Taverne / Teil 3

 

11. Sorcha: Verbunden

 

Als sie im Gasthaus angekommen waren und sie ihn in ihr Zimmer geführt hatte, kam er nach einem kurzen Rundumblick gleich wieder zur Sache: "Also, was soll ich tun? Welches Problem könnt ihr nicht alleine lösen?"

Sie bot ihm einen Platz am Tisch an und setzte sich dazu.

"Versprecht ihr mir Stillschweigen zu bewahren, auch wenn ihr mir nicht helfen wollt?" fragte sie.

Er blickte sie neugierig an: "Ich verspreche es."

"Nun gut," sie sammelte ihre Gedanken "hmm, wo fange ich an? Also, ich bin auf der Suche nach meinen Freundinnen. Ich weiß weder wie sie aussehen, noch wie sie sich nennen und ich weiß auch nicht, wo genau sie sich befinden. Wir wurden durch einen Zauber hier herversetzt und unglücklicherweise getrennt. Um wieder zurückzukommen müssen wir alle zusammen sein und eine Zauberformel anwenden, von der ich auch nicht weiß, wo ich sie finden kann. Was sagt ihr dazu? Wollt ihr mir helfen?"

Er sah sie mitleidig an und dachte bei sich "arme Irre" trotzdem lächelte er sie an und fragte: "Aber wozu braucht ihr bei eurer Suche einen Krieger? Ich würde doch sowieso keine eurer Freundinnen erkennen, da seid ihr allein besser dran."

"Ich brauche jemanden der für mich spricht. Ich bin Gestaltwandlerin und kann mich wann ich will in jedes Tier verwandeln. Die Rückverwandlung in einen Menschen jedoch erfordert Vollmond. Wenn ihr mit mir einen Bund eingeht, kann ich dafür sorgen, dass ihr mich in meiner Tiergestalt versteht und mir so bei der Suche helfen könnt, wenn kein Vollmond ist."

"Ja natürlich, Gestaltwandlerin und ich bin eine Elfe" dachte er bei sich. Er sagte: "Es tut mir leid, aber ich glaube euch einfach nicht. Gestaltwandler gibt es nur in Märchen."

Sie überlegte kurz und sagte dann: "Wenn ich es euch beweise helft ihr mir dann? Ich würde euch einen Silberling pro Tag zahlen?

Das war ein guter Lohn. Er würde mehr am Tag verdienen als ein Handwerker oder Söldner. Doch vielleicht ließ sich noch etwas mehr herausholen: "Ich begleite euch für ein Goldstück in der Woche, wenn ihr mich überzeugt."

"Abgemacht!" Sie hielt ihm die Hand hin und er schlug ein. Dann ging sie ans Fenster und warf einen prüfenden Blick hinaus. Der Mond stand voll am Himmel. Er beobachtete sie und sah dass sie sich konzentrierte. Auf einmal verschwammen ihre Umrisse vor seinen Augen und nachdem er einmal geblinzelt hatte war sie verschwunden und an ihrer Stelle saß eine rotgetigerte Katze auf dem Boden und schaute ihn an.

"Wie geht denn so etwas?" fragte er völlig fassungslos und wich bis zur Wand zurück, als die Katze auf ihn zukam. Schnurrend sprang sie auf den Tisch neben ihn und wartete. Er streckte langsam die Hand aus und stupste ihr in den Bauch. Sie ließ ein langgezogenes Miauuu ertönen, sprang vom Tisch, streifte um seine Beine und rieb ihren Kopf an ihm. Dann ging sie auf die andere Seite des Zimmers und verwandelte sich wieder in eine junge Frau.

"Und, glaubt ihr mir jetzt oder haltet ihr mich immer noch für verrückt?" fragte sie.

"Ich glaube euch und ich werde euch helfen, wie genau sieht dieser Bund aus?" Er wirkte immer noch etwas blass.

"Ich werde das Ritual vorbereiten, bis zum Untergang des Mondes muss es vollzogen sein, oder wir müssen den nächsten Vollmond abwarten.“ Aufgeregt suchte sie die Zutaten zusammen, Wein, Kräuter und zuletzt...

 "Blut!?" fragte er fassungslos.

"Ja, oder Haare, aber die lassen sich schlecht schlucken und wir bräuchten viel mehr davon. Bei Blut reichen drei Tropfen von jedem. Ich kann auch anfangen, wenn ihr das vorzieht." Sie wartete seine Antwort nicht ab, sondern nahm eine Nadel und stach sich damit in den kleinen Finger der linken Hand. Auf leichten Druck erschienen die Blutstropfen. Sie hielt die Nadel kurz über die Kerzenflamme und reichte sie an ihn weiter. "Hier, bitte beeile dich." Er nahm die Nadel und stach sich tief in den Finger, allerdings nicht mit Absicht

"Autsch, blödes kleines Mistding!"

"Los, los, in den Becher, nicht auf den Fußboden!"

"Ich versuche es ja!"

"Und jetzt sag mir deinen wahren Namen für den Zauberspruch."

Er sah sie noch einmal prüfend an und sagte dann: "Albwin"

"Ah, ein aussagekräftiger Name "Freund der Geister" und wie nennt ihr euch alltags?"

"Ich bin bekannt unter dem Namen Torean."

"Reicht mir eure Hand." Sie fing an. Leise murmelnd schwenkte sie den Becher und nahm am Ende einen kleinen Schluck. Sie verzog das Gesicht und lachte dann: "Ich habe schon besseres getrunken! Und nun trink und sag dabei "Von mir zu dir von dir zu mir" und denk dabei an meinen Namen"

"Der da wäre?"

"Sorcha."

Er tat es und fragte: "Das war es?"

"Ja."

"Und? Hast du einen Plan? Oder willst du einfach jeden fragen der dir über den Weg läuft?"

"Auf keinen Fall, das wäre viel zu gefährlich. Eigentlich hatte ich vor eine Seherin zu suchen. Du kennst nicht zufällig eine?" Sie sah ihn hoffnungsvoll an.

"Ich kann mich mal erkundigen. Wie lange bleiben wir in der Stadt?"

"Am besten reisen wir morgen früh ab. Bring deine Sachen hierher und wir überlegen dann in welche Richtung wir losziehen. Wenn du ein Pferd hast, bring es mit."

"Ich habe keins. Soll ich zwei besorgen?"

