11. Sorcha: Verbunden
Als
sie im Gasthaus angekommen waren und sie ihn in ihr Zimmer geführt
hatte, kam er nach einem kurzen Rundumblick gleich wieder zur Sache:
"Also, was soll ich tun? Welches Problem könnt ihr nicht alleine lösen?"
Sie
bot ihm einen Platz am Tisch an und setzte sich dazu.
"Versprecht
ihr mir Stillschweigen zu bewahren, auch wenn ihr mir nicht helfen
wollt?" fragte sie.
Er
blickte sie neugierig an: "Ich verspreche es."
"Nun
gut," sie sammelte ihre Gedanken "hmm, wo fange ich an? Also,
ich bin auf der Suche nach meinen Freundinnen. Ich weiß weder wie sie
aussehen, noch wie sie sich nennen und ich weiß auch nicht, wo genau
sie sich befinden. Wir wurden durch einen Zauber hier herversetzt und
unglücklicherweise getrennt. Um wieder zurückzukommen müssen wir alle
zusammen sein und eine Zauberformel anwenden, von der ich auch nicht weiß,
wo ich sie finden kann. Was sagt ihr dazu? Wollt ihr mir helfen?"
Er
sah sie mitleidig an und dachte bei sich "arme Irre" trotzdem
lächelte er sie an und fragte: "Aber wozu braucht ihr bei eurer
Suche einen Krieger? Ich würde doch sowieso keine eurer Freundinnen
erkennen, da seid ihr allein besser dran."
"Ich
brauche jemanden der für mich spricht. Ich bin Gestaltwandlerin und
kann mich wann ich will in jedes Tier verwandeln. Die Rückverwandlung
in einen Menschen jedoch erfordert Vollmond. Wenn ihr mit mir einen Bund
eingeht, kann ich dafür sorgen, dass ihr mich in meiner Tiergestalt
versteht und mir so bei der Suche helfen könnt, wenn kein Vollmond
ist."
"Ja
natürlich, Gestaltwandlerin und ich bin eine Elfe" dachte er bei
sich. Er sagte: "Es tut mir leid, aber ich glaube euch einfach
nicht. Gestaltwandler gibt es nur in Märchen."
Sie
überlegte kurz und sagte dann: "Wenn ich es euch beweise helft ihr
mir dann? Ich würde euch einen Silberling pro Tag zahlen?
Das
war ein guter Lohn. Er würde mehr am Tag verdienen als ein Handwerker
oder Söldner. Doch vielleicht ließ sich noch etwas mehr herausholen:
"Ich begleite euch für ein Goldstück in der Woche, wenn ihr mich
überzeugt."
"Abgemacht!"
Sie hielt ihm die Hand hin und er schlug ein. Dann ging sie ans Fenster
und warf einen prüfenden Blick hinaus. Der Mond stand voll am Himmel.
Er beobachtete sie und sah dass sie sich konzentrierte. Auf einmal
verschwammen ihre Umrisse vor seinen Augen und nachdem er einmal
geblinzelt hatte war sie verschwunden und an ihrer Stelle saß eine
rotgetigerte Katze auf dem Boden und schaute ihn an.
"Wie
geht denn so etwas?" fragte er völlig fassungslos und wich bis zur
Wand zurück, als die Katze auf ihn zukam. Schnurrend sprang sie auf den
Tisch neben ihn und wartete. Er streckte langsam die Hand aus und
stupste ihr in den Bauch. Sie ließ ein langgezogenes Miauuu ertönen,
sprang vom Tisch, streifte um seine Beine und rieb ihren Kopf an ihm.
Dann ging sie auf die andere Seite des Zimmers und verwandelte sich
wieder in eine junge Frau.
"Und,
glaubt ihr mir jetzt oder haltet ihr mich immer noch für verrückt?"
fragte sie.
"Ich
glaube euch und ich werde euch helfen, wie genau sieht dieser Bund
aus?" Er wirkte immer noch etwas blass.
"Ich
werde das Ritual vorbereiten, bis zum Untergang des Mondes muss es
vollzogen sein, oder wir müssen den nächsten Vollmond abwarten.“
Aufgeregt suchte sie die Zutaten zusammen, Wein, Kräuter und zuletzt...
"Blut!?"
fragte er fassungslos.
"Ja,
oder Haare, aber die lassen sich schlecht schlucken und wir bräuchten
viel mehr davon. Bei Blut reichen drei Tropfen von jedem. Ich kann auch
anfangen, wenn ihr das vorzieht." Sie wartete seine Antwort nicht
ab, sondern nahm eine Nadel und stach sich damit in den kleinen Finger
der linken Hand. Auf leichten Druck erschienen die Blutstropfen. Sie
hielt die Nadel kurz über die Kerzenflamme und reichte sie an ihn
weiter. "Hier, bitte beeile dich." Er nahm die Nadel und stach
sich tief in den Finger, allerdings nicht mit Absicht
"Autsch,
blödes kleines Mistding!"
"Los,
los, in den Becher, nicht auf den Fußboden!"
"Ich
versuche es ja!"
"Und
jetzt sag mir deinen wahren Namen für den Zauberspruch."
Er
sah sie noch einmal prüfend an und sagte dann: "Albwin"
"Ah,
ein aussagekräftiger Name "Freund der Geister" und wie nennt
ihr euch alltags?"
"Ich
bin bekannt unter dem Namen Torean."
"Reicht
mir eure Hand." Sie fing an. Leise murmelnd schwenkte sie den
Becher und nahm am Ende einen kleinen Schluck. Sie verzog das Gesicht
und lachte dann: "Ich habe schon besseres getrunken! Und nun trink
und sag dabei "Von mir zu dir von dir zu mir" und denk dabei
an meinen Namen"
"Der
da wäre?"
"Sorcha."
Er
tat es und fragte: "Das war es?"
"Ja."
"Und?
Hast du einen Plan? Oder willst du einfach jeden fragen der dir über
den Weg läuft?"
"Auf
keinen Fall, das wäre viel zu gefährlich. Eigentlich hatte ich vor
eine Seherin zu suchen. Du kennst nicht zufällig eine?" Sie sah
ihn hoffnungsvoll an.
"Ich
kann mich mal erkundigen. Wie lange bleiben wir in der Stadt?"
"Am
besten reisen wir morgen früh ab. Bring deine Sachen hierher und wir überlegen
dann in welche Richtung wir losziehen. Wenn du ein Pferd hast, bring es
mit."
"Ich
habe keins. Soll ich zwei besorgen?"
