Taverne / Teil 5

22. Dorla: Corvina und Torean

 

Auf dem Rückweg ließ ich mir und Yahsi etwas mehr Zeit. Am sechsten Tag nach meiner Abreise im Palast, erreichte ich den Waldrand. Ich wollte mir erst einen Weg zu suchen auf dem Yahsi mich begleiten konnte, entschied mich dann aber anders.

 Ich band ihn an einer versteckten Stelle an und schlich dann, mit dem Bündel auf meinem Rücken, in den tieferen Wald. Es irritierte mich, dass ich keinen Elf traf. Normalerweise fanden sie mich immer sofort und deshalb schlich ich noch vorsichtiger weiter.

Plötzlich hörte ich etwas. Ich legte mich auf den Boden, um hinter dem Farn der auf dem Waldboden wuchs, Deckung zu suchen und lauschte in die Richtung, aus der ich die Stimmen gehört hatte. Sie näherten sich langsam und es waren mit Sicherheit keine Elfen. Ich war mir sicher, dass es einige der Räuber waren, die der Zauberer gedungen hatte. Ich zog den Dolch aus meinem Stiefel und machte mich bereit. Falls sie mich bemerkten, würde ich mich zur Wehr setzen.

Da hörte ich eine weibliche Stimme: „Hey Jungs, wir können doch über alles reden. Ich bin mir sicher das ich euch helfen kann. Bindet mich los und packt die Schwerter weg.“

Offensichtlich wurde sie unsanft zu Boden gestoßen, dann murrte eine andere Stimme: „Halts Maul oder ich schneide dir die Zunge raus.“ Ihr Schlucken konnte selbst ich in meinem Versteck hören. „Du weißt doch wie es deinem Begleiter ergangen ist.“

 

Ich stemmte mich etwas hoch und sah mir die Gruppe genau an. Es waren drei Räuber und die komisch angezogene junge Frau. Sie saß auf dem Boden und die anderen konnten froh sein, dass Blicke nicht töten können. Die ganze Zeit über war ein Schwert auf sie gerichtet; ich sah keine Chance für sie zu fliehen.

Ein bärtiger Räuber zwang sie wieder aufzustehen und schubste sie weiter in meine Richtung. Ich beschloss sie anzugreifen sobald sie sich in meiner Reichweite befanden. Als sie nahe genug heran gekommen waren sprang ich auf und setzte dem ersten den Dolch an die Kehle. Dann befahl ich den anderen: „Bindet sie los oder er stirbt.“

Sie stürzten sich auf mich. Ich hasse es zu töten, aber ich habe gelernt zu reagieren. Ich schnitt dem Räuber die Kehle durch und zog fast gleichzeitig mein Schwert. Den Dolch warf ich nach dem bärtigen Räuber und traf ihn am Hals. Er fiel um. Dem dritten Räuber rammte ich das Schwert in den Leib und zog es sofort wieder zurück. Als er vor mir auf dem Boden lag und röchelte tat er mir Leid. Trotzdem drehte ich mich um und half der Frau die Fesseln zu lösen. Als ich ihre Hände befreit hatte rief sie: „Achtung!“ und stieß mich zur Seite. Als ich mich wieder aufgerappelt hatte sah ich dass mein Dolchwurf den Zweiten nur vor Schreck hatte umfallen lassen. Allerdings war ich mir Sicher, das der Dolch des Mädchens, der jetzt in seinem Herz steckte, eine andere Wirkung haben würde.

„Ich danke dir.“ sagte ich.

„Oh, ich danke dir.“ antwortete sie, „Ich schulde dir einen Gefallen. Wo kommst du eigentlich so plötzlich her?

„Ich suche eine Gruppe Elfen in Begleitung eines Prinzen und was machst du im Wald?“

„Ich durchquerte ihn mit meinem Freund, da wurden wir aus dem Hinterhalt angegriffen. Wir hatten uns gerade von zwei Elfen, die uns begleiteten getrennt und waren der Übermacht ausgeliefert. Ich bekam einen Schlag auf den Kopf und wurde ohnmächtig, was mit meinem Begleiter passiert ist weiß ich nicht genau. Ich sah ihn blutend am Boden liegen, als die Räuber mich wegschleppten.“

 

Corvina zog ihren Dolch aus dem Räuber und wischte ihn an dessen Kleidung ab. Dann lief sie in die Richtung aus der sie gekommen war. „Ich muss ihn schnell finden, ich kann ihn kaum noch spüren.“

„Ich begleite dich.“ Dorla behielt ihr Schwert in der Hand und rannte neben ihr her. Bald trafen sie auf die Stelle an welcher der Kampf stattgefunden hatte. Mehrere Gestalten lagen regungslos auf dem Boden. Corvina kniete sich neben ihren Gefährten und drehte ihn vorsichtig um. Sie wischte ihm die Haare aus dem Gesicht und untersuchte ihn kurz. „Er hat tiefe Schnittwunden am Arm und an den Beinen. Außerdem hat er wohl auch einen Schlag gegen den Kopf bekommen. Ich werde versuchen die Blutung zu stillen.“

 

Ich war überrascht, sie wirkte ziemlich ruhig und analytisch, obwohl ihr Freund offensichtlich schwer verletzt war. Ich setzte mich auf den Boden neben sie und sagte zu ihr: „Ich bin Heilerin. Ich werde ihm helfen.“

Sie nickte und zog die Hände zurück. Ich konzentrierte mich und legte meine Hände auf seine Wunden. Die Blutungen wurden sofort gestillt, danach untersuchte ich seinen Kopf und heilte seine Gehirnerschütterung, soweit ich es mit meinen schwindenden Kräften vermochte. Er wachte auf und stöhnte. Ich stützte mich auf einen Baumstamm und beobachtete die beiden.

Das Mädchen umarmte den Krieger vorsichtig und fragte ihn: „Wir geht es dir?“

„Gut.“ Sie sah ihn vorwurfsvoll an und er berichtigte sich selbst: „Du hast recht, ich gebe es zu, es geht mir nicht gut. Ich habe Schmerzen im Arm und an den Beinen. Wer ist das?“

„Sie ist Heilerin und hat uns geholfen. Wie sie heißt weiß ich noch nicht. Sie sucht eine Gruppe Elfen und einen Prinzen.“ Sie drehte sich zu mir um und fragte: „Ist alles in Ordnung mit dir? Du siehst blass aus.“

Ich versuchte zu Lächeln: „Es wird mir gleich besser gehen. Ich heiße übrigens Dorla.“

Sie musterte mich skeptisch und kramte dann in ihrer Tasche. „Hier, iss das, es wird dir etwas Energie zurückgeben.“ Sie reichte mir eine Handvoll dünner runder Teigplättchen, die mit einer braunen Substanz überzogen waren. Ich probierte eins und es schmeckte ausgezeichnet, süß und knusprig.

„Besser?“

„Ja, ich danke dir.“

Sie wandte sich wieder ihrem Begleiter zu und sagte dann: „Torean, wir müssen dich hier wegschaffen, falls noch mehr Räuber kommen.“

„Ist gut Corvina.“

Es überraschte mich, dass sie die Entscheidungen traf und der große Krieger sich einfach fügte, allerdings erschien auch mir ihr Gedanke logisch.