"Da würde ich gerne dabei sein. Das machen wir morgen als erstes. Was kostet ein Pferd?"

"Kommt darauf an. Wenn man es essen will, kann man schon für zehn Goldstücke eines bekommen, haha!" Er lachte laut. Ihr war der Witz irgendwie entgangen.

"Ich esse nie Pferdefleisch!"

Er sah sie mit hochgezogener Augenbraue an: "Schmeckt aber gut!?"

"Ich bitte dich, halte dich zurück, solange wir zusammen unterwegs sind." Sie dirigierte ihn zur Tür: "Wir sehen uns morgen kurz nach Sonnenaufgang. Bis dann."

 

Während ich schon überlegte, wie ich so viel Gold besorgen sollte, fiel die Tür hinter ihm zu. Ich hatte eine Idee, aber sie würde nur funktionieren, wenn Torean sie nicht unehrenhaft fand, einen Helfer brauchte ich auf jeden Fall.

Damit mich niemand in der Nacht überraschen konnte, stellte ich eine Metallvase ins Fenster und verrammelte die Tür mit einem Stuhl. Dann legte ich mich ins Bett und schlief sofort ein.

Am Morgen wurde ich von einem lauten Klopfen geweckt. Ich wickelte mich in meine Bettdecke und öffnete die Tür einen Spalt breit. Mit meinen erst halb geöffneten Augen schaute ich in sein frisches, waches Gesicht. Ich öffnete die Tür und ließ ihn herein.

 

Er drehte sich um während sie sich anzog. Sie sagte: "Ich brauche Geld und habe einen Plan, aber ich brauche für die Durchführung deine Hilfe. Genau genommen will ich jemanden betrügen."

"Was genau hast du vor?"

 

Wir gingen gemeinsam zum Markt. Er hatte erstaunlich wenig Skrupel meinen Plan durchzuführen. Wir gingen direkt zu den Pferdehändlern und ich sah mir die Tiere aufmerksam an. Es waren hauptsächlich Bauernpferde, massiv gebaut und von mittlerer Größe, mit zotteligem Fell und ruhigem Charakter. Einige Ponys und größere Reitpferde standen dazwischen und einige Mulis standen Heu fressend in einer Ecke. Ich griff nach seiner Hand: "In Ordnung, lass uns ein Versteck suchen."

 

Als ich den Marktplatz wieder betrat, befand ich mich sofort im Mittelpunkt des Interesses. An meiner Seite führte ich eine schwarze Stute. Ihre Größe, der lange Behang, ihr federnder Gang und die wachen Augen ließen sie aus der Menge der Bauernpferde hervorstechen wie einen Diamanten aus einem Kohlehaufen. Schnell scharten sich Kauflustige um mich und fingen an zu bieten. Ein feister unsympathischer Mann bot mir schließlich 160 Goldstücke. Eine innere Stimme sagte mir: "Los, schlag ein!" Und ich tat es.

 

Ich lachte, für die anderen klang es wie ein Wiehern. Der Fettsack hatte mich gekauft - nun musste er nur noch auf mich aufpassen. Er warf mir einen Strick um den Hals und führte mich vom Marktplatz in eine ruhige Seitenstrasse mit einem Gasthaus. Ich wurde in den Stall gebracht und bekam Hafer, Heu und Wasser.

„Das Heu kann er selber fressen" dachte ich; aber Hafer mochte ich und Durst hatte ich auch, also schlug ich mir den Bauch voll. Hier konnte ich noch nicht entkommen, würde ich einfach verschwinden bekäme der Stalljunge Ärger, der mir gerade hingebungsvoll den Rücken bürstete. Ich drehte mich um und schnaubte ihm in den Nacken.

"Willst du vielleicht einen Apfel?" fragte er mich.

Natürlich wollte ich, ich nickte und er lachte und holte mir einen, den ich genüsslich zerkaute. Nach einer Stunde kam der Kaufmann und ließ mich, und sein anderes Pferd, aus den Boxen holen. Er zerrte an dem Strick und ich schüttelte unwillig meinen Kopf. Er stieg von einer Kiste auf sein Pferd, das aussah, als würden ihm gleich die Beine wegknicken, und zog mich als Handpferd neben sich her.

Sobald wir aus der Stadt hinaus- und in den kleinen Wald davor hineingeritten waren riss ich mich los. Sein Pferd hatte keine Chance mir zu folgen, ich war zu schnell. Ich galoppierte zu einem Bach und verwandelte mich in eine Forelle. 200 Meter flussaufwärts wurde ich zum Adler und flog zurück zur Stadt. Torean wartete am gegenüberliegenden Stadttor auf mich. Als ich anflog streckte er einen Arm aus und ich landete darauf. Er setzte mich auf den Boden und ich kehrte in meine ursprüngliche Gestalt zurück.

 

Ich hatte zwei Pferde gekauft und sie mit meinen und Corvinas Sachen beladen. Dann begann ich mich zum vereinbarten Treffpunkt. Es dauerte gar nicht lange, da spürte ich das sie näher kam. Und flog?! Ich sah nach oben und entdeckte einen Adler, der direkt auf mich zuflog. Instinktiv streckte ich meinen Arm aus und sie landete darauf. Ich setzte sie auf den Boden und sah ihr zu wie sie sich zurückverwandelte.

"Na das hat doch gut geklappt" lachte sie, noch etwas außer Atem: "Dann können wir ja gleich weiter, welches Pferd soll ich nehmen?" Sie untersuchte die beiden stämmigen Pferde. Eins war grau und das andere braun.

"Ich dachte du nimmst das graue; jedenfalls habe ich ihm deine Sachen aufgeladen. Wie du siehst habe ich Sättel und Zaumzeug günstig dazubekommen"

"Gut, lange Strecken reite ich lieber mit Sattel. Wie kommen wir zu der Seherin von der du mir vorhin erzählt hast?"

"Folge mir einfach, es ist ein Tagesritt, wir werden morgen Mittag dort sein."

 

 

12. Sorcha: Stille Wasser

 

Bei dem Versuch mit dem Rock auf das Pferd zu steigen landete Corvina fluchend im Unkraut. "Shit, so ein blöder Mist, diese Scheiß-Mode!" Wütend hüpfte sie vor dem Pferd herum und zog schließlich den Rock bis über die Knie, holte Schwung und saß dann wie ein Mann im Sattel.