"Da
würde ich gerne dabei sein. Das machen wir morgen als erstes. Was
kostet ein Pferd?"
"Kommt
darauf an. Wenn man es essen will, kann man schon für zehn Goldstücke
eines bekommen, haha!" Er lachte laut. Ihr war der Witz irgendwie
entgangen.
"Ich
esse nie Pferdefleisch!"
Er
sah sie mit hochgezogener Augenbraue an: "Schmeckt aber gut!?"
"Ich
bitte dich, halte dich zurück, solange wir zusammen unterwegs
sind." Sie dirigierte ihn zur Tür: "Wir sehen uns morgen kurz
nach Sonnenaufgang. Bis dann."
Während
ich schon überlegte, wie ich so viel Gold besorgen sollte, fiel die Tür
hinter ihm zu. Ich hatte eine Idee, aber sie würde nur funktionieren,
wenn Torean sie nicht unehrenhaft fand, einen Helfer brauchte ich auf
jeden Fall.
Damit
mich niemand in der Nacht überraschen konnte, stellte ich eine
Metallvase ins Fenster und verrammelte die Tür mit einem Stuhl. Dann
legte ich mich ins Bett und schlief sofort ein.
Am
Morgen wurde ich von einem lauten Klopfen geweckt. Ich wickelte mich in
meine Bettdecke und öffnete die Tür einen Spalt breit. Mit meinen erst
halb geöffneten Augen schaute ich in sein frisches, waches Gesicht. Ich
öffnete die Tür und ließ ihn herein.
Er
drehte sich um während sie sich anzog. Sie sagte: "Ich brauche
Geld und habe einen Plan, aber ich brauche für die Durchführung deine
Hilfe. Genau genommen will ich jemanden betrügen."
"Was
genau hast du vor?"
Wir
gingen gemeinsam zum Markt. Er hatte erstaunlich wenig Skrupel meinen
Plan durchzuführen. Wir gingen direkt zu den Pferdehändlern und ich
sah mir die Tiere aufmerksam an. Es waren hauptsächlich Bauernpferde,
massiv gebaut und von mittlerer Größe, mit zotteligem Fell und ruhigem
Charakter. Einige Ponys und größere Reitpferde standen dazwischen und
einige Mulis standen Heu fressend in einer Ecke. Ich griff nach seiner
Hand: "In Ordnung, lass uns ein Versteck suchen."
Als
ich den Marktplatz wieder betrat, befand ich mich sofort im Mittelpunkt
des Interesses. An meiner Seite führte ich eine schwarze Stute. Ihre Größe,
der lange Behang, ihr federnder Gang und die wachen Augen ließen sie
aus der Menge der Bauernpferde hervorstechen wie einen Diamanten aus
einem Kohlehaufen. Schnell scharten sich Kauflustige um mich und fingen
an zu bieten. Ein feister unsympathischer Mann bot mir schließlich 160
Goldstücke. Eine innere Stimme sagte mir: "Los, schlag ein!"
Und ich tat es.
Ich
lachte, für die anderen klang es wie ein Wiehern. Der Fettsack hatte
mich gekauft - nun musste er nur noch auf mich aufpassen. Er warf mir
einen Strick um den Hals und führte mich vom Marktplatz in eine ruhige
Seitenstrasse mit einem Gasthaus. Ich wurde in den Stall gebracht und
bekam Hafer, Heu und Wasser.
„Das
Heu kann er selber fressen" dachte ich; aber Hafer mochte ich und
Durst hatte ich auch, also schlug ich mir den Bauch voll. Hier konnte
ich noch nicht entkommen, würde ich einfach verschwinden bekäme der
Stalljunge Ärger, der mir gerade hingebungsvoll den Rücken bürstete.
Ich drehte mich um und schnaubte ihm in den Nacken.
"Willst
du vielleicht einen Apfel?" fragte er mich.
Natürlich
wollte ich, ich nickte und er lachte und holte mir einen, den ich genüsslich
zerkaute. Nach einer Stunde kam der Kaufmann und ließ mich, und sein
anderes Pferd, aus den Boxen holen. Er zerrte an dem Strick und ich schüttelte
unwillig meinen Kopf. Er stieg von einer Kiste auf sein Pferd, das
aussah, als würden ihm gleich die Beine wegknicken, und zog mich als
Handpferd neben sich her.
Sobald
wir aus der Stadt hinaus- und in den kleinen Wald davor hineingeritten
waren riss ich mich los. Sein Pferd hatte keine Chance mir zu folgen,
ich war zu schnell. Ich galoppierte zu einem Bach und verwandelte mich
in eine Forelle. 200 Meter flussaufwärts wurde ich zum Adler und flog
zurück zur Stadt. Torean wartete am gegenüberliegenden Stadttor auf
mich. Als ich anflog streckte er einen Arm aus und ich landete darauf.
Er setzte mich auf den Boden und ich kehrte in meine ursprüngliche
Gestalt zurück.
Ich
hatte zwei Pferde gekauft und sie mit meinen und Corvinas Sachen
beladen. Dann begann ich mich zum vereinbarten Treffpunkt. Es dauerte
gar nicht lange, da spürte ich das sie näher kam. Und flog?! Ich sah
nach oben und entdeckte einen Adler, der direkt auf mich zuflog.
Instinktiv streckte ich meinen Arm aus und sie landete darauf. Ich
setzte sie auf den Boden und sah ihr zu wie sie sich zurückverwandelte.
"Na
das hat doch gut geklappt" lachte sie, noch etwas außer Atem:
"Dann können wir ja gleich weiter, welches Pferd soll ich
nehmen?" Sie untersuchte die beiden stämmigen Pferde. Eins war
grau und das andere braun.
"Ich
dachte du nimmst das graue; jedenfalls habe ich ihm deine Sachen
aufgeladen. Wie du siehst habe ich Sättel und Zaumzeug günstig
dazubekommen"
"Gut,
lange Strecken reite ich lieber mit Sattel. Wie kommen wir zu der
Seherin von der du mir vorhin erzählt hast?"
"Folge
mir einfach, es ist ein Tagesritt, wir werden morgen Mittag dort
sein."
12. Sorcha: Stille Wasser
Bei
dem Versuch mit dem Rock auf das Pferd zu steigen landete Corvina
fluchend im Unkraut. "Shit, so ein blöder Mist, diese Scheiß-Mode!"
Wütend hüpfte sie vor dem Pferd herum und zog schließlich den Rock
bis über die Knie, holte Schwung und saß dann wie ein Mann im Sattel.
