von denen kaum noch welche über sind. In
dem Chaos starben vier Leute und sie haben Dorla entführt.“
Der
Magier hatte Dorla in sein Hauptquartier, ein großes halb verfallenes
Haus, verschleppt. Bei keinem der toten Räuber fanden wir ihren Ozeanit.
Die Elfen hatten das Gelände um das Haus schon begutachtet und einen
kleinen Eingang gefunden, aber es waren zu viele Räuber in der näheren
Umgebung, die ihn bewachten.
Torean
beratschlagte mit Alant das weitere Vorgehen und Marc überprüfte
unsere Streitmacht. Ich war damit beschäftigt mir Sorgen zu machen.
Unsere
Ausrüstung lag teilweise verstreut auf dem Boden herum und mit Farn und
einigen anderen Elfen sammelte ich alles auf was mir noch brauchbar
erschien. Danach überprüfte ich unsere Vorräte. Viel war nicht mehr
übrig. Ich fand Dorlas Honigschlauch und steckte ihn in meinen
Rucksack. Ihre Waffen verwahrte Farn.
Ich
beobachtete meine Umgebung sehr genau. Alle waren besorgt, aber Alant
war außerdem noch bestürzt. Irgendetwas an seinem Verhalten sagte mir
das Dorla wichtiger war als ich geahnt hatte und dass ihr Verlust eine
tiefe Kerbe in unser Schild schlagen würde und zwar nicht nur weil uns
ihre Heilkräfte fehlten.
In
Ermangelung einer Heilerin fragte ich die Verletzten ob ich ihnen helfen
könnte und so verband ich bald einige Wunden und versorgte sogar einen
Knochenbruch. Ich konzentrierte mich auf diese Aufgabe und schickte Farn
in den Wald um Kräuter zu suchen. Als ich das nächste Mal aufsah,
stand Torean hinter mir und sah mir zu.
<<Kann
ich dich mal sprechen?>>
<<Na
sicher.>> Ich verknotete die Enden des Verbands und wandte mich
Torean zu. „Was ist?“
„Ich
wollte dir nur erzählen was wir gerade besprochen haben.“
24.
Dorla: Gastfreundschaft
„Nein!“
„Was sagtest du?“ fragte Umrodered.
„Ich sagte nein.“ Wiederholte Dorla etwas
lauter, „Das mache ich auf keinen Fall!“
„Du solltest mir die Auskunft geben die ich
verlange!“
„Nein, sagt was ihr wollt, sucht euch jemand
anderen, ich weiß nichts und sage nichts.“
„Du bist meine Geisel, du hast zu gehorchen.“
„Ihr werdet mich nicht zwingen.“
„Wir werden ja sehen! Rogan!“
Das war das erste Gespräch nachdem ich auf dem
Boden eines großen verfallenen Raumes aufgewacht war. Danach wurde ich
in den Kerker geschleppt. Dort blieb ich und nachdem ich mich genau
umgesehen hatte, konnte ich nur noch auf Rettung hoffen.
Der Handlanger des Magiers brachte mir jeden Tag
etwas Wasser und Brot, manchmal auch Reste aus der Küche. Ich flehte
ihn an mich aus dem Kerker zu lassen aber er war seinem Herren hörig
und man konnte nicht mit ihm reden.
Jeden Tag kam Umrodered und versuchte herauszufinden
wo der Dolch sein konnte.
Als ich nach sechs Tagen immer noch nicht gewillt
war mich zu seinen Fragen zu äußern, bekam ich nur noch Wasser. Nach
weiteren drei Tagen fühlte ich mich leicht und spürte keinen Hunger
mehr. Jegliche Kraft in meinem Inneren entschwand und ich fragte mich ob
von den anderen noch jemand lebte. Ich wurde wieder zum Magier gerufen
und dieses Mal trug Rogan mich die Treppe hoch. Mein Hemd war zerrissen
und fleckig und meine Rippen zeichneten sich deutlich darunter ab.
„Und Hexe, wirst du heute reden?“
„Ich habe euch nichts zu sagen.“ Meine Stimme
klang schwach aber klar und sie hallte in dem großen Saal wieder.