Sie folgten der gut befestigten Strasse bis sie einen Wald erreichten. Torean schlug vor: "Lass uns eine Pause machen, hier gibt es eine Quelle und die Pferde können sich etwas erholen."

"In Ordnung."

Torean sprang mit elegantem Schwung vom Pferd, während Corvina noch überlegte wie man einen langen Rock ordnen müsste, um nicht runterzufallen. Sie fluchte wieder leise vor sich hin, bis sie sich an eine alte Übung aus ihrer ersten Reitstunde erinnerte. Sie legte die Hände nebeneinander vorne auf den Sattel, holte mit den Beinen von vorne Schwung, schlug sie über dem Rücken des Pferdes zusammen und landete im Stand an dessen linker Seite.

"Tadaa!"

Torean sah sie mit großen Augen an und sagte: "Du solltest nicht so fluchen, Frauen tun das nicht und die Wörter die du benutzt kenne ich gar nicht."

Er schien ziemlich entrüstet zu sein und deshalb verkniff sie sich das Lachen und sagte ernst: "Ich werde es versuchen." Als sie sich zu ihrem Pferd umdrehte lag ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht.

"Wo ist die Quelle?"

"Hier drüben" Er schob einen Busch zur Seite und ein kleiner dunkler Tümpel wurde sichtbar. Sie holte einen Becher aus ihrem Bündel, nahm dem Pferd den Sattel ab und legte ihn über einen umgestürzten Baumstamm. Dann führte sie das Pferd zum Wasser. Es war sauber und sehr kalt. <<Kaltes, klares Wasser! >> dachte sie und grinste wieder. Diesmal sah er es: "Was ist denn so lustig?"

"Kennst du das Lied "Kaltes, klares Wasser“?" Seinem Gesicht nach kannte er es nicht und sie ging nicht weiter darauf ein.

Als er sah, dass sie gehen wollte, sagte er: "Wirf ein paar Blätter ins Wasser!"

Sie sah ihn an, offensichtlich meinte er es ernst. "Wozu?" Fragte sie.

"Na für den Quellgeist, er soll dich schließlich nicht runterziehen und ertränken, oder?"

 

Ich tat es und kam mir ziemlich blöd vor. Allerdings würden ein paar Blätter mehr den See auch nicht schneller eutrophieren lassen als die Natur es vorgesehen hatte. Ich sah, dass auch er, nachdem er sein Pferd getränkt hatte, eine Handvoll hineinwarf. Geistesabwesend hatte ich einen Strauß Gänseblümchen gepflückt und so begann ich einen Kranz daraus zu winden. Als ich fertig war setzte ich ihn auf.

"Hach wie niedlich!"

<Arschloch!!! > dachte ich und stand auf: "Ich habe noch Durst! Bin gleich wieder da!" Ich griff nach meinem Becher und ging zurück zur Quelle. Die Büsche verbargen mich recht gut. Ich trank noch etwas von dem Wasser und wusch mir das Gesicht. Dann nahm ich den Kranz ab und ließ ihn auf dem Wasser treiben. Ich beobachtete die Luftblasen, die vom Grund aufstiegen und genoss die Stille.

 Plötzlich erschien eine kleine, grüne Hand und griff nach dem Kranz. Er versank kurz und erschien dann wieder. Diesmal saß er auf dem grünen Haar eines Wasserwesens. Ich wagte kaum zu atmen. Es sah mich mit großen blauen Augen an und sagte: "Ich danke dir. So etwas hübsches bekam ich schon lange nicht mehr."

"Gern geschehen“, flüsterte ich und starrte es - nein - sie an. Die leicht grünlich gefärbte Haut faszinierte mich. Da tauchte sie auf einmal wieder unter. Ich beobachtete gebannt die kleinen Wellen die ans Ufer schlugen und dachte schon ich hätte geträumt, als sie wieder auftauchte. Sie streckte mir eine Hand entgegen. Zwischen den Fingern spannten sich halbdurchsichtige Schwimmhäute und eine kleine Perle lag darin. Ich kannte viele fiese Geschichten über Wasserwesen und ihren Hang dazu Leute zu ertränken, streckte ihr aber dennoch meine Hand entgegen. Sie legte die Perle hinein und sagte: "Ein Geschenk für ein Geschenk." Dann winkte sie mir kurz zu und war verschwunden.

Sie hatte mich berührt! Ich stand auf und ging zurück zu Torean als wäre nicht gewesen. Ich fragte ihn: "Wie vielen Leuten werden wir unterwegs wohl begegnen?"

"Mit ziemlicher Sicherheit niemanden. Hier in der Gegend gibt es noch nicht einmal Räuber."

"Dann ziehe ich mich jetzt um." Ich holte meine Jeans aus dem Bündel und zog sie an. "Kann weitergehen!" sagte ich und schwang mich gekonnt auf mein inzwischen wieder gesatteltes Pferd.

 

Die Frau schafft mich. Jetzt hat sie doch tatsächlich eine Hose an. Und was für eine! Nicht den Hosenrock einer Kriegerin, sondern eine enge aus einem mir unbekannten Stoff. Immerhin kann sie damit offensichtlich besser reiten.

 

Ohne weitere Pause ritten sie weiter bis die Nacht hereinbrach. Corvina suchte im Unterholz nach Reisig für das Feuer.

"Müssen wir Wache halten?" fragte sie, währen sie Torean bei seinen erfolglosen Versuchen Feuer zu entfachen zusah.

"Nein, ich habe einen Zauber für einsame Gegenden, der weckt uns wenn jemand naht."

"Und du hast keinen Zauber um Feuer zu machen?" grinste Corvina.

"Nein, das Holz ist feucht und nimmt den Funken nicht an."

"Kein Zunder?"

"Vergessen!"

"Hmm, lass mich mal versuchen!" Corvina ging zu ihrem Bündel und holte ihr Feuerzeug. Dann suchte sie ein Stück Holz voller Harz und wickelte einen Streifen Stoff drumherum. Bald brannte ein stinkendes Feuer. "Zum Kochen wird es reichen!"

"Was war das denn?"

"Magie!"

Corvina kochte eine Suppe aus den Vorräten und brühte danach etwas Tee auf. "Was gibt es hier sonst noch zu essen?"