Sie
folgten der gut befestigten Strasse bis sie einen Wald erreichten.
Torean schlug vor: "Lass uns eine Pause machen, hier gibt es eine
Quelle und die Pferde können sich etwas erholen."
"In
Ordnung."
Torean
sprang mit elegantem Schwung vom Pferd, während Corvina noch überlegte
wie man einen langen Rock ordnen müsste, um nicht runterzufallen. Sie
fluchte wieder leise vor sich hin, bis sie sich an eine alte Übung aus
ihrer ersten Reitstunde erinnerte. Sie legte die Hände nebeneinander
vorne auf den Sattel, holte mit den Beinen von vorne Schwung, schlug sie
über dem Rücken des Pferdes zusammen und landete im Stand an dessen
linker Seite.
"Tadaa!"
Torean
sah sie mit großen Augen an und sagte: "Du solltest nicht so
fluchen, Frauen tun das nicht und die Wörter die du benutzt kenne ich
gar nicht."
Er
schien ziemlich entrüstet zu sein und deshalb verkniff sie sich das
Lachen und sagte ernst: "Ich werde es versuchen." Als sie sich
zu ihrem Pferd umdrehte lag ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht.
"Wo
ist die Quelle?"
"Hier
drüben" Er schob einen Busch zur Seite und ein kleiner dunkler Tümpel
wurde sichtbar. Sie holte einen Becher aus ihrem Bündel, nahm dem Pferd
den Sattel ab und legte ihn über einen umgestürzten Baumstamm. Dann führte
sie das Pferd zum Wasser. Es war sauber und sehr kalt. <<Kaltes,
klares Wasser! >> dachte sie und grinste wieder. Diesmal sah er
es: "Was ist denn so lustig?"
"Kennst
du das Lied "Kaltes, klares Wasser“?" Seinem Gesicht nach
kannte er es nicht und sie ging nicht weiter darauf ein.
Als
er sah, dass sie gehen wollte, sagte er: "Wirf ein paar Blätter
ins Wasser!"
Sie
sah ihn an, offensichtlich meinte er es ernst. "Wozu?" Fragte
sie.
"Na
für den Quellgeist, er soll dich schließlich nicht runterziehen und
ertränken, oder?"
Ich
tat es und kam mir ziemlich blöd vor. Allerdings würden ein paar Blätter
mehr den See auch nicht schneller eutrophieren lassen als die Natur es
vorgesehen hatte. Ich sah, dass auch er, nachdem er sein Pferd getränkt
hatte, eine Handvoll hineinwarf. Geistesabwesend hatte ich einen Strauß
Gänseblümchen gepflückt und so begann ich einen Kranz daraus zu
winden. Als ich fertig war setzte ich ihn auf.
"Hach
wie niedlich!"
<Arschloch!!!
> dachte ich und stand auf: "Ich habe noch Durst! Bin gleich
wieder da!" Ich griff nach meinem Becher und ging zurück zur
Quelle. Die Büsche verbargen mich recht gut. Ich trank noch etwas von
dem Wasser und wusch mir das Gesicht. Dann nahm ich den Kranz ab und ließ
ihn auf dem Wasser treiben. Ich beobachtete die Luftblasen, die vom
Grund aufstiegen und genoss die Stille.
Plötzlich erschien eine kleine, grüne Hand und griff nach
dem Kranz. Er versank kurz und erschien dann wieder. Diesmal saß er auf
dem grünen Haar eines Wasserwesens. Ich wagte kaum zu atmen. Es sah
mich mit großen blauen Augen an und sagte: "Ich danke dir. So
etwas hübsches bekam ich schon lange nicht mehr."
"Gern
geschehen“, flüsterte ich und starrte es - nein - sie an. Die leicht
grünlich gefärbte Haut faszinierte mich. Da tauchte sie auf einmal
wieder unter. Ich beobachtete gebannt die kleinen Wellen die ans Ufer
schlugen und dachte schon ich hätte geträumt, als sie wieder
auftauchte. Sie streckte mir eine Hand entgegen. Zwischen den Fingern
spannten sich halbdurchsichtige Schwimmhäute und eine kleine Perle lag
darin. Ich kannte viele fiese Geschichten über Wasserwesen und ihren
Hang dazu Leute zu ertränken, streckte ihr aber dennoch meine Hand
entgegen. Sie legte die Perle hinein und sagte: "Ein Geschenk für
ein Geschenk." Dann winkte sie mir kurz zu und war verschwunden.
Sie
hatte mich berührt! Ich stand auf und ging zurück zu Torean als wäre
nicht gewesen. Ich fragte ihn: "Wie vielen Leuten werden wir
unterwegs wohl begegnen?"
"Mit
ziemlicher Sicherheit niemanden. Hier in der Gegend gibt es noch nicht
einmal Räuber."
"Dann
ziehe ich mich jetzt um." Ich holte meine Jeans aus dem Bündel und
zog sie an. "Kann weitergehen!" sagte ich und schwang mich
gekonnt auf mein inzwischen wieder gesatteltes Pferd.
Die
Frau schafft mich. Jetzt hat sie doch tatsächlich eine Hose an. Und was
für eine! Nicht den Hosenrock einer Kriegerin, sondern eine enge aus
einem mir unbekannten Stoff. Immerhin kann sie damit offensichtlich
besser reiten.
Ohne
weitere Pause ritten sie weiter bis die Nacht hereinbrach. Corvina
suchte im Unterholz nach Reisig für das Feuer.
"Müssen
wir Wache halten?" fragte sie, währen sie Torean bei seinen
erfolglosen Versuchen Feuer zu entfachen zusah.
"Nein,
ich habe einen Zauber für einsame Gegenden, der weckt uns wenn jemand
naht."
"Und
du hast keinen Zauber um Feuer zu machen?" grinste Corvina.
"Nein,
das Holz ist feucht und nimmt den Funken nicht an."
"Kein
Zunder?"
"Vergessen!"
"Hmm,
lass mich mal versuchen!" Corvina ging zu ihrem Bündel und holte
ihr Feuerzeug. Dann suchte sie ein Stück Holz voller Harz und wickelte
einen Streifen Stoff drumherum. Bald brannte ein stinkendes Feuer.
"Zum Kochen wird es reichen!"
"Was
war das denn?"
"Magie!"
Corvina
kochte eine Suppe aus den Vorräten und brühte danach etwas Tee auf.
"Was gibt es hier sonst noch zu essen?"
"Nichts,
wir befinden uns im Wald. Natürlich könnte ich versuchen etwas zu
jagen."