Sie fragte mich: „In zwei Tagen ist Vollmond oder?“ Ich nickte. „Gut, kannst du Torean helfen auf ein Pferd zu kommen?“

„Natürlich, aber woher willst du eins nehmen? Meines steht in der Nähe des Waldrands.“

„Du kannst auch mit aufsteigen. Ich trage euch beide.“

Bevor ich über diese Worte nachgedacht hatte veränderte sich ihr Aussehen. Auf einmal stand ein riesiges schwarzes Pferd vor mir. Torean sprach mich von hinten an.

„Hilf mir bitte beim aufstehen, mein Bein ist wohl gebrochen, ich schaffe es nicht allein.“ Ich half ihm auf das Pferd und reichte ihm mein Bündel hoch. Dann stieg ich hinter ihm auf.

Torean fragte: „In welcher Richtung vermutest du die Elfen?“

„Dort entlang.“ Ich zeigte auf einen verborgenen Pfad der tiefer in den Wald führte und das Pferd setzte sich sofort in Bewegung.

 

Wir konnten die Elfen nicht finden, aber sie fanden uns. Auf einmal waren wir von einer ganzen Gruppe mit gespannten Bögen oder gezogenen Schwertern umzingelt. Natürlich erkannten sie mich sofort und brachten mich in ihr Lager. Torean, der inzwischen wie ein nasser Sack auf dem Pferd hing, nahm von seiner Umgebung kaum noch etwas wahr.

Einer der Elfen fragte: „Dorla, wen bringst du uns denn da?“

„Einen Verletzten, er heißt Torean und tötete sechs der Räuber.“ Ein großer mittelblonder Elf half Torean und mir vom Pferd und bettete dann Torean unter einem Baum auf ein Lager aus Moos. Im Lager besorgte ich mir sofort Honig und Nüsse. Ich setzte mich zu Torean und ließ seine Schmerzen verschwinden. Er war sehr dankbar, aber seine Wunden waren tief und er hatte viel Blut verloren, ich hatte nicht genug Energie um ihn richtig zu heilen, sein gebrochenes Bein würde noch etwas warten müssen.

Auf einmal bekam der Elf, der das Pferd hielt, Probleme. Die schwarze Stute bäumte sich auf und versuchte sich loszureißen. Der Elf hing an dem Seil, das er ihr um den Hals gelegt hatte und sah nicht gerade besonders würdevoll aus.

Dorla rief hinüber: „Lass es los, es wird nicht fortlaufen.“

 

Der Elf zuckte mit den Schultern und ließ das Seil fahren. Das Pferd lief sofort auf mich zu und blieb dann vor Torean stehen.

Er sah es an und sagte dann: „Ja, es geht mir schon viel besser, mach dir keine Sorgen.“ Er strich mit der Hand über die Nüstern des Pferdes und sah ihm in die Augen, dann fügte er hinzu: „Ich werde sie fragen, aber sie hätten sich sicherlich gezeigt.“

Ein Elf, der in der Nähe gestanden und uns beobachtet hatte, kam auf mich zu und flüsterte mir zu: „Du musst ihn noch mal behandeln. Er redet mit seinem Pferd als wäre es ein vernunftbegabtes Wesen.“

Das Pferd hob den Kopf und sah ihn an. Dann rümpfte es die Nase, schnaubte ihm in den Nacken und wandte sich wieder Torean zu.

Ich lächelte den Elf an und sagte: „An diesem Pferd ist mehr dran als man auf den ersten Blick sieht. Ich wette du wirst auch bald mit ihm sprechen.“ Der Elf lachte, drehte sich um und ging.

Torean fragte: „Befinden sich Farn und Ivy in dieser Gruppe? Sie haben uns ein Stück des Wegs begleitet.“

„Ich habe noch nie etwas von ihnen gehört. Stammen sie aus dieser Gegend?“

„Nein, aber es wäre trotzdem nett gewesen sie zu treffen.“ Er strich dem Pferd wieder über die Nase obwohl es ihm Mühe bereitete den Arm zu heben.

„Warum verwandelt sie sich nicht zurück?“ fragte ich. Torean warf Corvina einen Blick zu und das Pferd nickte.

„Sie kann nicht. Nur bei Vollmond und am Tag davor und danach kann sie wieder zum Menschen werden.“

„Oh, was macht sie wenn sie sich zwei Tage nach Vollmond verwandelt?“

„Sie versucht es zu vermeiden. Ansonsten wartet sie ab oder verwandelt sich in etwas anderes.“

„In etwas anderes? Ein Pony?“

„Sie kann sich in jedes Tier verwandeln das sie in ihrem Leben berührt hat. Außer in Insekten.“ Er sagte zu dem Pferd: „Corvina, verwandle dich doch mal in etwas handlicheres, ich vermisse meinen Hund.“

Ihre Umrisse verschwanden und ein großer schwarzer Hund stand vor mir und wedelte mit dem Schwanz. Der Hund ließ sich neben Torean nieder und legte den Kopf auf seinen Schoß. Torean kraulte sie, während ich den Elfen erklärte wohin das Pferd verschwunden war. Nach und nach untersuchten alle Elfen den schwarzen Hund. Kamen sie Torean dabei zu nahe, knurrte Corvina die Elfen an, ansonsten ließ sie aber alles über sich ergehen.

Torean schlief bald ein und Corvina lag winselnd neben ihm. Es war herzzerreißend. Ich besorgte etwas zu Essen und teilte mit ihr. Ab und zu sah ich nach Torean. Er war schwerer verletzt als Marc und Brand, aber Lebensgefahr bestand nicht mehr.

 

Die Elfen hatten in der Zwischenzeit ein Lager aufgebaut. Einige Zelte standen auf der Lichtung und ein Kreis aus Steinen begrenzte eine offene Feuerstelle.

Die Nacht brach herein und Torean schlief immer noch. Er bewegte sich unruhig auf seinem Lager hin und her und wachte schließlich kurz vor Mitternacht vor Schmerzen auf. Dorla hatte sich hingelegt und war eingeschlafen, aber Corvina stand sofort auf, trottete zu ihr hinüber und weckte sie, als sie Torean stöhnen hörte. Sie stupste ihr ihre kalte, feuchte Nase gegen die Wange und winselte leise. Dann kehrte sie sofort an Toreans Seite zurück.

Sein Zustand hatte sich doch verschlechtert. Ich war noch nicht sehr ausgeruht, aber ich verwandte meine gesamte Energie darauf Torean zu Heilen. Er sank zurück auf sein Lager und dankte mir. Dann beobachtet er einen Punkt hinter mir. Ich drehte mich um, um zu sehen was ihn interessierte. Corvina stand hinter mir. Sie legte mir eine Hand auf die Schulter und sagte: „Ich danke dir sehr für deine Hilfe. Kann ich dir etwas von meiner Energie abgeben?“

„Das ist eine gute Idee, aber es funktioniert leider nicht. Ich habe es schon früher versucht. Nur über Nahrungsmittel kann ich etwas mehr Energie gewinnen.“

„Nun, dann werde ich sehen was ich sonst tun kann.“ Sie kniete sich neben Torean und griff nach seiner Hand. Sie untersuchte seine Verletzungen und ging dann in den Wald. Nach kurzer Zeit kam sie mit einer Handvoll Kräuter zurück, die sie zerquetschte und auf seinen Arm legte. Dann bastelte sie eine Schiene aus Ästen und einem Seil für sein Bein und schließlich ging sie zu ihrem Bündel und holte etwas, das sie in Wasser auflöste und Torean zu trinken gab. Dann drehte sie sich zu mir um und sagte: „Wenn du die Energie zum Heilen brauchst, legst du dich besser hin und schläfst noch ein wenig. Ich passe auf Torean auf und wecke dich, falls es ihm schlechter geht. Hier, das sind die letzten, iss sie bevor du dich wieder hinlegst.“

Sie reichte mir einige der leckeren Plättchen und ich nickte und ging. Sie setzte sich neben Torean und wartete darauf, dass er wieder einschlief. Ich hörte sie leise singen und schlief ebenfalls bald ein.