"Nichts, wir befinden uns im Wald. Natürlich könnte ich versuchen etwas zu jagen."

"Nicht nötig, ich werde mich mal umsehen." Corvina stand auf und musterte die nähere Umgebung. Für Blaubeeren war es zu früh, aber Brennnesseln wuchsen überall am Rand der Lichtung. Außerdem fand sie wilde Zwiebeln und essbare Baumpilze. Sie ging zurück zum Feuer und rollte ihre Decke aus. "Weck mich bitte gleich, wenn du wach wirst, ich mache uns dann Frühstück."

Ein schläfriges Brummen antwortete ihr: "Hmmm!"

Sie schliefen unbehelligt bis zum Sonnenaufgang, der Krieger erwachte zuerst. Während er seine Lederrüstung anlegte wachte auch Corvina auf.

 

Ich beobachtete sie, sie lieh sich meinen Handschuh und pflückte Unkraut. Dann grub sie in der Erde und schließlich lief sie in den Wald. Als das Wasser in dem kleinen Topf brodelte, kam sie zurück. Sie säuberte das Unkraut und warf es in den Topf.

 

"Das esse ich nicht!" Er wandte sich angewidert ab.

"Ich werde dich nicht dazu zwingen, aber probieren solltest du!" Erwiderte sie.

"Nein danke!"

"Gut, dann bleibt mehr für mich. Möchtest du etwas Brot?" Sie setzte sich auf ihre Decke und schöpfte eine große Portion Gemüse in ihre Schüssel. Torean beobachtete sie argwöhnisch. Ihre Schüssel war sehr schnell leer.

 

Nicht schlecht. Ein paar Nudeln hätten die Suppe abgerundet aber es schmeckte auch so. Er setzte sich irgendwann neben mich und ich hielt ihm einen Löffel voll unter die Nase. Nachdem er gekostet hatte, aß er den ganzen Rest. Ich hatte mir schon gedacht, dass ich mir keine Gedanken um den Transport der Suppe machen müsste. Improvisierte Kocherei war eine meiner Stärken und auch wenn sie oft nicht toll aussahen, schmeckten meine Kreationen nicht schlecht. Nach dem Essen wusch ich den Topf in einem kleinen See ab und Torean löschte das Feuer. Auf die Seherin war ich echt gespannt.

 

Ich rollte die Decken ein, belud die Pferde und löschte das Feuer. Dann ging es weiter. Ich war immer noch überrascht, über den guten Geschmack des Unkrauts. Natürlich kannte ich Tricks um im Wald zu überleben; aber die waren vom Geschmack her das letzte Mittel! Vielleicht würde ich auf dieser Reise noch etwas lernen. Am Nachmittag erreichten wir die Hütte der Seherin. Als "Hexe" war es ihr nicht erlaubt, in der Stadt zu wohnen und sie selbst behauptete, dass ihr zweites Gesicht unter zuviel Gesellschaft litt.

 

Die Hütte stand auf einer kleinen Lichtung. Torean und Corvina lenkten ihre Pferde zu einer kleinen Wiese und dort stiegen sie ab.

Torean wollte gerade anklopfen als die Tür aufging. Eine Frau stand im Türrahmen, lachte und sagte: "Ich habe euch erwartet, tretet ein!"

Corvina, die inzwischen wieder ihren Rock trug, folgte der Einladung sofort und sagte: "Ich danke euch..."

"Branwren!"

"... Branwren." In der Hütte setzte sie sich auf den angebotenen Stuhl und sah die Seherin erwartungsvoll an.

"Willst du mich prüfen?"

"Nein, ich habe mich gerade gefragt was ihr wohl als Lohn verlangt, ich habe viele Fragen."

"Das weiß ich wohl. Könntet ihr euren Gefährten dazu bringen sich hinzusetzen?"

Corvina drehte sich halb um und warf Torean einen ernsten Blick zu. <<Setz dich hin und halt still! >> Torean blickte auf und setzte sich dann auf eine Bank neben der Tür.

Branwren sah Corvina lächelnd an und fragte dann: "Was genau willst du wissen?"

"Wo kann ich sie finden, wie sehen sie aus und wie heißen sie?"

"Ich kann dir leider nicht alle Fragen beantworten, aber ich weiß dass keine an einem Ort ist, wo du nicht schon warst."

"Was? Und ich habe sie nicht erkannt?"

"Ihr habt euch zeitlich verpasst, aber keine Sorge, du wirst sie finden. Und..." , die Tür knarrte, "... eine schon sehr bald!"

Torean sprang auf und zog sein Schwert. Corvina drehte sich auf dem Stuhl um und sprang dann ebenfalls auf. Die Gestalt in der Tür sprang einen Schritt zurück und rief: "Holla, wer bist du denn?" während sie Torean musterte.

"Lauren!" Corvina stürmte zur Tür, schubste Torean zur Seite und umarmte ihre Freundin. "...was machst du denn hier?"

Lauren umschlang sie mit ihren schlanken Armen. Torean stand daneben und fühlte sich fehl am Platze.

"Blöde Frage! Ich habe dich gesucht. Wir können nur zurück, wenn wir alle zusammen sind."

"Ich will noch nicht zurück!"

"Ich doch auch nicht, aber wer weiß wie es Jenny und Sam geht. Ich wollte sie wenigstens fragen. Außerdem wollten wir doch zusammen sein, oder?"

"Du hast recht."

"Was machst du hier eigentlich?"

"Ich lerne. Bald bin ich eine Hexe."

"Sie ist schon eine Hexe" warf Branwren ein.

"Wie bist du hergekommen?"

"Ich fand deine Unterlagen, löste das Rätsel - und schon war ich da."

"Wo bist du gelandet?"

"Auf einer Lichtung."

"Ah, dann hast du sicher den Troll gefragt in welcher Richtung du uns finden kannst!"

"Nicht wirklich." Lauren wirkte etwas zerknirscht: "Ich bin in den Wald gelaufen, einfach der Nase nach..."

"Und ich habe sie gefunden."

"Und der Rest ist Geschichte!" schloss Corvina.

Torean hatte Lauren in der Zwischenzeit beobachtet.

<<Ist aber nicht die kräftigste?>>

Corvina warf ihm einen kurzen Blick zu und nickte leicht, dann wandte sie sich an Lauren: "Willst du uns begleiten? Wir suchen die anderen um sicherzugehen, dass es allen gut geht und keine nach Hause will."

