Moira Morgan Teil 1 |
Die Reise der Moira Morgan |
Ich
hatte das Leben in der Stadt satt. Wieder einmal dachte ich über meine
Situation nach und war nicht besonders zufrieden. Ich hatte kaum Geld,
keine Freunde, keine Familie und keine vielversprechende Zukunft in dieser
Stadt. Nie war mir das so klar gewesen wie heute. Den
ganzen Abend hatte ich in der Kneipe bedient und kaum Trinkgeld bekommen,
die hübscheren Mädchen hingegen hatten die Taschen voll. Ich missgönnte
es ihnen nicht. Sie waren jünger als ich, hatten aber beide schon Kinder
zu ernähren und Ehemänner zu bedienen. Ich
brachte einer Gruppe von Abenteurern ihr Essen
und kassierte bei einigen Spielern in der hinteren Ecke. Ich sah
mich in der Kneipe um und stellte fest, dass ich sie hasste. Die Luft war
stickig, einige der Besucher stanken zum Himmel und es war laut. Kein
Musiker war heute Abend aufgetaucht und ich hatte das Gefühl im Rauch des
Kaminfeuers langsam aber sicher zu ersticken. Und die Taverne war nur halb
voll. Ich
stellte das Tablett auf dem Tresen ab und fragte den Wirt ob ich gehen könnte.
Er sah sich um und nickte mir zu. Ich holte meine Sachen aus dem
Hinterzimmer und winkte im Rausgehen meinen Kolleginnen zu. Dann machte
mich auf den Weg in den Wald. Ich sparte mir das Geld für ein Zimmer und
übernachtete den ganzen Sommer über unter einem Baum im Wald. Ganz in
der Nähe war eine kleine Quelle und essbare Früchte, Nüsse und Wurzeln
ließen sich leicht finden. Als
ich an meinem Schlafplatz angekommen war, legte ich mich auf meine Decke
und betrachtete die Sterne durch das Blätterdach. Der Wind rauschte in
den Bäumen und ab und zu fiepte ein Vogel. Ich sah einen Fuchs in der Nähe
vorbeischleichen, dann schlief ich ein. In
der Nacht träumte ich von einem großen Wald und wilden Bergen und als
ich am Morgen erwachte verschwand die Erinnerung an diesen Traum nicht. Während
ich mir einige Beeren zum Frühstück suchte, beschloss ich fortzugehen.
Ich spürte das Verlangen die Wälder des Nordens zu sehen. Bis jetzt
hatte das Leben mir nur wenig geboten und so machte ich mich gleich auf
den Weg. Ich ging ein letztes Mal durch die Stadt und sagte dem Wirt, dass
er sich ein neues Schankmädchen suchen müsse, dann kaufte ich etwas
Proviant. Ich
folgte dem Küstenweg nach Norden, wich aber ab und zu von ihm ab, um die
Umgebung zu untersuchen. Ich hatte noch viel Zeit um in den Nordwald zu
gelangen. Meine
erste Nacht verbrachte ich in einem kleinen Wald, der fast an das Meer
grenzte. Ein kleiner Bach durchfloss ihn und ich suchte mir eine halbwegs
trockene Stelle in seiner Nähe. Das Rauschen des Baches und das Geräusch
der Brandung begleiteten mich in den Schlaf. Mitten in der Nacht wurde ich
geweckt. Eine zart gebaute, junge Frau kniete neben mir und rüttelte an
meiner Schulter. Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen
und sie sagte: „Wenn du nicht sehr nass werden willst, solltest
du dir einen anderen Schlafplatz suchen. In den Bergen hat es gestern
geregnet und der Bach wird bald über die Ufer treten.“ Ich
starrte sie an. Sie war einfach wunderschön. Ihr Gesicht wurde von
wundevollen blonden langen Haaren umrahmt und ihre Augen waren dunkelblau
wie ein abendlicher Frühlingshimmel. „Danke
dass du mich geweckt hast.“ Ich stand auf und wickelte meine Decke
zusammen. „Mein
Name ist Jirana, ich wohne in einer kleinen Hütte nicht weit von hier. Du