„Wenn ihr mich sofort sagen werdet was ich wissen
will, werde ich zu anderen Maßnahmen greifen.“
Ich schwieg ihn an.
„Rogan!“ Er machte eine Handbewegung und Rogan
fesselte mich an eine Säule. „Lass uns allein.“ Rogan verschwand.
Der Magier stand neben mir und hielt mir ein Messer
an die Kehle.
„Sag mir jetzt sofort wo ich den Dolch finden kann
oder ich schnitze dir mit diesem hier ein neues Gesicht.“
„Ich weiß nichts von einem Dolch.“
Er schnitt mich nicht, aber er würgte mich bis ich
mich besinnungslos stellte und an der Säule zusammensackte. Dann ließ
er von mir ab und ging aus dem Raum.
Ich öffnete die Augen und versuchte die Fesseln
abzustreifen. Es gelang mir nicht, obwohl meine Handgelenke wesentlich
schlanker geworden waren. Ich würde ihm auf keinen Fall verraten wo
sich der Dolch befand. Ohne ihn hätten wir keine Chance mehr gegen den
Finstermagier vorzugehen.
Ein Geräusch riss mich aus meinen Gedanken. Ich sah
mich um und entdeckte eine Ratte, die auf mich zulief. Sie verschwand
hinter der Säule und ich spürte das sie an meinen Händen schnüffelte,
dann begann sie die Fesseln anzuknabbern. Einen Augenblick später hörte
ich wieder ein Geräusch, der Magier kam zurück.
Ich zog an den Fesseln aber sie gaben noch nicht
nach.
„Na? Wieder unter den Lebenden?“
„Ich bin nur müde, nicht tot.“
„Noch nicht.“ Dieses mal hatte er einen Räuber
mitgebracht und dieser ließ mich das Messer schmecken. Meine Arme waren
von kleinen Schnitten und Stichwunden übersät als ich wirklich das
Bewusstsein verlor. Als ich wieder erwachte waren meine Hände frei.
„Corvina?“ Ich sah mich um, konnte sie aber
nicht entdecken. Die Wunden an meinen Armen schmerzten, aber ich hatte
nicht genügend Energie um mich zu heilen. Nach einiger Zeit kam Rogan
und schleppte mich wieder in die kleine kalte Kerkerzelle ohne Fenster
und Licht.
Ich versuchte meine Kräfte zu sammeln, aber es
wollte mir einfach nicht gelingen. Diesen Tag bekam ich noch nicht
einmal Wasser in meine Zelle. Irgendwann bemerkte ich eine Bewegung vor
dem Türgitter. Eine Maus kletterte durch das Gitter und huschte zu mir
herüber. Im nächsten Moment stand Corvina neben mir und legte einen
Finger an ihre Lippen. Sie griff in ihr Bündel und zog einen Schlauch
voll Honig hervor, den sie mir an die Lippen setzte. Kaum hatte ich
etwas davon getrunken, merkte ich wie mir neue Energie zuflutete.
Corvina half mir auf und fragte: „Geht es dir etwas besser?“ Ich
nickte „Kannst du laufen?“
Ich versuchte es: „Ich denke nicht.“
„Ich werde dich schon wieder aufpäppeln. Kann er
Magie in seinem Umkreis erspüren?“
„Nein. Ich glaube diese Fähigkeit hat er
nicht.“
Ich kümmerte mich um ihren Arm. Sicherlich würde
sie noch einige Zeit brauchen bis sie sich selbst heilen konnte. Als ich
gerade das Blut abwischte fiel mir etwas ein: „Du darfst deinen Arm
nicht heilen ehe du hier heraus bist, sonst wird er Verdacht schöpfen.“
Ihr Blick ließ mich Schaudern.