"Nicht
nötig, ich werde mich mal umsehen." Corvina stand auf und musterte
die nähere Umgebung. Für Blaubeeren war es zu früh, aber Brennnesseln
wuchsen überall am Rand der Lichtung. Außerdem fand sie wilde Zwiebeln
und essbare Baumpilze. Sie ging zurück zum Feuer und rollte ihre Decke
aus. "Weck mich bitte gleich, wenn du wach wirst, ich mache uns
dann Frühstück."
Ein
schläfriges Brummen antwortete ihr: "Hmmm!"
Sie
schliefen unbehelligt bis zum Sonnenaufgang, der Krieger erwachte
zuerst. Während er seine Lederrüstung anlegte wachte auch Corvina auf.
Ich
beobachtete sie, sie lieh sich meinen Handschuh und pflückte Unkraut.
Dann grub sie in der Erde und schließlich lief sie in den Wald. Als das
Wasser in dem kleinen Topf brodelte, kam sie zurück. Sie säuberte das
Unkraut und warf es in den Topf.
"Das
esse ich nicht!" Er wandte sich angewidert ab.
"Ich
werde dich nicht dazu zwingen, aber probieren solltest du!"
Erwiderte sie.
"Nein
danke!"
"Gut,
dann bleibt mehr für mich. Möchtest du etwas Brot?" Sie setzte
sich auf ihre Decke und schöpfte eine große Portion Gemüse in ihre
Schüssel. Torean beobachtete sie argwöhnisch. Ihre Schüssel war sehr
schnell leer.
Nicht
schlecht. Ein paar Nudeln hätten die Suppe abgerundet aber es schmeckte
auch so. Er setzte sich irgendwann neben mich und ich hielt ihm einen Löffel
voll unter die Nase. Nachdem er gekostet hatte, aß er den ganzen Rest.
Ich hatte mir schon gedacht, dass ich mir keine Gedanken um den
Transport der Suppe machen müsste. Improvisierte Kocherei war eine
meiner Stärken und auch wenn sie oft nicht toll aussahen, schmeckten
meine Kreationen nicht schlecht. Nach dem Essen wusch ich den Topf in
einem kleinen See ab und Torean löschte das Feuer. Auf die Seherin war
ich echt gespannt.
Ich
rollte die Decken ein, belud die Pferde und löschte das Feuer. Dann
ging es weiter. Ich war immer noch überrascht, über den guten
Geschmack des Unkrauts. Natürlich kannte ich Tricks um im Wald zu überleben;
aber die waren vom Geschmack her das letzte Mittel! Vielleicht würde
ich auf dieser Reise noch etwas lernen. Am Nachmittag erreichten wir die
Hütte der Seherin. Als "Hexe" war es ihr nicht erlaubt, in
der Stadt zu wohnen und sie selbst behauptete, dass ihr zweites Gesicht
unter zuviel Gesellschaft litt.
Die
Hütte stand auf einer kleinen Lichtung. Torean und Corvina lenkten ihre
Pferde zu einer kleinen Wiese und dort stiegen sie ab.
Torean
wollte gerade anklopfen als die Tür aufging. Eine Frau stand im Türrahmen,
lachte und sagte: "Ich habe euch erwartet, tretet ein!"
Corvina,
die inzwischen wieder ihren Rock trug, folgte der Einladung sofort und
sagte: "Ich danke euch..."
"Branwren!"
"...
Branwren." In der Hütte setzte sie sich auf den angebotenen Stuhl
und sah die Seherin erwartungsvoll an.
"Willst
du mich prüfen?"
"Nein,
ich habe mich gerade gefragt was ihr wohl als Lohn verlangt, ich habe
viele Fragen."
"Das
weiß ich wohl. Könntet ihr euren Gefährten dazu bringen sich
hinzusetzen?"
Corvina
drehte sich halb um und warf Torean einen ernsten Blick zu. <<Setz
dich hin und halt still! >> Torean blickte auf und setzte sich
dann auf eine Bank neben der Tür.
Branwren
sah Corvina lächelnd an und fragte dann: "Was genau willst du
wissen?"
"Wo
kann ich sie finden, wie sehen sie aus und wie heißen sie?"
"Ich
kann dir leider nicht alle Fragen beantworten, aber ich weiß dass keine
an einem Ort ist, wo du nicht schon warst."
"Was?
Und ich habe sie nicht erkannt?"
"Ihr
habt euch zeitlich verpasst, aber keine Sorge, du wirst sie finden.
Und..." , die Tür knarrte, "... eine schon sehr bald!"
Torean
sprang auf und zog sein Schwert. Corvina drehte sich auf dem Stuhl um
und sprang dann ebenfalls auf. Die Gestalt in der Tür sprang einen
Schritt zurück und rief: "Holla, wer bist du denn?" während
sie Torean musterte.
"Lauren!"
Corvina stürmte zur Tür, schubste Torean zur Seite und umarmte ihre
Freundin. "...was machst du denn hier?"
Lauren
umschlang sie mit ihren schlanken Armen. Torean stand daneben und fühlte
sich fehl am Platze.
"Blöde
Frage! Ich habe dich gesucht. Wir können nur zurück, wenn wir alle
zusammen sind."
"Ich
will noch nicht zurück!"
"Ich
doch auch nicht, aber wer weiß wie es Jenny und Sam geht. Ich wollte
sie wenigstens fragen. Außerdem wollten wir doch zusammen sein,
oder?"
"Du
hast recht."
"Was
machst du hier eigentlich?"
"Ich
lerne. Bald bin ich eine Hexe."
"Sie
ist schon eine Hexe" warf Branwren ein.
"Wie
bist du hergekommen?"
"Ich
fand deine Unterlagen, löste das Rätsel - und schon war ich da."
"Wo
bist du gelandet?"
"Auf
einer Lichtung."
"Ah,
dann hast du sicher den Troll gefragt in welcher Richtung du uns finden
kannst!"
"Nicht
wirklich." Lauren wirkte etwas zerknirscht: "Ich bin in den
Wald gelaufen, einfach der Nase nach..."
"Und
ich habe sie gefunden."
"Und
der Rest ist Geschichte!" schloss Corvina.
Torean
hatte Lauren in der Zwischenzeit beobachtet.
<<Ist
aber nicht die kräftigste?>>
Corvina
warf ihm einen kurzen Blick zu und nickte leicht, dann wandte sie sich
an Lauren: "Willst du uns begleiten? Wir suchen die anderen um
sicherzugehen, dass es allen gut geht und keine nach Hause will."