Als ich am Morgen erwachte, saß Corvina immer noch neben Torean. Als ich aufstand und hinüberging, stellte ich fest das die beiden sich unterhielten. Torean sah viel besser aus und Corvina lächelte als sie mich sah. Sie sagte: „Es geht ihm schon viel besser. Nicht wahr?“ Sie drehte sich zu Torean um und er stimmte zu: „Das stimmt. Ich habe zwar noch Schmerzen aber ich fühle mich nicht mehr so schwach.“

„Das ist gut. Wenn es dir nichts ausmacht, spare ich dann heute meine Energie und versorge dich auf nicht-magische Weise. Aber wenn die Schmerzen schlimmer werden sag bescheid.“ Torean nickte und ich ging zu den Elfen hinüber.

Ich traf den Anführer der Gruppe und er fragte mich: „Hast du gut geschlafen Dorla?“

„Ja , habe ich. Und du?“

„Im Wald schlafen Elfen immer gut, auch wenn wir weit von unseren Heimatwäldern entfernt sind.“

„Kannst du mir sagen wo der Prinz sich aufhält? Es ist ihm doch nichts zugestoßen, oder?“

„Nein, mach dir keine Sorgen, er wird noch heute hier auf diese Lichtung kommen.“

„Gut, ich habe ihm einiges zu erzählen.“

„Er hat sich im Kampf gegen die Räuber gut geschlagen.“ Er sah zu Corvina hinüber: „Wo kommt die junge Frau eigentlich her?“

„Sie ist Toreans Gefährtin, der Hund von gestern und du erinnerst dich doch sicher an die große schwarze Stute.“

„Ja natürlich, sie sah dem Pferd des Zauberers ähnlich. Er reitet einen riesigen, schwarzen, geflügelten Hengst. Wir haben ihn bis jetzt nur von weitem gesehen.“

Plötzlich stand Corvina neben uns und sagte: „Wirklich? Ich habe ihn schon von näher gesehen als mir lieb war. Wenigstens hat er ein schmerzhaftes Andenken an mich. Das war auch der Grund weswegen die Räuber uns fast umgebracht hätten.“

„Wo hast du ihn getroffen?“ fragte der Elf.

„Im Gesicht. – Ach, du meinst den Ort? Genau an der Stelle, an der Torean fast verblutet wäre. Ich bin direkt in sein Pferd gelaufen, als ich vor seinen Räubern flohen.“

„Was wollten die Räuber von dir?“

„Sie suchten nach einem Gegenstand, den wir aber schon längst nicht mehr hatten, die Elfen haben ihn mitgenommen. Was will er eigentlich erreichen?“

„Macht, Reichtum... er will sich das Königreich einverleiben und falls er es schafft, versucht er danach sicher die anderen auch noch zu bekommen.“ erklärte Dorla.

„Und ihr wollt das verhindern? Ich würde euch gerne helfen. Ich kämpfe nicht besonders gut, aber ich kann Bogenschießen und in Tiergestalt bin ich eine sehr unauffälliger Kundschafterin.“

„Torean könnte seinen Weg sowieso nicht fortsetzen, er braucht noch ein paar Tage Ruhe, hier ist er relativ sicher.“

„In Ordnung, wenn ich eine Aufgabe für dich habe, sage ich dir bescheid.“

„Ich könnte auch beim Kochen helfen.“

„Gut, du kannst gleich anfangen, wir brauchen alle ein Frühstück.“

Ich beobachtete Corvina. Sie mischte Eier, Mehl und Milch und buk den Teig in einer Pfanne aus. Die Elfen beäugten sie ebenfalls. Hoffentlich kam bei ihrer Aktion etwas essbares raus. Sie wandte sich an einen der Elfen und er verschwand im Wald und kam kurze Zeit später mit Erdbeeren wieder. Als sie uns „zu Tisch rief“ standen sofort alle um sie herum. Inzwischen hatte sich ein verführerischer Duft ausgebreitet. Sie hatte aus den Erdbeeren eine Soße bereitet und sie auf die labberigen Teigfladen gestrichen. Danach hatte sie sie zusammengerollt und auf saubere Blätter gelegt.

Nach dem Essen fragte ich sie nach dem Rezept. Corvina bot mir an es aufzuschreiben, ich war erstaunt: „Du kannst Schreiben?“

„Ja, natürlich und Lesen auch. Ich kann in drei Schriftarten fließend schreiben. Wie sieht deine Handschrift aus? Schreib mir doch mal etwas auf den Boden hier.“

Ich kam ihrer Bitte nach und sie sah mir interessiert beim Schreiben zu.

„Ah gut, ihr benutzt die gleiche Schrift wie wir. Ich dachte schon ich müsste vielleicht meine Sütterlin-Kenntnisse aus meinem Gedächtnis hervorkramen.“

„Zeig du mir nun deine Handschrift.“ Bat ich sie. Sie griff in ihr Bündel und zog ein dünnes Buch hervor.

Sie reichte es mir und sagte: „Hier, das sind meine Gedichte, Lieder und was ich sonst für aufschreibenswert hielt. Du darfst sie gerne lesen, ich habe leider nicht sehr ordentlich geschrieben.“

Ich nahm es und suchte mir einen Platz um es zu lesen. Über die Hälfte der Seiten waren eng beschrieben, manchmal waren kleine Zeichnungen auf den Seiten. Einige Zeilen waren in einer sehr regelmäßigen, aber schwer zu entziffernden Schrift eingefügt worden, anderes war in einer mir unbekannten Sprache verfasst.

 

Während Dorla las, kümmerte sich Corvina um Torean. Sie brachte ihm etwas zu essen und untersuchte noch einmal seine Wunden. Dann kochte sie Tee für ihn und brachte ihm sein Schwert. Er fühlte sich wohler wenn es sich in greifbarer Nähe befand. Sie bemerkte das einige Elfen zu einem Erkundungsgang aufbrachen und fragte sich, wie viele Räuber sich wohl noch in der Gegend aufhielten.

 

Ich setzte mich zu Torean und Corvina und unterhielt mich mit ihnen. Corvina wechselte ein paar mal die Gestalt um mir zu zeigen wie die Verwandlung ablief. Als sie etwas später das Mittagessen kochte, erzählte Torean mir, wie er Corvina kennen gelernt hatte und was er mit ihr erlebt hatte.

 

Auf einmal kamen die Elfen wieder. Sie stützten ein Mädchen, das ein zerrissenes Gewand und einen Arm in einer provisorischen Schlinge trug. Ich ging sofort zu ihnen hinüber und heilte ihren Arm und die Schulter. Danach fühlte ich mich schwach, aber einer der Elfen brachte mir den Schlauch mit dem Honig und nach ein paar tiefen Zügen ging es mir besser.

Das Mädchen stand auf einmal wieder neben mir und fragte mich: „Seid ihr die weise Frau Dorla?“

Als ich nickte fügte sie hinzu: „Ich wurde losgeschickt um dir etwas zu bringen.“ Sie griff in ihre Tasche und gab mir einen walnussgroßen, meergrünen Edelstein. „Ich denke du wirst ihn gut gebrauchen können.“

Ich nahm den Stein in die Hand und erschrak. Energie durchflutete mich und riss mich beinahe von den Füßen. Ich hatte meinen Mond gefunden.