„Kannst
du die Schmerzen unterdrücken?“
Sie schüttelte den Kopf: „Dass kann ich nur bei
anderen.“
„Dann nimm das hier.“ Ich reichte ihr eine
meiner Schmerztabletten und sie schluckte sie. Kurze Zeit danach
entspannte sie sich etwas. Dann fragte sie: „Wo ist der Dolch? Hast du
ihn gefunden? Wie geht es den anderen?“
„Der Dolch ist in Sicherheit, die anderen überlegen
wie sie den Magier überraschen können. Hast du eine Schwachstelle bei
ihm entdeckt?“
„Ich habe ihn beobachtet und er setzt nie Magie
ein. Vielleicht kann er nur diesen einen Zauber, mit dem er sich die Räuber
hörig gemacht hat.“
„Das werde ich den anderen sagen. Trink den Honig
und dann ruh dich etwas aus. Ich komme später wieder.“
Corvina wartete bis ich den Schlauch leergetrunken
hatte und huschte dann wieder als Maus davon. Ich verteilte die zurückgewonnene
Energie in meinem Körper und setzte mich auf. Die Schnitte an meinem
Arm taten weh, aber nicht mehr so sehr wie vor dem Mittel das ich von
Corvina bekommen hatte. Ich wartete, erfüllt von neuer Hoffnung und überlegte
wie wir den Magier besiegen könnten.
25. Torean:
Die Befreiung
Als
Corvina sich auf den Weg gemacht hatte, traf ich mich mit den Elfen und
dem Prinzen. Ich hatte eine Idee und wollte mit ihnen abklären ob mein
Plan funktionieren könnte. Wir besprachen einige Details und dann
warteten wir auf Corvina. Die Elfen waren besorgt und wollten Dorla so
schnell wie möglich befreien.
Corvina
huschte mir entgegen und verwandelte sich vor uns zurück.
„Es
geht ihr den Umständen entsprechend gut. Er hat sie gefoltert um zu
erfahren wo der Dolch ist. Ich werde wieder zu ihr zurückkehren und sie
aus der Zelle holen. Vielleicht schaffen wir es ohne Kampf zu
entkommen.“ Berichtete sie.
„Du
solltest kein Risiko eingehen. Versuche nur sie in Sicherheit zu
bringen. Hast du dich umgesehen?“
„Ja,
ich kann euch einen Plan zeichnen.“
Corvina
fertigte einen Plan des Hauses an und zeichnetet ein, wer sich wo
aufhielt. Wir berieten eine Zeit lang und erklärten Corvina was wir
vorhatten. Sie nickte und verschwand wieder in Richtung Haus.
Ich schlich mich als Katze an das Haus heran und
schlüpfte durch die Spalte in der Mauer wieder in den Kerker. Ich sah
mich genauer um und entdeckte den Schlüssel für die Zelle an einem
Haken an der gegenüberliegenden Wand. Ich öffnete leise die Tür und hängte
den Schlüssel zurück, dann sah ich nach Dorla. Sie war eingeschlafen
und ich weckte sie. Sofort setzte sie sich auf und ich gab ihr noch
etwas Honig. Während sie trank erläuterte ich ihr unseren Plan. Sie
sah schon viel besser aus und konnte auch wieder Laufen. Nachdem sie
sich meine Erläuterungen angehört hatte strich sie mit den Händen über
ihre Arme und die Wunden verschwanden. Ich reichte ihr das Kurzschwert
das ich in ihrem Bündel gefunden hatte und einen Dolch, der von den
Elfen hergestellt worden war. Dann gab ich ihr ihre Stiefel. Wir
schlichen aus dem Keller nach oben und versuchten zur Tür zu kommen,
doch Rogan lief uns über den Weg und gab Alarm.
Wir
hörten das Geschrei von drinnen und stürmten das Haus. Es gab keine
Abwehrzauber und wir stießen auf fast keinen Widerstand. Die Handvoll Räuber
die sich uns widersetzten, überrannten wir auf dem Weg in den
Hauptsaal. Als wir dort eintrafen sahen wir Dorla, die von einem Mann
festgehalten wurde und mitten im Raum stand. An der Stirnseite des
Raumes stand der Magier in seiner weiten schwarzen Robe und drohte:
„Einen Schritt weiter und die Frau ist tot.“ Im selben Moment stand
Corvina hinter ihm und hielt ihm den Dolch an den Hals. „Befiehl ihm
sie loszulassen oder du bist ein toter Mann.“
Ich merkte wie er zusammensackte als ich den Dolch
an seinen Hals presste.
„Lass sie gehen.“ Rogan ließ Dorla los, die
sofort von zwei Elfen gestützt aus dem Haus gebracht wurde. Torean kam
auf mich zu. Ich lockerte meinen Griff, als ich hinter ihnen hersah und
in diesem Moment schlug mir der Magier seinen Ellenbogen in den Magen.