Lauren überlegte kurz: "Ich würde lieber hier bleiben und weiter lernen."

"Wie du meinst. Dann bleib aber auch wirklich hier, damit wir wissen, wo wir dich finden können."

"Ja, ist gut." Lauren sah Torean an: "Wer bist du eigentlich?

 

 

13. Sorcha: Hexerei

 

Ich antwortete für meinen offensichtlich etwas verwirrten Begleiter: "Das ist Torean, Beschützer der Hilflosen, Rächer der Geschädigten, Vernichter allen Übels und... mein Angestellter."

Lauren und ich grinsten uns an. Dann sagte sie: "Es ist mir eine Ehre euch kennen zulernen Torean. "

Das Gesicht kannte ich aus unserem Englischunterricht, sie versuchte krampfhaft ernst zu bleiben. Dann fragte sie mich leise: "Seit wann brauchst du denn einen Beschützer?"

- Oh, sollte ich vergessen haben ihr von meinen neuen Fähigkeiten zu berichten?

 

Branwren lud uns ein. Torean und ich versorgten die Pferde und brachten danach unsere Sachen in die Hütte. Danach unterhielt ich mich lange mit Branwren und Lauren.

Irgendwann vermisste ich Torean. Er hatte sich heimlich verdrückt. Ich entschuldigte mich bei den beiden Hexen und ging ihn suchen. Ich fand ihn auf dem freien Platz hinter der Hütte. Er war in eine Waffenübung vertieft. Sah nicht schlecht aus und es flößte mir einigen Respekt ein. Lauren setzte sich irgendwann neben mir auf den Boden und flüsterte mir zu: "Wo hast du ihn her?" Ich ging mit ihr in die Hütte zurück und erzählte ihr von den Elfen im Wald. Ich wollte nicht in der Hütte schlafen und rollte meine Decke draußen neben Toreans aus. Wir unterhielten uns noch ein wenig und ich fragte ihn, ob er mir zeigen könnte, wie man mit einem Schwert umgeht und er versprach mir, mir die Grundlagen beizubringen.

 

Jeden anderen hätte ich sofort zum Zweikampf aufgefordert, wenn er sich über mich lustig gemacht hätte; aber sie waren Frauen und Corvina zeigte wohl auf diese Weise ihren Respekt und die anderen hatten sie auch verstanden. Nun, niemand konnte von mir erwarten, dass ich Frauen verstand. Vielleicht sollten wir noch etwas bleiben. Corvina tut die Gesellschaft ihrer Freundin gut und vielleicht erhalten wir noch mehr Auskünfte von Branwren.

 

Krieger und Gestaltwandlerin erwachten bei Sonnenaufgang, während die Hexen schliefen, bis sich der Morgennebel verzogen hatte. Corvina bekam ihr erste Stunde im Schwertkampf - allerdings ohne Schwert. Sie hatte wieder ihre Jeans angezogen und gab sich viel Mühe. Als Torean beschloss es sei genug, wischte sie sich die Haare aus dem Gesicht und setzte sich auf den Boden. Dann sah sie ihn an: "Sei ehrlich, besteht eine Chance dass ich das lerne?"

Er lachte: "War doch ganz gut, hast du schon mal gekämpft?"

"Nicht mit Waffen, aber wenn ich mal zugeschlagen habe, habe ich auch gewonnen." Sie wurde rot. "Meistens hat mein Gegenüber nicht damit gerechnet."

"Das kann von Vorteil sein!" Er grinste.

"Wer mich unterschätzt muss mit Überraschungen rechnen. Das war schon immer so." Sie sagte es mit so ernster Mine, dass er merkte dass sie nicht scherzte. Auf einmal hellte sich ihr Gesicht wieder auf und sie sagte: "Ich gehe jetzt Erdbeeren fürs Frühstück suchen, kommst du mit?"

"Gleich" Er räumte seine Sachen weg und steckte das Schwert in die Scheide. Bald hatten sie einige Handvoll gefunden, die Corvina in ein Taschentuch packte und sie waren fast satt, von denen, die sie beim Sammeln vertilgt hatten.

Branwren erschien in der Tür der Hütte, als sie gerade zurückkehrten: "Na, schon wach? Corvina komm bitte, ich möchte dir etwas zeigen." Sie gingen in die Hütte und Branwren schickte Lauren, die gerade aufgewacht war, Wasser holen. "Ich will dir zwei Zauber zeigen, die dir nützlich sein könnten"

"Geht das so schnell?"

"Nicht ohne Vorkenntnisse."

"Aber ich habe doch keine!"

"Was denkst du eigentlich wie deine Gestaltwandlungen funktionieren?"

"Ach so! Nun gut, dann mal los. Was bringst du mir bei?"

"Einen Feuerzauber und einen Fesseltrick. Sieh dir genau an was ich mache und merke es dir gut." Sie stellte sich vor ihren Kamin, zeigte mit dem Finger darauf und ein kleiner Flammenball flog in das Holz und setzte es in Brand. "Verstanden?"

Corvina nickte.

"Dann du!" Branwren löschte das Feuer mit einer Handbewegung und schob Corvina vor den Kamin. Diese hob ihre Hand, zeigte auf das Holz und - nichts passierte. Sie schaute Branwren fragend an.

"Du musst nach innen greifen, wie bei der Verwandlung." Corvina versuchte es noch einmal und ein winziges Flämmchen sprang Richtung Holz und steckte es an "He, das geht!"

"Du musst noch üben, aber das Prinzip ist klar, für den Fesselzauber brauchst du ein Stück Seil, Garn oder Bast. Du stellst dir einfach vor wie du den anderen fesselst oder das Seil z.B. um einen Arm schlingst, den du so steuern kannst. Hier, nimm das Band und versuch es mal an mir." Corvina legte das imaginäre Band um Branwrens Hand und zog sie Richtung Decke. Es funktionierte.

"Gut, du kannst beides abends üben. Der Feuerball kann so groß wie ein Wagenrad werden und ein Haus zerstören. Ich vertraue dir und weiß dass du ihn nicht falsch einsetzen wirst, Lauren hat mir viel von dir erzählt. Nach dem Frühstück werdet ihr weiterreisen. Hol die beiden herein, der Tee ist schnell gekocht."