 

Ich wollte natürlich wissen wo der Stein herkam und warum sie ihn mir gebracht hatte, aber sie erzählte mir nicht viel. Ich würde wohl direkt zum Meer reisen müssen, wenn das Chaos vertrieben war, um mehr herauszufinden. Ich bedankte mich bei ihr und fragte sie, ob ich ihr irgendwie helfen könnte, aber sie wollte nur so schnell wie möglich nach Hause. Ich fragte Corvina, ob sie mir helfen könnte, denn ich war mir sicher, dass sie eine Idee hatte wie man Thyra schnell in ihre Heimat bringen konnte. Corvina reichte Thyra die Hand und nach einem kurzen Gespräch verwandelte sie sich in einen riesigen Pegasus. Ein Elf half Thyra beim Aufsteigen und Corvina hob ab und flog in Richtung Nordwest.

Ich betrachtete noch einmal den Stein und ging dann zu Torean. Er saß immer noch unter dem Baum. Mit den nun verfügbaren Energien, heilte ich ihn innerhalb weniger Augenblicke. Er stand überrascht auf und bedankte sich. Dann schritt er zu den Elfen hinüber und informierte sich umfassend, um die ganze Situation abschätzen zu können.

Als der Abend hereinbrach kam Marc. Er freute sich mich zu sehen und auch Brand grinste über das ganze Gesicht. Ich stellte ihnen Torean vor und berichtete von seinem Kampf gegen die Übermacht von acht Räubern. Der Prinz fragte ihn, ob er sich uns anschließen wolle und er sagte ja. Allerdings stellte er die Bedingung, dass Corvina damit einverstanden war. Die Männer verstanden sich auf Anhieb und ich ließ sie allein und unterhielt mich mit den Elfen.

Auf einmal bemerkte ich, dass Torean in den Himmel starrte. Der Prinz und Brand sahen ihn irritiert an, aber Torean sah weiter hoch und streckte schließlich einen Arm aus. Ich hörte Marc sagen: „Was machst du da?“ Und dann sah ich einen kleinen Schatten am Himmel.

Eine große Eule flog auf Toreans Arm zu und er fing sie geschickt auf. Sie hüpfte auf sein Handgelenk und er kraulte sie am Kopf. Dann setzte er sie auf den Boden. Brand und Marc starrten ihn und den Vogel an. Ich sah wie Torean lachte und gestikulierend irgendetwas erklärte und bemerkte, dass die Eule auf Brand zuhopste und ihn beäugte. Vor ihm blieb sie stehen und verwandelte sich in Corvina zurück. Brand trat einen Schritt zurück und legte die Hand an sein Schwert, doch dann lachte er und schüttelte Corvina die Hand.

 

Ich wurde dem Prinzen und seinem Freund vorgestellt. Ich erinnerte mich an meine Manieren und machte einen Hofknicks. Torean fielen fast die Augen aus dem Kopf. Ballettunterricht macht sich halt doch bemerkbar.

Der Prinz fragte mich ob ich sie bei ihrem Kampf gegen den Magier unterstützen würde. In meinem Kopf erklang Toreans Stimme: <<Ich sagte ihnen dass du zu entscheiden hättest>>

<<Bist du damit einverstanden?>>

<<Ja, natürlich. Der Magier muss gestoppt werden.>>

So sagte ich: „Ich biete euch meine Fähigkeiten und Toreans Schwert an.“

„Ich danke dir, ihr werdet unsere Truppe sicher bereichern.“

„Kann mir jemand erklären worum es eigentlich genau geht?“

„Brand!“ der Prinz wandte sich an seinen Freund, der sofort nickte und seinen Arm in einer einladenden Geste in Richtung Baum schwenkte. Ich lachte und ging voraus.

Brand erzählte mir von den Kämpfen gegen die Räuber und dass sie fast alle gefangen oder getötet hatten. Der Magier war dadurch geschwächt worden, weil er die Lebensenergie der Räuber benutzte um seine Zauberkraft zu ergänzen. Deshalb war er momentan in einem geschwächten Zustand und leicht angreifbar.

„Was wollt ihr mit ihm machen, wenn ihr ihn gefangen habt?“

„Wir werden ihn dem magischen Rat übergeben. Die werden beschließen was mit ihm geschehen wird.“

„Wie fängt man einen Magier? Er kann sich doch sicher mit seiner Magie wehren.“

„Aber nur wenn er genug Energie hat und wir suchen etwas, was ihm seine Energiereserven nehmen wird.“

„Aha, was ist das?“ Brand sah mich prüfend an.

„Es ist ein juwelenbesetzter Dolch. Mit diesem Dolch kann man ihn sogar töten.“

Sein Gesichtsausdruck als ich lachend zusammenbrach war bemerkenswert.

 

 

23. Sorcha: Wieder auf der Suche nach dem Dolch

 

Natürlich machte ich mich gleich, nachdem ich erklärt hatte dass ich wusste wo der Dolch war, auf den Weg um den Dolch zu holen. Ich hoffte das Farn ihn noch hatte. Torean ließ ich zurück, mit Farn konnte ich mich auch allein verständigen.

Es machte mir zwar Spaß zu fliegen, aber selbst das verlor nach einiger Zeit an Attraktivität. Ich schwebte als Rabe auf Aufwinden über dem Wald und suchte nach Farn. Er hatte gesagt er wolle nach Norden, also flog ich in diese Richtung.

Ich suchte bis in den späten Nachmittag hinein, dann landete ich und machte eine Pause. Ich verwandelte mich in meine angestammte Gestalt zurück und schritt durch den lichten Wald. Das Laub raschelte unter meinen Füßen und ich hörte kleine Tiere durch das Unterholz huschen. Ich lief etwa eine Stunde durch den Wald und hing meinen Gedanken nach als plötzlich ein Wolf vor mir stand und mich anknurrte. Ich blieb stocksteif stehen und beobachtete ihn genau. Der Wolf verfolgte die gleiche Taktik. Wir starrten uns bestimmt eine Minute lang an, als eine Gestalt hinter einem Tannenwäldchen hervortrat und fragte: „Wystan, wo bleibst du?“

Der Wolf drehte sich kurz um und knurrte mich dann wieder an. Das lenkte die Aufmerksamkeit der Frau auf mich. Sie trat an die Seite des Wolfes und fragte: „Wer seid ihr und was ist euer Begehr?“

„Mein Name ist Corvina und ich laufe einfach nur durch den Wald und suche jemanden.“

„Seid ihr verletzt?“

„Nein. Ich suche nur zwei Freunde, habt ihr hier jemanden vorbei kommen sehen?“

„Nein, habe ich nicht. Es tut mir leid, wenn mein Wolf euch erschreckt hat. Mein Name ist Gwendolyn“ Sie musterte mich und mein nicht vorhandenes Gepäck und fragte: „Kann ich euch einen Becher Wasser anbieten?“

In diesem Moment spürte ich wie ausgetrocknet meine Kehle war und ich nickte und sagte: „Das könnte ich jetzt wirklich gut vertragen, vielen Dank.“

Ich folgte ihr zu einer kleinen Hütte auf einer Lichtung. An einer Seite der Hütte befand sich ein kleiner gut gepflegter Gemüsegarten. Die junge und wunderschöne Frau zeigte auf eine Bank und brachte mir kurze Zeit später einen Becher voll Wasser. Ich trank ein paar Schluck und sah mir dabei die Umgebung an. „Hier ist es wunderschön. Und sehr friedlich. Es muss angenehm sein hier zu wohnen.“

„Oh ja, es ist sehr schön hier, aber dies ist nicht mein Haus, ich passe nur für eine gute Freundin darauf auf, bis sie wieder zurückkommt.“

„Ich bin auf der Suche nach einer meiner Freundinnen. Wir haben uns aus den Augen verloren und ich vermisse sie sehr. Aber vorher habe ich mich noch einer anderen Sache verschrieben, die erledigt werden muss. Ach, ich hoffe es geht ihr gut, wo auch immer sie sein mag.“

 

Sie nickte und blickte ins Leere. Auf einmal tauchte der Wolf wieder auf und legte ihr den Kopf auf den Schoss. Sie nahm seinen Kopf in die Hände und sah im in die Augen. Als sie ihn losließ kam er zu mir und legte mir seinen Kopf aufs Bein. Ich lachte und streichelte ihm die Ohren. Und vor dem habe ich Angst gehabt.