Als ich mich krümmte versuchte er mir den Dolch zu entreißen. Ich
hielt ihn fest umklammert und er zog ein kleines Messer aus seinem
Stiefel. Ich spürte den Schmerz als sich die Klinge in meinen Arm
bohrte.
Torean
sah den Angriff des Magiers kommen und rannte los. Er hörte Corvinas
Aufschrei und schlug mit seinem Schwert nach dem Magier. Er traf ihn am
Hals. Das Blut spritzte und Umrodered sank auf die Knie. Er warf Torean
einen letzten ungläubigen Blick zu und starb.
Torean
kniete sich neben Corvina und untersuchte ihren Arm. „Das ist nur eine
Fleischwunde, sie wird schnell verheilen.“
Corvina
sah ihn mit tränengefüllten Augen an: „Es tut aber trotzdem weh.“
„Das
geht bald vorbei. Warte einen Augenblick.“ Er stand auf und rannte zu
den Elfen hinüber um sich gestikulierend mit ihnen zu Unterhalten.
Corvina
warf einen Blick auf den Magier. Der Dolch steckte in seinem Fuß.
„Ohne ihn hätten wir nichts gegen ihn ausrichten können.“ flüsterte
sie. Shade antwortete: „Nun, ihr habt es geschafft, das ist doch die
Hauptsache.“
Tune
erklärte: „Seine Seele wird nie wieder einem Lebewesen zugeteilt
werden. Ventosus wird sie in die Winde eingliedern und Ignis wird sie
danach vernichten und eine neue erschaffen.“
„So
wird zumindest diese Boshaftigkeit nicht weiter existieren.“
„Das
ist gut.“ Die beiden verschwanden und nahmen den dunkelgrauen Schemen
mit sich. Corvina fühlte sich als wäre ihr Inneres schal geworden.
Ich
lief mit einem Stück Stoff von den Elfen zurück und half Corvina beim
Aufstehen. Sie presste eine Hand auf die Wunde um die Blutung zu
stillen. Ich wollte sie nach draußen bringen aber sie zeigte auf den
Magier und sagte: „Wir brauchen Dorlas Stein. Er hatte ihn bestimmt
bei sich.“
Ich
durchsuchte seine Robe und fand den Stein in einer kleinen Tasche.
Corvina
hatte in der Zwischenzeit ihren Arm verbunden. Ich überholte sie auf
dem Weg nach draußen und führte sie zu Dorla. Mit der Energie des
Steins war es für Dorla eine Kleinigkeit alle zu heilen.
26. Sorcha:
Erinnerungen
Dorla sah schlecht aus. Sie strotzte zwar wieder vor
magischer Energie, aber sie war unheimlich abgemagert. Die Elfen waren
sichtlich besorgt und der Prinz entschuldigte sich ein ums andere Mal
bei ihr. Dorla winkte ab. „Jetzt beruhigt euch doch mal, wir haben das
ganze überstanden.“ Dann hörte ich wie sie zu dem Prinzen sagte:
„Du solltest dich waschen und dich dann auf den Weg machen. Deine
Verlobte wartet auf dich. Sie wird dir sicher gefallen und ihre Zofe ist
vielleicht etwas für Brand.“
Ich ging zu ihr hinüber: „Du kannst es wohl gar
nicht erwarten wieder in deine Hütte zu kommen?“
„Am liebsten wäre ich noch heute Abend dort.“
bestätigte sie.
„Nun, ich habe durchaus Verständnis für ein
gewisses Bedürfnis nach Ruhe und Frieden.“ grinste ich und sie
lachte.
„Falls du mal in der Gegend bist kannst du mich ja
besuchen, ich würde mich freuen.“
„Das mache ich.“ Ich Umarmte sie zum Abschied
und sah ihr und den Elfen hinterher, als sie Aufbrachen. Der Prinz hatte
noch mit ihr gesprochen und kam jetzt auf mich zu.