Sie ließen die Tür offen, damit die Sonne den Raum durchfluten konnte und unterhielten sich während des Essens. Die Frauen räumten danach den Tisch ab und Torean belud die Pferde. Branwren griff in ein Regal und holte zwei kleine Phiolen herunter: "Ich denke die werdet ihr brauchen können." Sie lächelte. "In der blauen ist ein Mittel gegen Verbrennungen" sie zwinkerte Corvina zu "und in der gelben eine Salbe, die Wunden schnell und ohne Narben heilen lässt. Ich wünsche euch viel Glück für eure weitere Reise." Lauren umarmte Corvina zum Abschied und winkte den beiden hinterher als sie fortritten. Dann drehte sie sich um und fragte Branwren: "Was lerne ich heute?"

 

"In welche Richtung reiten wir?"

"Wenn sie dort zu finden sind wo ich schon war, sollten wir vielleicht zu meinem Ausgangspunkt zurückkehren."

"Ausgangspunkt?"

"Dort wo ich ankam, eine Lichtung mit einem See. Kennst du den Ort?"

"Es gibt viele Lichtungen in diesen Wäldern und auf fast jeder findet man einen See."

"Es war ein Berg in der Nähe, harter Stein, von Höhlen durchzogen und sie muss ungefähr in..." Corvina schaute sich um und deutete nach Südosten "...der Richtung liegen."

"Willst du querfeldein reiten? Oder auf dem Weg bleiben und vom Dorf aus die Strasse nach Süden nehmen und ihr so weit wie möglich folgen?"

"Was würdest du tun?"

"Durch das Dorf reiten und dort übernachten, Vorräte kaufen und den einfachsten Weg für die restliche Strecke wählen."

"Einverstanden, machen wir es so, reite vor, ich folge dir."

 

 

14. Sorcha: Der Überfall

 

"Wollen wir nicht bald mal anhalten?" fragte Corvina, nachdem ihr Pferd zum x-ten Mal gestolpert war „Ich habe keine Lust mich auf dem Boden wiederzufinden."

"Etwas weiter die Strasse hinauf ist ein geeigneter Lagerplatz. Es fließt ein Fluss in der Nähe."

"Ok. Reite du schon mal vor, ich sammle Holz." Sie lenkte ihr Pferd neben seins und gab ihm den Kessel. Dann stieg sie vom Pferd und zog es am Zügel hinter sich her. Es blieb dösend stehen, sobald sie die Zügel losließ und sie hatte bald einen Berg Holz und Reisig zusammengesammelt. Sie führte das Pferd bis zu der Ausbuchtung an der Strasse wo Torean wartete. Ein Steinkreis mit alter Asche lud dazu ein sofort ein Feuer zu entfachen. Corvina schichtete das Holz zu einem Kegel und trat drei Schritte zurück. "Pass auf!" sie schoss einen kleinen Feuerball in das Holz. Der Kegel fiel auseinander, aber er brannte.

"Lass mich raten, du übst noch?"

"Also ich finde für das zweite mal war es gar nicht so schlecht. Willst du mein Feuerzeug haben? Ich schenke es dir." Er freute sich: "Klasse, gib her!"

Sie reichte es ihm und sah ihm zu wie er versuchte es anzubekommen. Als er anfing Zaubersprüche auszuprobieren wie: "Licht erscheine!" und dabei immer lauter wurde, zeigte sie ihm wie es ging.

 

Das hätte sie mir auch früher zeigen können.

 

Die Schwertübungen fielen an diesem Abend aus. Auch das Essen war kalt. Torean packte Brot aus, während Corvina Tee aufbrühte. Nach der schlichten Mahlzeit schlief Corvina sofort ein. Torean legte noch einmal Holz nach und machte es sich danach bequem. Er vergaß den Bannkreis zu ziehen. Mitten in der Nacht wachte er auf.

 

Ein Geräusch weckte mich. Ich hatte vergessen den Kreis zu ziehen. Ich sprang auf und zog mein Schwert, doch es war zu spät. Sieben zerlumpte Gestalten standen um mich herum und einer stand neben Corvina und legte ihr einen Dolch an die Kehle, als sie gerade aufwachte. "Waffe runter!" Ich sah Corvina an und sie nickte. Ich ließ das Schwert fallen und zeigte meine leeren Handflächen.

"Geld oder Leben!"

"Wir..."

Corvina unterbrach mich: "Wir nehmen euer Geld!"

Diese verrückte Frau, wollte sie uns umbringen? Die Räuber waren irritiert.

Dann erklärte einer von ihnen: "Nein, wir wollen dein Geld!"

Corvina wandte sich an mich: "Haben wir noch etwas über?"

"Nur ein par Kupferstücke. Wartet, ich hole sie aus meinem Bündel."

Einer von ihnen hielt mir ein rostiges Schwert an die Rippen, als ich zu den Pferden ging. Gut das Corvina ihren Rock nachts über die Hose zog. Was sollten wir machen? Normalerweise hätte ich gekämpft, aber wer zahlt hat das Kommando.

<<Sie dürfen mein Bündel nicht bekommen, Torean!>>

"Hier ist das Geld. Das ist alles was wir haben."

"Nicht gerade viel..." Der Räuber sah sich um. Fesselt sie. Wir bleiben den Rest der Nacht hier und morgen reiten wir weiter"

Sie wollten unsere Pferde stehlen, welch eine Ironie, wenn man bedenkt wie wir sie bekommen hatten. Corvina jammerte als man ihr die Hände auf den Rücken fesselte und danach ihre Füße zusammenband.

 

Torean gab keinen Ton von sich als er gefesselt wurde. Sie banden ihn noch zusätzlich an einen Baum. Die Bündel tasteten sie nicht an. Ich versuchte, die Fesseln abzustreifen, aber es gelang mir nicht, meine Hände frei zu bekommen. Dafür konnte ich die Räuber belauschen. "Was machen wir mit ihnen?"

Sie beratschlagten eine ganze Zeit und einigten sich schließlich leise darauf, Torean umzubringen und mich zu verkaufen. Nur keine Panik! <<Kannst du dich befreien?>> Fragte ich Torean.