 

Gwendolyn überlegte kurz und sagte dann zu Corvina: „Wystan hat die Spuren von zwei Fremden gefunden, aber ich glaube nicht das es die sind die ihr sucht.“

Sie sah Corvina fragend an, als ob sie versuchte in ihrem Gesicht zu lesen.

Corvina fragte: „Waren es menschliche Spuren oder die von Elfen?“

„Die von Elfen. Ich kann es kaum glauben, ihr seid mit Elfen befreundet?“

„Ich traf sie durch Zufall und wir reisten eine Zeit lang zusammen. In welche Richtung muss ich?“

„Wystan fand die Spuren im Nordosten und sie waren noch nicht alt.“

Corvina streichelte noch einmal den Kopf des Wolfes und dabei kam ihr eine Idee. Sie fragte Gwendolyn: „Kann er mich dahinführen?“ Als sie das fragende Gesicht Gwendolyns sah, fügte sie hinzu: „Ich könnte von dort aus ihrer Spur folgen.“

„Nun, du kannst es zumindest versuchen.“ Gwendolyn sprach mit Wystan und er lief voraus in den Wald. Corvina verabschiedete sich und rannte hinterher.

An einer Stelle, die einem Wildwechsel ähnelte, blieb er stehen und legte den Kopf schief. Dann rannte er zurück zu Gwendolyn. Als er außer Sicht war verwandelte Corvina sich in einen Wolf und folgte der Fährte so schnell sie konnte.

 

Als der Abend hereinbrach wusste ich das sie nicht mehr weit weg sein konnten. Ich folgte meiner Nase und stieß bald auf eine Lichtung. Mitten darauf lagen zwei Gestalten und schliefen. Elfen!

Ich lief zu Farn und weckte ihn indem ich ihm meine nasse Nase auf die Wange drückte. Er sprang auf und griff nach seinem Schwert und ich verwandelte mich zurück.

„Corvina?“

Ich grinste ihn breit an „Na? Überrascht?“

 

Corvina erklärte Farn das sie den Dolch noch mal brauchte. Dann befiel sie auf einmal eine bleierne Müdigkeit und sie vereinbarten an nächsten Morgen darüber zu sprechen. Als Farn sah das Corvina sofort auf dem Boden eingeschlafen war und keine Decke hatte, legte er sich neben sie und deckte sie mit seiner zu. Er erwachte als die ersten Sonnenstrahlen auf die Lichtung fielen und stand leise auf und machte ein Feuer. Corvina schlief wie ein Stein, aber Ivy wachte kurz nach Sonnenaufgang auf. Sie unterhielten sich leise. Ivy wollte wieder in den Nordwald zu ihren Freunden aber Farn wollte Corvina begleiten. Sie beschlossen sich zu trennen. Noch bevor Corvina erwachte machte Ivy sich auf den Weg nach Norden. Farn setzte sich ans Feuer und beobachtete Corvina die sich in seine Decke gekuschelt hatte und immer noch tief schlief. Er beschloss sie zu wecken.

 

Farn weckte mich. Ich hatte lange geschlafen und war immer noch müde. Er war darüber verwundert und ich erzählte im was in den letzten Tagen alles geschehen war. Wir machten uns sofort auf den Weg und zwar zu Fuß. Farn rannte geräuschlos durch den Wald und ich saß als Maus in seiner Tasche und schlief noch etwas. Als ich erwachte und meine Nase aus der Tasche steckte blies mir der Wind um die Ohren. Ich fiepte laut und Farn blieb stehen und holte mich vorsichtig aus seiner Tasche. Ich verwandelte mich in meine normale Gestalt und fragte ihn wo die nächste Strasse ist. Sie war nicht weit, also liefen wir hin. Ich verwandelte mich in die große Stute, die Torean einst auf dem Markt verkauft hatte und wir galoppierten zu den anderen. Am frühen Nachmittag trafen wir auf der Lichtung ein.

 

Corvina erschrak als sie die Lichtung betraten. Einige Elfen lagen verletzt auf dem Boden und Torean, Brand, Duncan, Marc und Alant hielten offensichtlich Kriegsrat. Als Torean sie und Farn erblickte stürzte er auf sie zu: „Corvina, ich bin froh dich zu sehen, geht es dir gut?“

„Das sollte ich wohl eher dich fragen! Was ist geschehen?“

Marc kam ebenfalls herüber: „Wir wurden überfallen. Umrodered muss einen Zeitpunkt abgewartet haben an dem nur wenige von uns hier im Lager waren und hat mit einer großen Überzahl von Räubern zugeschlagen.“

Auch Duncan mischte sich ein: „Von denen kaum noch welche über sind. In dem Chaos starben vier Leute und sie haben Dorla entführt.“

 

Der Magier hatte Dorla in sein Hauptquartier, ein großes halb verfallenes Haus, verschleppt. Bei keinem der toten Räuber fanden wir ihren Ozeanit. Die Elfen hatten das Gelände um das Haus schon begutachtet und einen kleinen Eingang gefunden, aber es waren zu viele Räuber in der näheren Umgebung, die ihn bewachten.

Torean beratschlagte mit Alant das weitere Vorgehen und Marc überprüfte unsere Streitmacht. Ich war damit beschäftigt mir Sorgen zu machen.

Unsere Ausrüstung lag teilweise verstreut auf dem Boden herum und mit Farn und einigen anderen Elfen sammelte ich alles auf was mir noch brauchbar erschien. Danach überprüfte ich unsere Vorräte. Viel war nicht mehr übrig. Ich fand Dorlas Honigschlauch und steckte ihn in meinen Rucksack. Ihre Waffen verwahrte Farn.

Ich beobachtete meine Umgebung sehr genau. Alle waren besorgt, aber Alant war außerdem noch bestürzt. Irgendetwas an seinem Verhalten sagte mir das Dorla wichtiger war als ich geahnt hatte und dass ihr Verlust eine tiefe Kerbe in unser Schild schlagen würde und zwar nicht nur weil uns ihre Heilkräfte fehlten.

In Ermangelung einer Heilerin fragte ich die Verletzten ob ich ihnen helfen könnte und so verband ich bald einige Wunden und versorgte sogar einen Knochenbruch. Ich konzentrierte mich auf diese Aufgabe und schickte Farn in den Wald um Kräuter zu suchen. Als ich das nächste Mal aufsah, stand Torean hinter mir und sah mir zu.