Lauren
überlegte kurz: "Ich würde lieber hier bleiben und weiter
lernen."
"Wie
du meinst. Dann bleib aber auch wirklich hier, damit wir wissen, wo wir
dich finden können."
"Ja,
ist gut." Lauren sah Torean an: "Wer bist du eigentlich?
13. Sorcha: Hexerei
Ich
antwortete für meinen offensichtlich etwas verwirrten Begleiter:
"Das ist Torean, Beschützer der Hilflosen, Rächer der Geschädigten,
Vernichter allen Übels und... mein Angestellter."
Lauren
und ich grinsten uns an. Dann sagte sie: "Es ist mir eine Ehre euch
kennen zulernen Torean. "
Das
Gesicht kannte ich aus unserem Englischunterricht, sie versuchte
krampfhaft ernst zu bleiben. Dann fragte sie mich leise: "Seit wann
brauchst du denn einen Beschützer?"
-
Oh, sollte ich vergessen haben ihr von meinen neuen Fähigkeiten zu
berichten?
Branwren
lud uns ein. Torean und ich versorgten die Pferde und brachten danach
unsere Sachen in die Hütte. Danach unterhielt ich mich lange mit
Branwren und Lauren.
Irgendwann
vermisste ich Torean. Er hatte sich heimlich verdrückt. Ich
entschuldigte mich bei den beiden Hexen und ging ihn suchen. Ich fand
ihn auf dem freien Platz hinter der Hütte. Er war in eine Waffenübung
vertieft. Sah nicht schlecht aus und es flößte mir einigen Respekt
ein. Lauren setzte sich irgendwann neben mir auf den Boden und flüsterte
mir zu: "Wo hast du ihn her?" Ich ging mit ihr in die Hütte
zurück und erzählte ihr von den Elfen im Wald. Ich wollte nicht in der
Hütte schlafen und rollte meine Decke draußen neben Toreans aus. Wir
unterhielten uns noch ein wenig und ich fragte ihn, ob er mir zeigen könnte,
wie man mit einem Schwert umgeht und er versprach mir, mir die
Grundlagen beizubringen.
Jeden
anderen hätte ich sofort zum Zweikampf aufgefordert, wenn er sich über
mich lustig gemacht hätte; aber sie waren Frauen und Corvina zeigte
wohl auf diese Weise ihren Respekt und die anderen hatten sie auch
verstanden. Nun, niemand konnte von mir erwarten, dass ich Frauen
verstand. Vielleicht sollten wir noch etwas bleiben. Corvina tut die
Gesellschaft ihrer Freundin gut und vielleicht erhalten wir noch mehr
Auskünfte von Branwren.
Krieger
und Gestaltwandlerin erwachten bei Sonnenaufgang, während die Hexen
schliefen, bis sich der Morgennebel verzogen hatte. Corvina bekam ihr
erste Stunde im Schwertkampf - allerdings ohne Schwert. Sie hatte wieder
ihre Jeans angezogen und gab sich viel Mühe. Als Torean beschloss es
sei genug, wischte sie sich die Haare aus dem Gesicht und setzte sich
auf den Boden. Dann sah sie ihn an: "Sei ehrlich, besteht eine
Chance dass ich das lerne?"
Er
lachte: "War doch ganz gut, hast du schon mal gekämpft?"
"Nicht
mit Waffen, aber wenn ich mal zugeschlagen habe, habe ich auch
gewonnen." Sie wurde rot. "Meistens hat mein Gegenüber nicht
damit gerechnet."
"Das
kann von Vorteil sein!" Er grinste.
"Wer
mich unterschätzt muss mit Überraschungen rechnen. Das war schon immer
so." Sie sagte es mit so ernster Mine, dass er merkte dass sie
nicht scherzte. Auf einmal hellte sich ihr Gesicht wieder auf und sie
sagte: "Ich gehe jetzt Erdbeeren fürs Frühstück suchen, kommst
du mit?"
"Gleich"
Er räumte seine Sachen weg und steckte das Schwert in die Scheide. Bald
hatten sie einige Handvoll gefunden, die Corvina in ein Taschentuch
packte und sie waren fast satt, von denen, die sie beim Sammeln vertilgt
hatten.
Branwren
erschien in der Tür der Hütte, als sie gerade zurückkehrten:
"Na, schon wach? Corvina komm bitte, ich möchte dir etwas
zeigen." Sie gingen in die Hütte und Branwren schickte Lauren, die
gerade aufgewacht war, Wasser holen. "Ich will dir zwei Zauber
zeigen, die dir nützlich sein könnten"
"Geht
das so schnell?"
"Nicht
ohne Vorkenntnisse."
"Aber
ich habe doch keine!"
"Was
denkst du eigentlich wie deine Gestaltwandlungen funktionieren?"
"Ach
so! Nun gut, dann mal los. Was bringst du mir bei?"
"Einen
Feuerzauber und einen Fesseltrick. Sieh dir genau an was ich mache und
merke es dir gut." Sie stellte sich vor ihren Kamin, zeigte mit dem
Finger darauf und ein kleiner Flammenball flog in das Holz und setzte es
in Brand. "Verstanden?"
Corvina
nickte.
"Dann
du!" Branwren löschte das Feuer mit einer Handbewegung und schob
Corvina vor den Kamin. Diese hob ihre Hand, zeigte auf das Holz und -
nichts passierte. Sie schaute Branwren fragend an.
"Du
musst nach innen greifen, wie bei der Verwandlung." Corvina
versuchte es noch einmal und ein winziges Flämmchen sprang Richtung
Holz und steckte es an "He, das geht!"
"Du
musst noch üben, aber das Prinzip ist klar, für den Fesselzauber
brauchst du ein Stück Seil, Garn oder Bast. Du stellst dir einfach vor
wie du den anderen fesselst oder das Seil z.B. um einen Arm schlingst,
den du so steuern kannst. Hier, nimm das Band und versuch es mal an
mir." Corvina legte das imaginäre Band um Branwrens Hand und zog
sie Richtung Decke. Es funktionierte.
"Gut,
du kannst beides abends üben. Der Feuerball kann so groß wie ein
Wagenrad werden und ein Haus zerstören. Ich vertraue dir und weiß dass
du ihn nicht falsch einsetzen wirst, Lauren hat mir viel von dir erzählt.
Nach dem Frühstück werdet ihr weiterreisen. Hol die beiden herein, der
Tee ist schnell gekocht."