kannst mich begleiten und den Rest der Nacht bei mir verbringen wenn du
willst. Wie heißt du?“ „Mein
Name ist Moira Morgan.“ Sie
führte mich zu einer kleinen Hütte und stieß mit einer einladenden
Geste die Tür auf: „Tritt ein und sei willkommen Moira Morgan.“ „Ich
danke dir Jirana. Kann ich hier auf dem Boden schlafen?“ „Du
kannst im Bett schlafen, ich habe noch etwas zu erledigen. Schlaf gut.“ „Danke.“
Ich legte mich auf meine Decke und schlief sofort wieder ein. Als ich am
Morgen erwachte, war Jirana noch nicht in die Hütte zurückgekehrt. Ich
rollte meine Decke ein und befestigte sie an meinem Bündel. Dann trat ich
vor die Tür. Im
Dunkel der Nacht hatte ich nicht bemerkt, dass die Hütte fast direkt am
Strand stand. Sie stand auf einer kleinen Erhöhung, die auch von einer
großen Flut kaum erreicht werden würde. Die Tür wies aufs Meer. Ich
entdeckte Jirana, sie saß am Strand und neben ihr saß ein Mann. Er hatte
einen Arm um sie gelegt und sie sahen aufs Meer hinaus. Einerseits wollte
ich sie nicht stören, aber andererseits wollte ich mich von Jirana
verabschieden und mich noch einmal bei ihr bedanken, also hustete ich um
sie auf mich aufmerksam zu machen. Sie drehten sich beide zu mir um und
der Mann sprang auf und lief ins Meer. Jirana kam auf mich zu und fragte:
„Na, hast du gut geschlafen? Sieh dir an was aus dem Bach geworden
ist.“ Gehorsam
sah ich in die Richtung und entdeckte einen reißenden Strom, der ungefähr
drei mal so breit war wie der kleine Bach vom Vortag. Aber mich beschäftigte
etwas anderes und so fragte ich: „Wer war das?“ „Das
war mein Freund, wir kennen uns noch nicht lange.“ „Ist
er schüchtern?“ „Ein
wenig. Er meidet Fremde.“ „Schade,
ich hätte ihn gerne kennen gelernt. Er muss etwas besonderes sein.“ „Wie
kommst du darauf?“ Ohne es zu merken war ich Jirana wieder bis zur Hütte
gefolgt. Sie fing an Frühstück für uns beide zu machen und ich half ihr
dabei. „Versteh
mich nicht falsch, aber du bist die schönste Frau die ich jemals gesehen
habe, jeder Mann würde dich gerne zur Frau nehmen. Du kannst dir also die
Sahnestücke heraussuchen.“ Sie
errötete und sagte dann: „Ich mag aber nur ihn und er ist der
interessanteste Mann dem ich je begegnet bin. Wir lieben beide das
Wasser.“ Ich
konnte mir die Frage nicht verkneifen es war einfach zu offensichtlich:
„Du bist eine Halbfee, oder?“ Sie
musterte mich kurz und sagte dann: „Ja, meine Mutter war eine Wasserfee,
eine Flussnymphe.“ Beim
Frühstück erzählte sie mir mehr. Ihr Vater hatte sie aufgezogen, aber
die Männer im Dorf wurden bald zu aufdringlich und so zog sie fort in
diese Hütte. Sie lebte seit fast einem Jahr allein hier und erst vor
einigen Wochen hatte sie den Muiraleta kennen gelernt. Nachdem ich sie
ausgefragt hatte, beschloss sie, mich auszufragen. Sie erfuhr von meinem
Vorhaben in den Norden zu ziehen um die legendären Wälder der Elfen zu
sehen. „Das
stelle ich mir auch interessant vor. Ich habe zwar nicht so viel für Wälder
übrig wie du, aber auf so einer Reise kann man sicher viel lernen.“ Sie
schenkte mir noch einen Schluck Tee ein und fragte dann: „Hast du schon
mal eine Elfe gesehen?“ Als
ich verneinte, überlegte sie kurz und sagte dann: „Möchtest du meinen
Freund kennen lernen? Die Muiraleta sind die Elfen der Meere und er muss
sich irgendwann an Menschen gewöhnen.“ Ich
war neugieriger als eine Katze und so liefen wir zum Meer. „Es
klingt vielleicht komisch, aber Otter hat Angst gefangen zu werden, also