<<Kann ich dich mal sprechen?>>

<<Na sicher.>> Ich verknotete die Enden des Verbands und wandte mich Torean zu. „Was ist?“

„Ich wollte dir nur erzählen was wir gerade besprochen haben.“

 

 

24. Dorla: Gastfreundschaft

 

„Nein!“

„Was sagtest du?“ fragte Umrodered.

„Ich sagte nein.“ Wiederholte Dorla etwas lauter, „Das mache ich auf keinen Fall!“

„Du solltest mir die Auskunft geben die ich verlange!“

„Nein, sagt was ihr wollt, sucht euch jemand anderen, ich weiß nichts und sage nichts.“

„Du bist meine Geisel, du hast zu gehorchen.“

„Ihr werdet mich nicht zwingen.“

„Wir werden ja sehen! Rogan!“

 

Das war das erste Gespräch nachdem ich auf dem Boden eines großen verfallenen Raumes aufgewacht war. Danach wurde ich in den Kerker geschleppt. Dort blieb ich und nachdem ich mich genau umgesehen hatte, konnte ich nur noch auf Rettung hoffen.

Der Handlanger des Magiers brachte mir jeden Tag etwas Wasser und Brot, manchmal auch Reste aus der Küche. Ich flehte ihn an mich aus dem Kerker zu lassen aber er war seinem Herren hörig und man konnte nicht mit ihm reden.

Jeden Tag kam Umrodered und versuchte herauszufinden wo der Dolch sein konnte.

Als ich nach sechs Tagen immer noch nicht gewillt war mich zu seinen Fragen zu äußern, bekam ich nur noch Wasser. Nach weiteren drei Tagen fühlte ich mich leicht und spürte keinen Hunger mehr. Jegliche Kraft in meinem Inneren entschwand und ich fragte mich ob von den anderen noch jemand lebte. Ich wurde wieder zum Magier gerufen und dieses Mal trug Rogan mich die Treppe hoch. Mein Hemd war zerrissen und fleckig und meine Rippen zeichneten sich deutlich darunter ab.

 

„Und Hexe, wirst du heute reden?“

„Ich habe euch nichts zu sagen.“ Meine Stimme klang schwach aber klar und sie hallte in dem großen Saal wieder.

„Wenn ihr mich sofort sagen werdet was ich wissen will, werde ich zu anderen Maßnahmen greifen.“

Ich schwieg ihn an.

„Rogan!“ Er machte eine Handbewegung und Rogan fesselte mich an eine Säule. „Lass uns allein.“ Rogan verschwand.

Der Magier stand neben mir und hielt mir ein Messer an die Kehle.

„Sag mir jetzt sofort wo ich den Dolch finden kann oder ich schnitze dir mit diesem hier ein neues Gesicht.“

„Ich weiß nichts von einem Dolch.“

Er schnitt mich nicht, aber er würgte mich bis ich mich besinnungslos stellte und an der Säule zusammensackte. Dann ließ er von mir ab und ging aus dem Raum.

Ich öffnete die Augen und versuchte die Fesseln abzustreifen. Es gelang mir nicht, obwohl meine Handgelenke wesentlich schlanker geworden waren. Ich würde ihm auf keinen Fall verraten wo sich der Dolch befand. Ohne ihn hätten wir keine Chance mehr gegen den Finstermagier vorzugehen.

Ein Geräusch riss mich aus meinen Gedanken. Ich sah mich um und entdeckte eine Ratte, die auf mich zulief. Sie verschwand hinter der Säule und ich spürte das sie an meinen Händen schnüffelte, dann begann sie die Fesseln anzuknabbern. Einen Augenblick später hörte ich wieder ein Geräusch, der Magier kam zurück.

Ich zog an den Fesseln aber sie gaben noch nicht nach.

„Na? Wieder unter den Lebenden?“

„Ich bin nur müde, nicht tot.“

„Noch nicht.“ Dieses mal hatte er einen Räuber mitgebracht und dieser ließ mich das Messer schmecken. Meine Arme waren von kleinen Schnitten und Stichwunden übersät als ich wirklich das Bewusstsein verlor. Als ich wieder erwachte waren meine Hände frei.

„Corvina?“ Ich sah mich um, konnte sie aber nicht entdecken. Die Wunden an meinen Armen schmerzten, aber ich hatte nicht genügend Energie um mich zu heilen. Nach einiger Zeit kam Rogan und schleppte mich wieder in die kleine kalte Kerkerzelle ohne Fenster und Licht.

Ich versuchte meine Kräfte zu sammeln, aber es wollte mir einfach nicht gelingen. Diesen Tag bekam ich noch nicht einmal Wasser in meine Zelle. Irgendwann bemerkte ich eine Bewegung vor dem Türgitter. Eine Maus kletterte durch das Gitter und huschte zu mir herüber. Im nächsten Moment stand Corvina neben mir und legte einen Finger an ihre Lippen. Sie griff in ihr Bündel und zog einen Schlauch voll Honig hervor, den sie mir an die Lippen setzte. Kaum hatte ich etwas davon getrunken, merkte ich wie mir neue Energie zuflutete. Corvina half mir auf und fragte: „Geht es dir etwas besser?“ Ich nickte „Kannst du laufen?“

Ich versuchte es: „Ich denke nicht.“

„Ich werde dich schon wieder aufpäppeln. Kann er Magie in seinem Umkreis erspüren?“

„Nein. Ich glaube diese Fähigkeit hat er nicht.“

 

Ich kümmerte mich um ihren Arm. Sicherlich würde sie noch einige Zeit brauchen bis sie sich selbst heilen konnte. Als ich gerade das Blut abwischte fiel mir etwas ein: „Du darfst deinen Arm nicht heilen ehe du hier heraus bist, sonst wird er Verdacht schöpfen.“

Ihr Blick ließ mich Schaudern.

 „Kannst du die Schmerzen unterdrücken?“

Sie schüttelte den Kopf: „Dass kann ich nur bei anderen.“

„Dann nimm das hier.“ Ich reichte ihr eine meiner Schmerztabletten und sie schluckte sie. Kurze Zeit danach entspannte sie sich etwas. Dann fragte sie: „Wo ist der Dolch? Hast du ihn gefunden? Wie geht es den anderen?“

„Der Dolch ist in Sicherheit, die anderen überlegen wie sie den Magier überraschen können. Hast du eine Schwachstelle bei ihm entdeckt?“

„Ich habe ihn beobachtet und er setzt nie Magie ein. Vielleicht kann er nur diesen einen Zauber, mit dem er sich die Räuber hörig gemacht hat.“

„Das werde ich den anderen sagen. Trink den Honig und dann ruh dich etwas aus. Ich komme später wieder.“

 

Corvina wartete bis ich den Schlauch leergetrunken hatte und huschte dann wieder als Maus davon. Ich verteilte die zurückgewonnene Energie in meinem Körper und setzte mich auf. Die Schnitte an meinem Arm taten weh, aber nicht mehr so sehr wie vor dem Mittel das ich von Corvina bekommen hatte. Ich wartete, erfüllt von neuer Hoffnung und überlegte wie wir den Magier besiegen könnten.

 

 

25. Torean: Die Befreiung

 

Als Corvina sich auf den Weg gemacht hatte, traf ich mich mit den Elfen und dem Prinzen. Ich hatte eine Idee und wollte mit ihnen abklären ob mein Plan funktionieren könnte. Wir besprachen einige Details und dann warteten wir auf Corvina. Die Elfen waren besorgt und wollten Dorla so schnell wie möglich befreien.