Sie
ließen die Tür offen, damit die Sonne den Raum durchfluten konnte und
unterhielten sich während des Essens. Die Frauen räumten danach den
Tisch ab und Torean belud die Pferde. Branwren griff in ein Regal und
holte zwei kleine Phiolen herunter: "Ich denke die werdet ihr
brauchen können." Sie lächelte. "In der blauen ist ein
Mittel gegen Verbrennungen" sie zwinkerte Corvina zu "und in
der gelben eine Salbe, die Wunden schnell und ohne Narben heilen lässt.
Ich wünsche euch viel Glück für eure weitere Reise." Lauren
umarmte Corvina zum Abschied und winkte den beiden hinterher als sie
fortritten. Dann drehte sie sich um und fragte Branwren: "Was lerne
ich heute?"
"In
welche Richtung reiten wir?"
"Wenn
sie dort zu finden sind wo ich schon war, sollten wir vielleicht zu
meinem Ausgangspunkt zurückkehren."
"Ausgangspunkt?"
"Dort
wo ich ankam, eine Lichtung mit einem See. Kennst du den Ort?"
"Es
gibt viele Lichtungen in diesen Wäldern und auf fast jeder findet man
einen See."
"Es
war ein Berg in der Nähe, harter Stein, von Höhlen durchzogen und sie
muss ungefähr in..." Corvina schaute sich um und deutete nach Südosten
"...der Richtung liegen."
"Willst
du querfeldein reiten? Oder auf dem Weg bleiben und vom Dorf aus die
Strasse nach Süden nehmen und ihr so weit wie möglich folgen?"
"Was
würdest du tun?"
"Durch
das Dorf reiten und dort übernachten, Vorräte kaufen und den
einfachsten Weg für die restliche Strecke wählen."
"Einverstanden,
machen wir es so, reite vor, ich folge dir."
14. Sorcha: Der Überfall
"Wollen
wir nicht bald mal anhalten?" fragte Corvina, nachdem ihr Pferd zum
x-ten Mal gestolpert war „Ich habe keine Lust mich auf dem Boden
wiederzufinden."
"Etwas
weiter die Strasse hinauf ist ein geeigneter Lagerplatz. Es fließt ein
Fluss in der Nähe."
"Ok.
Reite du schon mal vor, ich sammle Holz." Sie lenkte ihr Pferd
neben seins und gab ihm den Kessel. Dann stieg sie vom Pferd und zog es
am Zügel hinter sich her. Es blieb dösend stehen, sobald sie die Zügel
losließ und sie hatte bald einen Berg Holz und Reisig
zusammengesammelt. Sie führte das Pferd bis zu der Ausbuchtung an der
Strasse wo Torean wartete. Ein Steinkreis mit alter Asche lud dazu ein
sofort ein Feuer zu entfachen. Corvina schichtete das Holz zu einem
Kegel und trat drei Schritte zurück. "Pass auf!" sie schoss
einen kleinen Feuerball in das Holz. Der Kegel fiel auseinander, aber er
brannte.
"Lass
mich raten, du übst noch?"
"Also
ich finde für das zweite mal war es gar nicht so schlecht. Willst du
mein Feuerzeug haben? Ich schenke es dir." Er freute sich:
"Klasse, gib her!"
Sie
reichte es ihm und sah ihm zu wie er versuchte es anzubekommen. Als er
anfing Zaubersprüche auszuprobieren wie: "Licht erscheine!"
und dabei immer lauter wurde, zeigte sie ihm wie es ging.
Das
hätte sie mir auch früher zeigen können.
Die
Schwertübungen fielen an diesem Abend aus. Auch das Essen war kalt.
Torean packte Brot aus, während Corvina Tee aufbrühte. Nach der
schlichten Mahlzeit schlief Corvina sofort ein. Torean legte noch einmal
Holz nach und machte es sich danach bequem. Er vergaß den Bannkreis zu
ziehen. Mitten in der Nacht wachte er auf.
Ein
Geräusch weckte mich. Ich hatte vergessen den Kreis zu ziehen. Ich
sprang auf und zog mein Schwert, doch es war zu spät. Sieben zerlumpte
Gestalten standen um mich herum und einer stand neben Corvina und legte
ihr einen Dolch an die Kehle, als sie gerade aufwachte. "Waffe
runter!" Ich sah Corvina an und sie nickte. Ich ließ das Schwert
fallen und zeigte meine leeren Handflächen.
"Geld
oder Leben!"
"Wir..."
Corvina
unterbrach mich: "Wir nehmen euer Geld!"
Diese
verrückte Frau, wollte sie uns umbringen? Die Räuber waren irritiert.
Dann
erklärte einer von ihnen: "Nein, wir wollen dein Geld!"
Corvina
wandte sich an mich: "Haben wir noch etwas über?"
"Nur
ein par Kupferstücke. Wartet, ich hole sie aus meinem Bündel."
Einer
von ihnen hielt mir ein rostiges Schwert an die Rippen, als ich zu den
Pferden ging. Gut das Corvina ihren Rock nachts über die Hose zog. Was
sollten wir machen? Normalerweise hätte ich gekämpft, aber wer zahlt
hat das Kommando.
<<Sie
dürfen mein Bündel nicht bekommen, Torean!>>
"Hier
ist das Geld. Das ist alles was wir haben."
"Nicht
gerade viel..." Der Räuber sah sich um. Fesselt sie. Wir bleiben
den Rest der Nacht hier und morgen reiten wir weiter"
Sie
wollten unsere Pferde stehlen, welch eine Ironie, wenn man bedenkt wie
wir sie bekommen hatten. Corvina jammerte als man ihr die Hände auf den
Rücken fesselte und danach ihre Füße zusammenband.
Torean
gab keinen Ton von sich als er gefesselt wurde. Sie banden ihn noch zusätzlich
an einen Baum. Die Bündel tasteten sie nicht an. Ich versuchte, die
Fesseln abzustreifen, aber es gelang mir nicht, meine Hände frei zu
bekommen. Dafür konnte ich die Räuber belauschen. "Was machen wir
mit ihnen?"
Sie
beratschlagten eine ganze Zeit und einigten sich schließlich leise
darauf, Torean umzubringen und mich zu verkaufen. Nur keine Panik!
<<Kannst du dich befreien?>> Fragte ich Torean.
<<Nein,
die Handfesseln sind so eng, dass ich das Gefühl in den Händen
verloren habe.>>
<<Sie
wollen dich morgen früh umbringen und mich verkaufen>>
<<Oh,
dann flieh später, wenn sich eine Gelegenheit bietet>>
<<Du
spinnst wohl ich gehe nicht ohne dich los, immer locker bleiben, welches
Tier wäre angebracht?>> Ich überlegte fieberhaft. Ein Löwe?