sollten wir hineingehen und ein Stück schwimmen.“ Ich
zog meine Überkleidung aus und watete ins Wasser. Es war kalt aber ich
gewöhnte mich schnell daran. Ich war schon immer gern im Meer hinter den
Fischen hergeschwommen, doch Jirana schwamm, als wäre sie im Wasser
geboren (Was wahrscheinlich auch stimmte). Ich tauchte hinter ihr her und
versuchte nicht zu weit zurückzubleiben. Sie
hatte Recht, im Wasser störte es ihren Freund nicht sich mit uns zu
unterhalten und mittags, als meine Lippen langsam blau wurden, begleitete
er uns an den Strand. Jirana ließ uns kurz allein und holte etwas zu
Essen aus der Hütte. Ich hatte den Muiraleta genau beobachtet. Als
das Wasser so flach wurde das er stehen konnte, verschwand sein
Fischschwanz und er bekam menschliche Beine. Ich
unterhielt mich den ganzen Tag mit den beiden und Jirana lud mich für
eine weitere Nacht zum Bleiben ein. Ich nahm das Angebot an, machte mich
aber dafür früh am nächsten Morgen auf den Weg nach Norden. Ich
versprach den beiden von mir hören zu lassen. Wasserwesen gab es zum Glück
überall und sie würden bestimmt bereit sein, eine Nachricht zu übermitteln.
Jirana schenkte mir zum Abschied eine Muschel an einem Band, die man um
den Hals tragen konnte; ich bedankte mich bei ihr und legte sie gleich an.
Als ich gerade gehen wollte bat sie mich noch: „Falls du in den Bergen
ein junges Mädchen namens Fema triffst, grüß sie bitte von mir.“ Ich
versprach es ihr und machte mich auf den Weg. Auf
dem Weg zu den Bergen kam ich durch viele Dörfer, manchmal blieb ich ein
paar Tage und arbeitete, um an etwas Geld zu kommen, aber die meiste Zeit
lief ich mit leeren Taschen durch die Welt. Eines
Tages folgte ich der breiten Straße in einen
dunklen Wald und wurde von Räubern überfallen. Sie bedrohten mich
mit Dolchen und Kurzschwertern und ich warf ihnen schnell mein Bündel vor
die Füße und verhielt mich ruhig. Nachdem sie mein Bündel, und danach
mich, durchsucht hatten, luden sie mich zum Essen ein. Meine Armut hatte
ihr Mitleid erregt. Ich
blieb zwölf Tage bei den Räubern und kochte ab und zu für sie. Der
Hauptmann, Syka, fragte mich schließlich, ob ich mich nicht ihnen
anschließen wolle. Ich erklärte ihm wohin ich wollte. Nachdem er
eingesehen hatte, dass er mich nicht zum Bleiben überreden konnte,
begleitete mich die ganze Gruppe zum Waldrand. Zum Abschied schenkten sie
mir einen Dolch und zeigten mir ein geheimes Zeichen, das mich vor
weiteren Überfällen schützen sollte. Nach
einigen Zwölferspannen erreichte ich endlich die ersten Ausläufer des
Gebirges. Die Straße wurde immer schmaler und verwandelte sich schließlich
in einen schmalen, nicht mehr befahrbaren Weg. Ich folgte dem Pfad und er
führte mich in ein kleines Dorf. Die
Häuser in dem Dorf waren alle aus Stein. Auch die Dächer waren mit
flachen Steinen gedeckt. Ich fand kein Gasthaus, wollte aber in dem Dorf
übernachten, also fragte ich eins der gaffenden Kinder, ob es dafür eine
Möglichkeit gäbe. Es starrte mich weiter mit offenem Mund an, zeigte
aber auf ein großes Haus, das direkt an den Berg gebaut war. Ich ging zu
der Tür und klopfte an. Nach einigen Augenblicken öffnete mir eine
blonde Frau. Sie warf einen Blick auf mich und forderte mich dann auf
einzutreten. Ich
fragte sie wie viel sie für eine Übernachtung mit Frühstück wolle und
sie nannte eine sehr kleine Summe also blieb ich über Nacht in dem Dorf.