Corvina huschte mir entgegen und verwandelte sich vor uns zurück.

„Es geht ihr den Umständen entsprechend gut. Er hat sie gefoltert um zu erfahren wo der Dolch ist. Ich werde wieder zu ihr zurückkehren und sie aus der Zelle holen. Vielleicht schaffen wir es ohne Kampf zu entkommen.“ Berichtete sie.

„Du solltest kein Risiko eingehen. Versuche nur sie in Sicherheit zu bringen. Hast du dich umgesehen?“

„Ja, ich kann euch einen Plan zeichnen.“

Corvina fertigte einen Plan des Hauses an und zeichnetet ein, wer sich wo aufhielt. Wir berieten eine Zeit lang und erklärten Corvina was wir vorhatten. Sie nickte und verschwand wieder in Richtung Haus.

 

Ich schlich mich als Katze an das Haus heran und schlüpfte durch die Spalte in der Mauer wieder in den Kerker. Ich sah mich genauer um und entdeckte den Schlüssel für die Zelle an einem Haken an der gegenüberliegenden Wand. Ich öffnete leise die Tür und hängte den Schlüssel zurück, dann sah ich nach Dorla. Sie war eingeschlafen und ich weckte sie. Sofort setzte sie sich auf und ich gab ihr noch etwas Honig. Während sie trank erläuterte ich ihr unseren Plan. Sie sah schon viel besser aus und konnte auch wieder Laufen. Nachdem sie sich meine Erläuterungen angehört hatte strich sie mit den Händen über ihre Arme und die Wunden verschwanden. Ich reichte ihr das Kurzschwert das ich in ihrem Bündel gefunden hatte und einen Dolch, der von den Elfen hergestellt worden war. Dann gab ich ihr ihre Stiefel. Wir schlichen aus dem Keller nach oben und versuchten zur Tür zu kommen, doch Rogan lief uns über den Weg und gab Alarm.

 

Wir hörten das Geschrei von drinnen und stürmten das Haus. Es gab keine Abwehrzauber und wir stießen auf fast keinen Widerstand. Die Handvoll Räuber die sich uns widersetzten, überrannten wir auf dem Weg in den Hauptsaal. Als wir dort eintrafen sahen wir Dorla, die von einem Mann festgehalten wurde und mitten im Raum stand. An der Stirnseite des Raumes stand der Magier in seiner weiten schwarzen Robe und drohte: „Einen Schritt weiter und die Frau ist tot.“ Im selben Moment stand Corvina hinter ihm und hielt ihm den Dolch an den Hals. „Befiehl ihm sie loszulassen oder du bist ein toter Mann.“

 

Ich merkte wie er zusammensackte als ich den Dolch an seinen Hals presste.

„Lass sie gehen.“ Rogan ließ Dorla los, die sofort von zwei Elfen gestützt aus dem Haus gebracht wurde. Torean kam auf mich zu. Ich lockerte meinen Griff, als ich hinter ihnen hersah und in diesem Moment schlug mir der Magier seinen Ellenbogen in den Magen. Als ich mich krümmte versuchte er mir den Dolch zu entreißen. Ich hielt ihn fest umklammert und er zog ein kleines Messer aus seinem Stiefel. Ich spürte den Schmerz als sich die Klinge in meinen Arm bohrte.

 

Torean sah den Angriff des Magiers kommen und rannte los. Er hörte Corvinas Aufschrei und schlug mit seinem Schwert nach dem Magier. Er traf ihn am Hals. Das Blut spritzte und Umrodered sank auf die Knie. Er warf Torean einen letzten ungläubigen Blick zu und starb.

Torean kniete sich neben Corvina und untersuchte ihren Arm. „Das ist nur eine Fleischwunde, sie wird schnell verheilen.“

Corvina sah ihn mit tränengefüllten Augen an: „Es tut aber trotzdem weh.“

„Das geht bald vorbei. Warte einen Augenblick.“ Er stand auf und rannte zu den Elfen hinüber um sich gestikulierend mit ihnen zu Unterhalten.

 

Corvina warf einen Blick auf den Magier. Der Dolch steckte in seinem Fuß. „Ohne ihn hätten wir nichts gegen ihn ausrichten können.“ flüsterte sie. Shade antwortete: „Nun, ihr habt es geschafft, das ist doch die Hauptsache.“

Tune erklärte: „Seine Seele wird nie wieder einem Lebewesen zugeteilt werden. Ventosus wird sie in die Winde eingliedern und Ignis wird sie danach vernichten und eine neue erschaffen.“

„So wird zumindest diese Boshaftigkeit nicht weiter existieren.“

„Das ist gut.“ Die beiden verschwanden und nahmen den dunkelgrauen Schemen mit sich. Corvina fühlte sich als wäre ihr Inneres schal geworden.

 

Ich lief mit einem Stück Stoff von den Elfen zurück und half Corvina beim Aufstehen. Sie presste eine Hand auf die Wunde um die Blutung zu stillen. Ich wollte sie nach draußen bringen aber sie zeigte auf den Magier und sagte: „Wir brauchen Dorlas Stein. Er hatte ihn bestimmt bei sich.“

Ich durchsuchte seine Robe und fand den Stein in einer kleinen Tasche.

Corvina hatte in der Zwischenzeit ihren Arm verbunden. Ich überholte sie auf dem Weg nach draußen und führte sie zu Dorla. Mit der Energie des Steins war es für Dorla eine Kleinigkeit alle zu heilen.

 

 

26. Sorcha: Erinnerungen

 

Dorla sah schlecht aus. Sie strotzte zwar wieder vor magischer Energie, aber sie war unheimlich abgemagert. Die Elfen waren sichtlich besorgt und der Prinz entschuldigte sich ein ums andere Mal bei ihr. Dorla winkte ab. „Jetzt beruhigt euch doch mal, wir haben das ganze überstanden.“ Dann hörte ich wie sie zu dem Prinzen sagte: „Du solltest dich waschen und dich dann auf den Weg machen. Deine Verlobte wartet auf dich. Sie wird dir sicher gefallen und ihre Zofe ist vielleicht etwas für Brand.“

Ich ging zu ihr hinüber: „Du kannst es wohl gar nicht erwarten wieder in deine Hütte zu kommen?“

„Am liebsten wäre ich noch heute Abend dort.“ bestätigte sie.

„Nun, ich habe durchaus Verständnis für ein gewisses Bedürfnis nach Ruhe und Frieden.“ grinste ich und sie lachte.

„Falls du mal in der Gegend bist kannst du mich ja besuchen, ich würde mich freuen.“

„Das mache ich.“ Ich Umarmte sie zum Abschied und sah ihr und den Elfen hinterher, als sie Aufbrachen. Der Prinz hatte noch mit ihr gesprochen und kam jetzt auf mich zu.

„Ich danke euch für eure Hilfe. Natürlich seid ihr zu meiner Hochzeit eingeladen, sollte es dazu kommen. Falls ihr irgendwann einmal Hilfe benötigen solltet, schickt mir eine Botschaft.“

„Ich danke euch Hoheit.“ Auch diese fünf verabschiedeten sich und ritten dann in Richtung Westreich davon.

 

Torean, Farn und Corvina standen auf einmal wieder zu dritt im Wald. Sie sahen sich an, grinsten und gingen dann in Richtung Osten um Jenny zu suchen. Am frühen Abend fanden sie eine geschützte Stelle im Wald, auf der sie ihr Lager aufschlugen. Corvina rollte sich sofort unter ihren Decken zusammen, während Torean noch etwas zu Essen bereitete und sich leise mit Farn unterhielt.