Nein, dann wären die Pfoten noch gefesselt. Ha, ich hab's.
<<Schlafen sie?>>
<<Sieht
so aus.>>
<<Gut,
dann halt still und sei leise!>> Ich verwandelte mich in ein Eichhörnchen
und hüpfte aus den Fesseln. Dann rannte ich zu Torean und nagte an den
Stricken, die seine Hände fesselten. <<OK, ich hab sie durch,
aber beweg dich trotzdem nicht>> An den Füßen wiederholte ich
meine Knabberei, dann hüpfte ich auf sein Knie und sah ihn an. Sein
Gesicht wirkte verzerrt. <<Alles ok?>>
<<Meine
Hände werden gerade wieder durchblutet, es ist unangenehm!>>
Er
befreite leise seine Hände und rieb seine Handgelenke. Dann strich er
mir über den Rücken.
Das
Eichhörnchen hüpfte zu den Bündeln und dann zu den Pferden.
<<Wir
werden die Pferde hier lassen müssen.>> Corvina verwandelte sich
wieder, dieses Mal in einen riesigen Tiger. Sie nahm ihr Bündel ins
Maul und trug es in den Wald, dann holte sie Toreans. Bis auf das
Schnarchen der Räuber war kein Laut zu hören.
<<Das
Schwert kann ich dir nicht bringen>> Die Scheide war noch an
Toreans Gürtel befestigt und der Arm von einem der Räuber lag über
dem Griff. <<Ich würde mir die Zunge abschneiden>>
<<Ich
hole es>> während Torean zu seinem Schwert schlich, versteckte
Corvina die Bündel unter einem Strauch.
Als
Torean versuchte das Schwert zu befreien, wachte der Räuber auf.
"He, was..." Bamm. Ein Schlag von Torean schickte
ihn wieder schlafen. Torean lief in Richtung Wald, doch die anderen Räuber,
nun alarmiert, stellten sich ihm in den Weg.
<<Ich
komme nach, lauf!>>
Ein
lautes Grollen machte die Räuber auf Corvina aufmerksam, die vorher
verborgen im Schatten gestanden hatte und nun daraus hervortrat.
"Was
zum Henker.." rief einer ungläubig und starrte den Tiger an.
Torean
durchbohrte ihn mit seinem Schwert und der Weg in den Wald war frei.
Corvina sprang nach vorn und stellte sich zwischen ihn und die Räuber.
Ich
fauchte sie wütend an. Einer hatte einen Dolch gezogen und griff mich
an. Ein Prankenhieb riss ihn von den Beinen. Die anderen liefen weg,
leider flüchteten zwei auf unseren Pferden. Ich scheuchte die anderen
noch ein Stück vor mir her, brüllte zum Abschied hinter ihnen her und
lief dann zurück ins Lager.
Ich
sah mich um und beschloss die Habseligkeiten der Räuber zu durchsuchen.
Dazu brauchte ich geschickte Hände also verwandelte ich mich in einen
Affen.
Was
ich fand überraschte mich. In jedem Bündel waren fünf Goldstücke und
in einem, ein juwelenbesetzter Dolch. Ansonsten war aber nichts
brauchbares zu finden. Sie hatten noch nicht einmal Vorräte dabei. Ich
versteckte unsere Sachen noch etwas sorgfältiger und machte mich danach
auf die Suche nach Torean. Als Hund fiel es mir leicht seine Fährte
aufzunehmen und bald hörte ich ihn wütend durch den Wald stapfen. Als
er mich sah wurde er gleich ruhiger.
Ich
fragte sie sofort ob es ihr gut ging. Ich hatte mir Sorgen gemacht, aber
ihr war zum Glück nichts geschehen. Sie führte mich zu unseren Bündeln
und machte mich auf "Unsere" Beute aufmerksam. Dann trottete
sie zu einem der Sättel und schnüffelte daran. Sie drehte sich zu mir
um und sah mich an. Dann verwandelte sie sich in eine große
Schimmelstute. <<Na los, mach schon, ich will hier weg!>>
Torean
sattelte Corvina und unterhielt sich dabei mit ihr. "Bin ich dir
auch nicht zu schwer?" Das Pferd schüttelte den Kopf. Er schnallte
die Bündel am Sattel fest und stieg vorsichtig auf. Dann lenkte er sie
in Richtung Dorf.
Nach
einiger Zeit auf der Strasse schüttelte sie unwillig den Kopf und blieb
stehen. "Was ist?"
<<Hör
auf mich zu treten, ich bin kein echtes Pferd, trittst du mich noch ein
Mal, gehst du zu Fuß!>>
"Oh,
entschuldige, war nicht so gemeint." Corvina schnaubte.
<<Wie
weit ist es bis zum Dorf?>>
"Etwa
ein Tagesritt."
<<Ich
beschleunige die Sache mal etwas.>> Sie galoppierte los. Erst als
nach einer Stunde die Strasse unebener wurde, drosselte sie das Tempo.
"Wie
lange kannst du das durchhalten?"
<<Fünf
Stunden, höchstens, dann brauche ich eine Pause. Ich habe Durst, ist
ein Fluss in der Nähe?>>
"Nach
links, er fließt parallel zur Strasse." Er hatte die Zügel schon
lange nicht mehr in der Hand.
Das
Ufer des Baches war für ein Pferd zu steil. Torean stieg ab und band
den Kessel los. "Du brauchst dich nicht zu verwandeln" Er
kletterte die Böschung hinab und schleppte ihr drei Kessel voll Wasser
hoch. Erst danach trank er selbst etwas. <<Danke>>
"Keine
Ursache"
Er
stieg wieder auf und sie setzten ihren Weg auf dem schmalen Streifen
neben der Strasse fort. Nach einer halben Stunde Trab merkte sie das er
unruhig wurde und im Satte hin und herrutschte. Sie lachte, auch sie
mochte den Trab beim Reiten nicht allzu gerne. Er rüttelte einem die
Knochen durch, wenn man ihn aussaß. Die Strasse war wieder ebener und
so setzten sie den Weg im Galopp fort. Am Nachmittag erreichten sie das
Dorf.
<<Ich
will nicht im Stall übernachten!>> Er stieg ab und wollte ihr das
Gepäck und den Sattel abnehmen. <<Lass meine Sachen drauf und
nimm nur das Geld und dein Bündel. Alles was ich berühre kann ich mit
umwandeln.>> Sie wählte die Gestalt eines großen schwarzen
Hundes.