<<Nein, die Handfesseln sind so eng, dass ich das Gefühl in den Händen verloren habe.>>

<<Sie wollen dich morgen früh umbringen und mich verkaufen>>

<<Oh, dann flieh später, wenn sich eine Gelegenheit bietet>>

<<Du spinnst wohl ich gehe nicht ohne dich los, immer locker bleiben, welches Tier wäre angebracht?>> Ich überlegte fieberhaft. Ein Löwe? Nein, dann wären die Pfoten noch gefesselt. Ha, ich hab's. <<Schlafen sie?>>

<<Sieht so aus.>>

<<Gut, dann halt still und sei leise!>> Ich verwandelte mich in ein Eichhörnchen und hüpfte aus den Fesseln. Dann rannte ich zu Torean und nagte an den Stricken, die seine Hände fesselten. <<OK, ich hab sie durch, aber beweg dich trotzdem nicht>> An den Füßen wiederholte ich meine Knabberei, dann hüpfte ich auf sein Knie und sah ihn an. Sein Gesicht wirkte verzerrt. <<Alles ok?>>

<<Meine Hände werden gerade wieder durchblutet, es ist unangenehm!>>

Er befreite leise seine Hände und rieb seine Handgelenke. Dann strich er mir über den Rücken.

 

Das Eichhörnchen hüpfte zu den Bündeln und dann zu den Pferden.

<<Wir werden die Pferde hier lassen müssen.>> Corvina verwandelte sich wieder, dieses Mal in einen riesigen Tiger. Sie nahm ihr Bündel ins Maul und trug es in den Wald, dann holte sie Toreans. Bis auf das Schnarchen der Räuber war kein Laut zu hören.

<<Das Schwert kann ich dir nicht bringen>> Die Scheide war noch an Toreans Gürtel befestigt und der Arm von einem der Räuber lag über dem Griff. <<Ich würde mir die Zunge abschneiden>>

<<Ich hole es>> während Torean zu seinem Schwert schlich, versteckte Corvina die Bündel unter einem Strauch.

Als Torean versuchte das Schwert zu befreien, wachte der Räuber auf.

"He, was..." Bamm. Ein Schlag von Torean schickte ihn wieder schlafen. Torean lief in Richtung Wald, doch die anderen Räuber, nun alarmiert, stellten sich ihm in den Weg.

<<Ich komme nach, lauf!>>

Ein lautes Grollen machte die Räuber auf Corvina aufmerksam, die vorher verborgen im Schatten gestanden hatte und nun daraus hervortrat.

"Was zum Henker.." rief einer ungläubig und starrte den Tiger an.

Torean durchbohrte ihn mit seinem Schwert und der Weg in den Wald war frei. Corvina sprang nach vorn und stellte sich zwischen ihn und die Räuber.

 

Ich fauchte sie wütend an. Einer hatte einen Dolch gezogen und griff mich an. Ein Prankenhieb riss ihn von den Beinen. Die anderen liefen weg, leider flüchteten zwei auf unseren Pferden. Ich scheuchte die anderen noch ein Stück vor mir her, brüllte zum Abschied hinter ihnen her und lief dann zurück ins Lager.

Ich sah mich um und beschloss die Habseligkeiten der Räuber zu durchsuchen. Dazu brauchte ich geschickte Hände also verwandelte ich mich in einen Affen.

Was ich fand überraschte mich. In jedem Bündel waren fünf Goldstücke und in einem, ein juwelenbesetzter Dolch. Ansonsten war aber nichts brauchbares zu finden. Sie hatten noch nicht einmal Vorräte dabei. Ich versteckte unsere Sachen noch etwas sorgfältiger und machte mich danach auf die Suche nach Torean. Als Hund fiel es mir leicht seine Fährte aufzunehmen und bald hörte ich ihn wütend durch den Wald stapfen. Als er mich sah wurde er gleich ruhiger.

 

Ich fragte sie sofort ob es ihr gut ging. Ich hatte mir Sorgen gemacht, aber ihr war zum Glück nichts geschehen. Sie führte mich zu unseren Bündeln und machte mich auf "Unsere" Beute aufmerksam. Dann trottete sie zu einem der Sättel und schnüffelte daran. Sie drehte sich zu mir um und sah mich an. Dann verwandelte sie sich in eine große Schimmelstute. <<Na los, mach schon, ich will hier weg!>>

 

Torean sattelte Corvina und unterhielt sich dabei mit ihr. "Bin ich dir auch nicht zu schwer?" Das Pferd schüttelte den Kopf. Er schnallte die Bündel am Sattel fest und stieg vorsichtig auf. Dann lenkte er sie in Richtung Dorf.

Nach einiger Zeit auf der Strasse schüttelte sie unwillig den Kopf und blieb stehen. "Was ist?"

<<Hör auf mich zu treten, ich bin kein echtes Pferd, trittst du mich noch ein Mal, gehst du zu Fuß!>>

"Oh, entschuldige, war nicht so gemeint." Corvina schnaubte.

<<Wie weit ist es bis zum Dorf?>>

"Etwa ein Tagesritt."

<<Ich beschleunige die Sache mal etwas.>> Sie galoppierte los. Erst als nach einer Stunde die Strasse unebener wurde, drosselte sie das Tempo.

"Wie lange kannst du das durchhalten?"

<<Fünf Stunden, höchstens, dann brauche ich eine Pause. Ich habe Durst, ist ein Fluss in der Nähe?>>

"Nach links, er fließt parallel zur Strasse." Er hatte die Zügel schon lange nicht mehr in der Hand.

 

Das Ufer des Baches war für ein Pferd zu steil. Torean stieg ab und band den Kessel los. "Du brauchst dich nicht zu verwandeln" Er kletterte die Böschung hinab und schleppte ihr drei Kessel voll Wasser hoch. Erst danach trank er selbst etwas. <<Danke>>

"Keine Ursache"

Er stieg wieder auf und sie setzten ihren Weg auf dem schmalen Streifen neben der Strasse fort. Nach einer halben Stunde Trab merkte sie das er unruhig wurde und im Satte hin und herrutschte. Sie lachte, auch sie mochte den Trab beim Reiten nicht allzu gerne. Er rüttelte einem die Knochen durch, wenn man ihn aussaß. Die Strasse war wieder ebener und so setzten sie den Weg im Galopp fort. Am Nachmittag erreichten sie das Dorf.

<<Ich will nicht im Stall übernachten!>> Er stieg ab und wollte ihr das Gepäck und den Sattel abnehmen. <<Lass meine Sachen drauf und nimm nur das Geld und dein Bündel. Alles was ich berühre kann ich mit umwandeln.>> Sie wählte die Gestalt eines großen schwarzen Hundes.