„Ich danke euch für eure Hilfe. Natürlich seid
ihr zu meiner Hochzeit eingeladen, sollte es dazu kommen. Falls ihr
irgendwann einmal Hilfe benötigen solltet, schickt mir eine
Botschaft.“
„Ich danke euch Hoheit.“ Auch diese fünf
verabschiedeten sich und ritten dann in Richtung Westreich davon.
Torean,
Farn und Corvina standen auf einmal wieder zu dritt im Wald. Sie sahen
sich an, grinsten und gingen dann in Richtung Osten um Jenny zu suchen.
Am frühen Abend fanden sie eine geschützte Stelle im Wald, auf der sie
ihr Lager aufschlugen. Corvina rollte sich sofort unter ihren Decken
zusammen, während Torean noch etwas zu Essen bereitete und sich leise
mit Farn unterhielt.
„Mir
ist etwas merkwürdiges geschehen.“
„Es
sind viele merkwürdige Dinge geschehen in letzter Zeit.“
„Ich
habe dir doch erzählt das ich das Gedächtnis verloren habe und mich
nur an die letzten zehn Jahre meines Lebens erinnern kann.“
„Ja,
du erwähntest es auf unserer Reise.“
„Nun,
in letzter Zeit erinnere ich mich wieder an Kleinigkeiten, die früher
geschehen sein müssen.“
„Das
ist doch gut. Erinnerst du dich an etwas bestimmtes?“
„Nein,
aber trotzdem gibt es mir neue Hoffnung meine Eltern zu finden.“
„Vielleicht
erlebst du eine Überraschung.“
„Fragt
sich nur was für eine.“
Ich
erwachte sehr früh am morgen und die beiden Männer schliefen noch. Ich
packte leise meine Sachen und suchte die Quelle, die laut Farn in östlicher
Richtung liegen sollte. Das erste Mal seit Tagen wusch ich mich
ausgiebig und bürstete meine Haare. Danach setzte ich mich auf einen
Stein neben der Quelle und sah in meinen Rucksack. Fast alles was ich
von zuhause mitgebracht hatte war aufgebraucht oder verschenkt. Ich aß
das letzte Stück Schokolade und ließ sie langsam in meinem Mund
zergehen. Dabei lehnte ich mich auf dem Felsen zurück und überlegte
wohin ich eigentlich gehen wollte. Ich konnte mir nicht vorstellen dass
ich Jenny in der Stadt verpasst haben könnte. Ich beschloss meinem
ersten Weg noch einmal zu verfolgen. Wo die Lichtung mit dem See und Sam
war, wussten wir ja inzwischen. Ja, Fedon zu besuchen war sicher eine
gute Idee.
Als
ich erwachte und mich umsah, war Corvina verschwunden. Ihre Decke lag
zusammengerollt an der Stelle wo sie die Nacht verbracht hatte, aber ihr
Bündel war fort. Ich stand leise auf und ging sie suchen.
Ihre
Spuren waren leicht zu finden, das Gras war mit Tau bedeckt gewesen und
wo sie entlang gegangen war, zeichneten sich ihre Fußabdrücke deutlich
ab. Ich fand sie an der kleinen Quelle. Sie lag mit offenem Haar auf
einem Stein und hatte die Augen geschlossen. Ohne sich zu bewegen fragte
sie: „Na? Endlich aufgewacht?“
Ich
setzte mich neben sie und erwiderte: <<Ja, und als neuer Mensch
oder wie man es nennen mag!>>
Sie
setzte sich auf und sah mich an: „Wie meinst du das?“
„Die
Erinnerung an meine Jugend kehrt zurück. Ich kann mich noch nicht an
alles erinnern, aber an das meiste. Ich weiß jetzt das mein Vater ein
Elf war und ich meine ersten Jahren im Nördlichen Wald verbracht habe.
Ich erinnere mich auch an das Gesicht meiner Mutter.“
„Das
ist doch gut. Weißt du warum du allein warst?“
„Nein,
ich habe keine Ahnung.“
„Ich
bin mir sicher, dass mit der Zeit alle Erinnerungen wiederkommen werden.
Bei uns daheim nennt man das Amnesie und sie ist meist nur vorübergehend.