"Wie
soll ich dich nennen?"
<<
Wie wäre es mit S H? Wie schwarzer Hund?>>
"SH?
Es ha, Essa? Wie wäre es mit Duvessa?"
<<Ja,
klingt gut>>
"Es
bedeutet schwarze Schönheit", er lachte.
Auf
dem Weg ins Dorf beobachtete er sie: "Du benimmst dich nicht wie
ein Hund." Sie sah ihn mit ihren braunen Hundeaugen an. Sobald sie
das Dorf betreten hatten begann sie zu hecheln und schnüffelte an allem
was ihr vor die Nase kam. <<Besser?>>
15. Torean: Informationen
Ich
ging direkt zum Wirtshaus. Das Dorf bestand nur aus wenigen Häusern,
die um die Strasse und die Dorfeiche herum gebaut worden waren. Die
Leute blieben stehen und blickten mir nach. Corvina lief an meiner
Seite. Ich stieß dir Tür auf und trat in den kleinen Schankraum. Jetzt
am Abend waren schon einige Gäste da. Aus der Küche roch es nach
Braten und Eintopf. Der Wirt stützte die Arme auf die Theke und starrte
mich an: "Womit kann ich euch dienen Fremder?"
"Ich
suche eine Unterkunft für die Nacht und eine Mahlzeit für mich und
meinen Hund."
"Ein
Zimmer mit Abendessen und Frühstück kostet ein Goldstück und fünf
Silberlinge"
"Das
ist ein Angebot"
Der
Wirt strahlte mich an: "Setzt euch doch, ich werde euch gleich
etwas bringen, was möchtet ihr trinken?"
<<Apfelbier!>>
Ich
bestellte ein Bier und ein Apfelbier und als der Wirt es brachte nahm
ich einen tiefen Zug von dem Bier. Unter den Tisch knurrte Corvina.
"Kann
ich eine Schale für meinen Hund haben?"
Der
Wirt brachte mir eine und ich goss das Apfelbier hinein. Corvina trank
die Schüssel leer und leckte sie dann noch aus.
"Na
hat man so etwas schon gesehen? Wo habt ihr denn diesen Hund her?"
Ich
antwortete: "Sie ist mir zugelaufen."
Hund
sein hat Vor- und Nachteile. Nachteil: Man muss auf dem Boden sitzen.
Vorteil: Niemand achtet auf einen Hund.
Ich
belauschte die Gespräche an den anderen Tischen. Zwischendurch ließ
ich mir von den Gästen die Ohren kraulen. Immer mehr Leute kamen und
quetschten sich an die schmalen Tische. Auch Torean war inzwischen
eingekeilt zwischen einem Bauern und einem Viehhändler, der nur auf der
Durchreise war. Er unterhielt sich mit beiden, als ich plötzlich etwas
interessantes hörte.
"Ja,
und sie sollen angeblich seinen Dolch gestohlen haben. Er hat sich wütend
auf die Suche nach ihnen gemacht. Wenn er sie erwischt, werden sie es
bestimmt nicht überleben."
"Wer
ist schon so blöd und beklaut einen Magier?"
"Wärense
schlauer, wärens kene Räuber gworden."
"Ja,
da haste Recht."
„Also,
ich habe gehört das er schon einen von ihnen hatte, aber der hatte den
Dolch nicht mehr. Er behauptete wohl er wäre ihnen gestohlen
worden."
"Was
hat er mit ihm gemacht?"
"Ich
weiß nicht. Vielleicht hat er ihn in einen Stein verwandelt."
"Oder
in eine Kröte, haha."
"Was
kümmerts uns, wir sind ehrliche Leute. Was willst du für die
rotgescheckte?"
Aha,
das war ja sehr aufschlussreich.
Ich
wollte gerade Torean auf meine Entdeckung aufmerksam machen, als die Tür
aufging und einen Schwall frischer Luft einließ. Ein Mann und eine Frau
betraten den Schankraum. Sie sahen sich kurz um und begrüßten den
Wirt. Die einzigen freien Plätze waren an Toreans Tisch. Sie gingen auf
ihn zu und fragten: „Dürfen wir uns zu euch setzen?“ Er nickte und
sie setzten sich. Ich trottete zu Torean und setzte mich neben seine Füße.
Ob
er wusste mit wem er sich unterhielt?
Die
beiden Neuankömmlinge stellten sich vor.
Die
Frau sagte: „Mein Name ist Ivy und das ist mein Begleiter Farn.“
„Torean“
erwiderte er knapp.
Corvina
bellte – „ ... und das ist Duvessa, mein vorlauter Hund.“
Sie
bellte noch einmal.
Ivy
zog eine Augenbraue hoch sagte aber nichts. Der Wirt wandte sich an Farn
um die Bestellung aufzunehmen, aber Ivy bestellte für beide.
Corvina
robbte zu Farn und legte ihren Kopf auf seinen Fuß. Er ließ sie gewähren
und wirkte etwas lockerer.
„Übernachtet
ihr hier?“ Fragte Torean.
„Ja,
ich habe zwei Zimmer für uns bestellt.“ Nun zog Torean die
Augenbrauen in die Höhe.
„Wohin
seid ihr unterwegs?“
„Ich
ziehe Richtung Süden durch den Wald weiter.“
„Auch
wir müssen in diese Richtung. Wenn ihr mögt, können wir zusammen
reisen.“
„Gut,
seid ihr zu Pferd unterwegs?“
„Ja,
wir müssen sie aber im nächsten Dorf wieder abgeben, sie sind nur
geliehen.“
„Wann
reitet ihr los?“
„Am
frühen Vormittag, wir müssen vorher noch etwas erledigen.“ Farn
nickte.
„Gut,
dann besorge ich mir ein Pferd und warte auf dem Marktfleck.“
Torean
stand auf und ging hoch zu seinem Zimmer. Als er dort ankam stellte er
fest, dass Corvina ihm nicht gefolgt war. Er stieg die Treppe wieder
herunter und fand sie schlafend auf dem Boden unter dem Tisch. Farn sah
ihn etwas hilflos an und zuckte mit den Schultern. Ivy beugte sich nach
unten und schlug dann vor: „Wir bringen sie vorbei, wenn wir
hochkommen. Vielleicht übernachtet sie auch bei uns.“
Torean
zögerte: „Na gut. Ihr könnt mich jederzeit wecken.“
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