"Wie soll ich dich nennen?"

<< Wie wäre es mit S H? Wie schwarzer Hund?>>

"SH? Es ha, Essa? Wie wäre es mit Duvessa?"

<<Ja, klingt gut>>

"Es bedeutet schwarze Schönheit", er lachte.

Auf dem Weg ins Dorf beobachtete er sie: "Du benimmst dich nicht wie ein Hund." Sie sah ihn mit ihren braunen Hundeaugen an. Sobald sie das Dorf betreten hatten begann sie zu hecheln und schnüffelte an allem was ihr vor die Nase kam. <<Besser?>>

 

 

15. Torean: Informationen

 

Ich ging direkt zum Wirtshaus. Das Dorf bestand nur aus wenigen Häusern, die um die Strasse und die Dorfeiche herum gebaut worden waren. Die Leute blieben stehen und blickten mir nach. Corvina lief an meiner Seite. Ich stieß dir Tür auf und trat in den kleinen Schankraum. Jetzt am Abend waren schon einige Gäste da. Aus der Küche roch es nach Braten und Eintopf. Der Wirt stützte die Arme auf die Theke und starrte mich an: "Womit kann ich euch dienen Fremder?"

"Ich suche eine Unterkunft für die Nacht und eine Mahlzeit für mich und meinen Hund."

"Ein Zimmer mit Abendessen und Frühstück kostet ein Goldstück und fünf Silberlinge"

"Das ist ein Angebot"

Der Wirt strahlte mich an: "Setzt euch doch, ich werde euch gleich etwas bringen, was möchtet ihr trinken?"

<<Apfelbier!>>

Ich bestellte ein Bier und ein Apfelbier und als der Wirt es brachte nahm ich einen tiefen Zug von dem Bier. Unter den Tisch knurrte Corvina.

"Kann ich eine Schale für meinen Hund haben?"

Der Wirt brachte mir eine und ich goss das Apfelbier hinein. Corvina trank die Schüssel leer und leckte sie dann noch aus.

"Na hat man so etwas schon gesehen? Wo habt ihr denn diesen Hund her?"

Ich antwortete: "Sie ist mir zugelaufen."

 

Hund sein hat Vor- und Nachteile. Nachteil: Man muss auf dem Boden sitzen. Vorteil: Niemand achtet auf einen Hund.

Ich belauschte die Gespräche an den anderen Tischen. Zwischendurch ließ ich mir von den Gästen die Ohren kraulen. Immer mehr Leute kamen und quetschten sich an die schmalen Tische. Auch Torean war inzwischen eingekeilt zwischen einem Bauern und einem Viehhändler, der nur auf der Durchreise war. Er unterhielt sich mit beiden, als ich plötzlich etwas interessantes hörte.

"Ja, und sie sollen angeblich seinen Dolch gestohlen haben. Er hat sich wütend auf die Suche nach ihnen gemacht. Wenn er sie erwischt, werden sie es bestimmt nicht überleben."

"Wer ist schon so blöd und beklaut einen Magier?"

"Wärense schlauer, wärens kene Räuber gworden."

"Ja, da haste Recht."

„Also, ich habe gehört das er schon einen von ihnen hatte, aber der hatte den Dolch nicht mehr. Er behauptete wohl er wäre ihnen gestohlen worden."

"Was hat er mit ihm gemacht?"

"Ich weiß nicht. Vielleicht hat er ihn in einen Stein verwandelt."

"Oder in eine Kröte, haha."

"Was kümmerts uns, wir sind ehrliche Leute. Was willst du für die rotgescheckte?"

 

Aha, das war ja sehr aufschlussreich.

 

Ich wollte gerade Torean auf meine Entdeckung aufmerksam machen, als die Tür aufging und einen Schwall frischer Luft einließ. Ein Mann und eine Frau betraten den Schankraum. Sie sahen sich kurz um und begrüßten den Wirt. Die einzigen freien Plätze waren an Toreans Tisch. Sie gingen auf ihn zu und fragten: „Dürfen wir uns zu euch setzen?“ Er nickte und sie setzten sich. Ich trottete zu Torean und setzte mich neben seine Füße.

Ob er wusste mit wem er sich unterhielt?

 

Die beiden Neuankömmlinge stellten sich vor.

Die Frau sagte: „Mein Name ist Ivy und das ist mein Begleiter Farn.“

„Torean“ erwiderte er knapp.

Corvina bellte – „ ... und das ist Duvessa, mein vorlauter Hund.“

Sie bellte noch einmal.

Ivy zog eine Augenbraue hoch sagte aber nichts. Der Wirt wandte sich an Farn um die Bestellung aufzunehmen, aber Ivy bestellte für beide.

Corvina robbte zu Farn und legte ihren Kopf auf seinen Fuß. Er ließ sie gewähren und wirkte etwas lockerer.

„Übernachtet ihr hier?“ Fragte Torean.

„Ja, ich habe zwei Zimmer für uns bestellt.“ Nun zog Torean die Augenbrauen in die Höhe.

„Wohin seid ihr unterwegs?“

„Ich ziehe Richtung Süden durch den Wald weiter.“

„Auch wir müssen in diese Richtung. Wenn ihr mögt, können wir zusammen reisen.“

„Gut, seid ihr zu Pferd unterwegs?“

„Ja, wir müssen sie aber im nächsten Dorf wieder abgeben, sie sind nur geliehen.“

„Wann reitet ihr los?“

„Am frühen Vormittag, wir müssen vorher noch etwas erledigen.“ Farn nickte.

„Gut, dann besorge ich mir ein Pferd und warte auf dem Marktfleck.“

 

Torean stand auf und ging hoch zu seinem Zimmer. Als er dort ankam stellte er fest, dass Corvina ihm nicht gefolgt war. Er stieg die Treppe wieder herunter und fand sie schlafend auf dem Boden unter dem Tisch. Farn sah ihn etwas hilflos an und zuckte mit den Schultern. Ivy beugte sich nach unten und schlug dann vor: „Wir bringen sie vorbei, wenn wir hochkommen. Vielleicht übernachtet sie auch bei uns.“

Torean zögerte: „Na gut. Ihr könnt mich jederzeit wecken.“