Ich unterhielt mich den ganzen Abend mit der Frau, sie hieß Alannah und
ließ mir einige gute Tipps über Reisen in den Bergen geben. Sie sagte
mir, dass es unmöglich wäre die Berge allein zu durchqueren und schlug
mir vor, einen Führer für mich zu suchen. Ich zeigte ihr meine knappen
Geldreserven und sie sagte, sie würde es versuchen. Als
ich am nächsten Morgen fertig zum Aufbruch war, hatte sie noch niemanden
gefunden. Die meisten Männer waren in die Stadt gezogen um Waren zu
tauschen, doch sie berichtete mir von einem Dorf das einen Tagesmarsch
entfernt lag. Sie riet mir aber noch einmal davon ab, die Reise allein zu
unternehmen, falls mich auch von dort niemand begleiten wollte. Ich dankte
ihr und kaufte noch etwas Proviant, dann machte ich mich auf den Weg. Es
gab nur einen Weg und er führte in Serpentinen den Berg hinauf. Am Abend
erreichte ich die Hochebene, auf der das Dorf lag und wieder liefen mir
einige Kinder entgegen. Ein kleiner Junge fragte mich: „Hallo, wer bist
du? Wohin gehst du? Wie heißt du? Bleibst du hier?“ Ich
musterte ihn kurz und antwortete dann: „Ich bin eine Reisende, ich will
auf die andere Seite der Berge, ich heiße Moira Morgan und ich werde hier
Übernachten, wenn ich einen Schlafplatz finde.“ Ein
etwas größeres Mädchen sagte schüchtern: „Wenn ihr wollt könnt ihr
mich nach Hause begleiten. Bei uns könnt ihr sicher übernachten.“ Ich
nickte ihr zu und sie lief die Straße entlang. Ich folgte ihr bis zu
einem großen Haus und blieb vor der Tür stehen, während sie hineinlief
und nach ihrer Mutter rief. Diese trat dann auch gleich vor die Tür und
sagte zu mir: „Kommen sie doch herein. Sie können gerne hier übernachten.
Unser Dorf steht Reisenden immer offen.“ Ich
betrat das hübsche Haus und stellte meine Sachen ab. Sie brachte mir eine
Schale Wasser zum Waschen und reichte mir ein Tuch, nachdem ich Hände und
Gesicht gewaschen hatte. Dann lud sie mich ein, am Tisch Platz zu nehmen. „Erzählen
sie mir, was sie in unser Dorf führt?“ fragte sie. „Sicher,
ich möchte auf die andere Seite der Berge.“ Ich erklärte ihr mein
Vorhaben und erzählte ihr, dass ich keinen Führer gefunden hatte. „Es
sollte kein Problem sein einen Führer für sie zu finden. Eine Freundin
meiner Tochter könnte sie auf die andere Seite begleiten, oder wollen sie
unbedingt von einem Mann begleitet werden?“ „Nein,
ich wüsste nicht welche Vorteile mir das bringen sollte.“ „Dann
werde ich alles arrangieren. Ihr werdet allerdings zwei Tage hier im Dorf
bleiben müssen.“ „Wenn
es euch nicht stört, mir ist es Recht. Ich kann mir aber auch draußen
einen Schlafplatz suchen.“ „Ach
was! Ich freue mich über Gesellschaft und ein paar neue Geschichten und
als Reisende habt ihr sicher etwas zu Erzählen.“ „Ja,
habe ich.“ Ich verkniff mir ein Gähnen, es war spät geworden. Die
Frau sprang auf und sagte: „Ich zeige euch euer Bett. Es ist das meiner
Tochter, sie wird bei ihrer Freundin schlafen.“ Na
hoffentlich war sie damit einverstanden. Ich
nutzte die Zwangspause im Dorf und flickte und wusch meine Kleidung.