„Mir ist etwas merkwürdiges geschehen.“

„Es sind viele merkwürdige Dinge geschehen in letzter Zeit.“

„Ich habe dir doch erzählt das ich das Gedächtnis verloren habe und mich nur an die letzten zehn Jahre meines Lebens erinnern kann.“

„Ja, du erwähntest es auf unserer Reise.“

„Nun, in letzter Zeit erinnere ich mich wieder an Kleinigkeiten, die früher geschehen sein müssen.“

„Das ist doch gut. Erinnerst du dich an etwas bestimmtes?“

„Nein, aber trotzdem gibt es mir neue Hoffnung meine Eltern zu finden.“

„Vielleicht erlebst du eine Überraschung.“

„Fragt sich nur was für eine.“

 

Ich erwachte sehr früh am morgen und die beiden Männer schliefen noch. Ich packte leise meine Sachen und suchte die Quelle, die laut Farn in östlicher Richtung liegen sollte. Das erste Mal seit Tagen wusch ich mich ausgiebig und bürstete meine Haare. Danach setzte ich mich auf einen Stein neben der Quelle und sah in meinen Rucksack. Fast alles was ich von zuhause mitgebracht hatte war aufgebraucht oder verschenkt. Ich aß das letzte Stück Schokolade und ließ sie langsam in meinem Mund zergehen. Dabei lehnte ich mich auf dem Felsen zurück und überlegte wohin ich eigentlich gehen wollte. Ich konnte mir nicht vorstellen dass ich Jenny in der Stadt verpasst haben könnte. Ich beschloss meinem ersten Weg noch einmal zu verfolgen. Wo die Lichtung mit dem See und Sam war, wussten wir ja inzwischen. Ja, Fedon zu besuchen war sicher eine gute Idee.

 

Als ich erwachte und mich umsah, war Corvina verschwunden. Ihre Decke lag zusammengerollt an der Stelle wo sie die Nacht verbracht hatte, aber ihr Bündel war fort. Ich stand leise auf und ging sie suchen.

Ihre Spuren waren leicht zu finden, das Gras war mit Tau bedeckt gewesen und wo sie entlang gegangen war, zeichneten sich ihre Fußabdrücke deutlich ab. Ich fand sie an der kleinen Quelle. Sie lag mit offenem Haar auf einem Stein und hatte die Augen geschlossen. Ohne sich zu bewegen fragte sie: „Na? Endlich aufgewacht?“

Ich setzte mich neben sie und erwiderte: <<Ja, und als neuer Mensch oder wie man es nennen mag!>>

Sie setzte sich auf und sah mich an: „Wie meinst du das?“

„Die Erinnerung an meine Jugend kehrt zurück. Ich kann mich noch nicht an alles erinnern, aber an das meiste. Ich weiß jetzt das mein Vater ein Elf war und ich meine ersten Jahren im Nördlichen Wald verbracht habe. Ich erinnere mich auch an das Gesicht meiner Mutter.“

„Das ist doch gut. Weißt du warum du allein warst?“

„Nein, ich habe keine Ahnung.“

„Ich bin mir sicher, dass mit der Zeit alle Erinnerungen wiederkommen werden. Bei uns daheim nennt man das Amnesie und sie ist meist nur vorübergehend. Bei dir hat sie lange angehalten, aber vielleicht hat Dorlas Heilung deiner Gehirnerschütterung etwas dazu beigetragen die verschütteten Erinnerungen ans Licht zu bringen.“

„Das kann sein. Kommst du Frühstück machen?“

Corvina lachte: „Ich habe keine Ahnung wo ich etwas zum Frühstücken herbekommen soll. In der näheren Umgebung habe ich nichts essbares gefunden und meine Vorräte sind erschöpft. Nun, zumindest Farn wird keinen Hunger haben.“

Sie flocht ihre Haare zu einem Zopf und ich nahm ihr Bündel und trug es ihr zurück zum Lager.

 

Corvina erklärte ihren Begleitern wie sie sich den weiteren Weg vorgestellt hatte und sie machten sich ohne Frühstück auf den Weg. Mittags erreichten sie ein kleines Dorf, wo sie ihre Vorräte auffüllten. Es hatte zwar kein Gasthaus, aber sie bekamen von einer Bäuerin ein warmes Mittagessen und frisch gebackenes Brot.

Die Lichtung mit dem See erreichten sie am frühen Nachmittag und am Abend standen sie auf der Lichtung vor Fedons Höhle.

„Also irgendetwas ist anders.“ Corvina sah sich um. „Es sieht irgendwie...“

„Aufgeräumt aus?“ fragte Farn.

„Ja, wo sind die ganzen Blätter?“

In diesem Moment tauchte Fedon auf. Er schritt aus dem Wald auf dir Gruppe zu und lieb in einiger Entfernung stehen. Farn verbeugte sich leicht und ein Lächeln huschte über Corvinas Gesicht. Torean starrte ihn mit offenem Mund an und verbeugte sich schließlich auch.

Corvina schnallte ihr Bündel ab und legte es auf den Boden. Dann ging sie zu Fedon und umarmte seinen großen weißen Hals. Torean zuckte zusammen und fragte Farn leise: „Ist das nicht sehr respektlos?“

Farn wies auf Fedon, der Corvina den Kopf auf die Schulter gelegt hatte, und sagte: „In diesem Fall wohl nicht.“ Dann fügte er hinzu: „Wir werden auf jeden Fall hier übernachten, lass uns Feuerholz suchen und ein Lager aufschlagen.“

Als die Männer aus dem Wald zurückkehrten, war die Sonne untergegangen und Fedon hatte seine menschliche Gestalt angenommen. Er begrüßte die beiden und holte einige Vorräte um das Abendessen zuzubereiten. Corvina war zur Quelle gegangen um Wasser zu holen.

 

Ich hatte Durst, also lief ich zu der kleinen Quelle und holte einen Eimer Wasser. Als ich zurückkam war die Sonne untergegangen und Fedon begrüßte mich als Mensch. Dann erzählte er mir etwas unglaubliches. Er hatte ein Mädchen getroffen, das sich Dawn nannte. Sie war, wie ich, einfach aufgetaucht und hatte vom Wald gelebt. Er begegnete ihr an der Quelle, allerdings nach Sonnenuntergang, also als Mensch und sie bot ihm etwas Tee an, den sie gerade gekocht hatte. Er war sehr von ihr angetan und fragte sie, ob sie nicht bei ihm in der Höhle übernachten wolle, sie sagte ja und seitdem wohnten sie zusammen.

Ausgerechnet heute war sie zum nächsten Dorf gegangen um Vorräte zu kaufen. Fedon erzählte mir dass sie erst nach drei Tagen bemerkt hatte dass er das Einhorn war. Er hatte sich nämlich tagsüber von der Lichtung ferngehalten.

„Sie hat mich aber sofort erkannt als sie mich das erste Mal als Einhorn sah.“

Ich grinste innerlich, er war ja richtig stolz auf sie.

 

Corvina wartete den ganzen Morgen aufgeregt auf ihre Freundin und als sie endlich kam war die Freude groß. Torean und Farn unterhielten sich mit Fedon und die Mädchen saßen etwas abseits. Die beiden tauschten ihre Erfahrungen aus und auf einmal fing Corvina an zu lachen. Dawn fragte: „Was ist denn?“

„Ich finde es bloß lustig, dass du deinen Rollenspielnamen übernommen hast.“