Bei dir hat sie lange angehalten, aber vielleicht hat Dorlas Heilung
deiner Gehirnerschütterung etwas dazu beigetragen die verschütteten
Erinnerungen ans Licht zu bringen.“
„Das
kann sein. Kommst du Frühstück machen?“
Corvina
lachte: „Ich habe keine Ahnung wo ich etwas zum Frühstücken
herbekommen soll. In der näheren Umgebung habe ich nichts essbares
gefunden und meine Vorräte sind erschöpft. Nun, zumindest Farn wird
keinen Hunger haben.“
Sie
flocht ihre Haare zu einem Zopf und ich nahm ihr Bündel und trug es ihr
zurück zum Lager.
Corvina
erklärte ihren Begleitern wie sie sich den weiteren Weg vorgestellt
hatte und sie machten sich ohne Frühstück auf den Weg. Mittags
erreichten sie ein kleines Dorf, wo sie ihre Vorräte auffüllten. Es
hatte zwar kein Gasthaus, aber sie bekamen von einer Bäuerin ein warmes
Mittagessen und frisch gebackenes Brot.
Die
Lichtung mit dem See erreichten sie am frühen Nachmittag und am Abend
standen sie auf der Lichtung vor Fedons Höhle.
„Also
irgendetwas ist anders.“ Corvina sah sich um. „Es sieht
irgendwie...“
„Aufgeräumt
aus?“ fragte Farn.
„Ja,
wo sind die ganzen Blätter?“
In
diesem Moment tauchte Fedon auf. Er schritt aus dem Wald auf dir Gruppe
zu und lieb in einiger Entfernung stehen. Farn verbeugte sich leicht und
ein Lächeln huschte über Corvinas Gesicht. Torean starrte ihn mit
offenem Mund an und verbeugte sich schließlich auch.
Corvina
schnallte ihr Bündel ab und legte es auf den Boden. Dann ging sie zu
Fedon und umarmte seinen großen weißen Hals. Torean zuckte zusammen
und fragte Farn leise: „Ist das nicht sehr respektlos?“
Farn
wies auf Fedon, der Corvina den Kopf auf die Schulter gelegt hatte, und
sagte: „In diesem Fall wohl nicht.“ Dann fügte er hinzu: „Wir
werden auf jeden Fall hier übernachten, lass uns Feuerholz suchen und
ein Lager aufschlagen.“
Als
die Männer aus dem Wald zurückkehrten, war die Sonne untergegangen und
Fedon hatte seine menschliche Gestalt angenommen. Er begrüßte die
beiden und holte einige Vorräte um das Abendessen zuzubereiten. Corvina
war zur Quelle gegangen um Wasser zu holen.
Ich
hatte Durst, also lief ich zu der kleinen Quelle und holte einen Eimer
Wasser. Als ich zurückkam war die Sonne untergegangen und Fedon begrüßte
mich als Mensch. Dann erzählte er mir etwas unglaubliches. Er hatte ein
Mädchen getroffen, das sich Dawn nannte. Sie war, wie ich, einfach
aufgetaucht und hatte vom Wald gelebt. Er begegnete ihr an der Quelle,
allerdings nach Sonnenuntergang, also als Mensch und sie bot ihm etwas
Tee an, den sie gerade gekocht hatte. Er war sehr von ihr angetan und
fragte sie, ob sie nicht bei ihm in der Höhle übernachten wolle, sie
sagte ja und seitdem wohnten sie zusammen.
Ausgerechnet
heute war sie zum nächsten Dorf gegangen um Vorräte zu kaufen. Fedon
erzählte mir dass sie erst nach drei Tagen bemerkt hatte dass er das
Einhorn war. Er hatte sich nämlich tagsüber von der Lichtung
ferngehalten.
„Sie
hat mich aber sofort erkannt als sie mich das erste Mal als Einhorn
sah.“
Ich
grinste innerlich, er war ja richtig stolz auf sie.
Corvina
wartete den ganzen Morgen aufgeregt auf ihre Freundin und als sie
endlich kam war die Freude groß. Torean und Farn unterhielten sich mit
Fedon und die Mädchen saßen etwas abseits. Die beiden tauschten ihre
Erfahrungen aus und auf einmal fing Corvina an zu lachen. Dawn fragte:
„Was ist denn?“
„Ich
finde es bloß lustig, dass du deinen Rollenspielnamen übernommen
hast.“
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