Einige Kinder sahen mir dabei zu wie ich einen Flicken als Blume tarnte
und umstickte und ich erzählte ihnen Geschichten von Räubern, Helden und
Prinzessinnen. Danach überprüfte ich meine Ausrüstung und fragte die
Freundin der Tochter meiner Gastgeberin ob ich etwas vergessen hatte.
Rialla sah mir über die Schulter und sagte: „Ich denke nicht.
Nur etwas mehr Proviant müssen wir einpacken. Selbst der kürzeste Weg
nimmt fünf Tage in Anspruch und ich weiß noch nicht ob er frei ist. Aber
keine Sorge, die Mutter meiner Freundin Siany wird genug für drei
einpacken.“ Als
wir am nächsten Morgen loszogen schloss Siany sich uns an. Sie wollte uns
ein Stück des Wegs begleiten und Kräuter sammeln. Ich verstand mich gut
mit den beiden, sie waren nur ein Jahr jünger als ich und vor allem Siany
war sehr gesprächig. Beide hatten eine Ausbildung im Dorf erhalten und es
wurden extra Lehrmeister aus anderen Dörfern eingeladen um sie zu
unterrichten. Ihre Berufswahl wunderte mich etwas. Rialla war ausgebildete
Kriegerin (und wenn ich sah wie sie mit ihrem Dolch umging bestand kein
Zweifel daran das sie eine gute Kriegerin war) und Siany war Heilerin und
Gelehrte (in dem Alter). Als ich mich mit ihr unterhielt stellte sich
heraus, dass der größte Schatz des Dorfes eine umfangreiche Bibliothek
war, die aus allen Himmelsrichtungen zusammengetragen und stetig erweitert
worden war. Siany hatte schon als Kind angefangen sich mit den Büchern zu
beschäftigen und inzwischen alle mehrmals gelesen. Sie war im Dorf zu
einer geachteten Persönlichkeit geworden und Siany, Rialla und die
Tochter meiner Gastgeberin, Elaine, freuten sich schon darauf ihr Wissen
bald auch mal praktisch anzuwenden. Am
Abend erreichten wir einen Unterschlupf.
Vor einen überhängenden Felsen waren Steine gestapelt worden, so
dass man vor Wind und Wetter geschützt war. Rialla entzündete ein
kleines Feuer und Siany kochte eine Suppe. Rialla erzählte mir, dass in
den anderen Unterständen nur wenig Holz zu finden sei und wir etwas von
diesem mitnehmen müssten. Siany
verließ uns am nächsten Morgen und ich kletterte, so gut ich konnte,
hinter Rialla her. Wir kamen immer höher und ich wurde immer langsamer.
Das Atmen fiel mir schwer und mein Herz raste. Rialla machte eine lange
Pause und wartete bis es mir besser ging. Sie ging voraus, als ich auf
einmal eine Bewegung bemerkte. Etwas schlich an den grauen Felsen entlang
auf sie zu. Ich rief gerade: „Vorsicht da ist...!“ da sprang es Rialla
an und warf sie um. Ich
zog meinen Dolch aus dem Stiefel und rannte ihr zu Hilfe, da hörte ich
sie Lachen: „Ist schon gut, nur ein alter Freund!“ Es
stellte sich heraus das ihr „alter Freund“ ein riesiger grauer Kater
war. Als er sich an ihr rieb und laut schnurrte wirkte er auch gar nicht
mehr bedrohlich. „Er
ist als Baby in eine Felsspalte gefallen. Ich habe ihn herausgezogen und
getrocknet, das hat er nicht vergessen.“ Rialla streichelte ihm den
riesigen Kopf und die flauschigen Ohren. „Was
ist das?“ brachte ich endlich hervor. „Das
ist ein Felsenstreifkater. Es gibt viele in diesen Bergen. Wenn es im
Winter sehr kalt wird, fallen sie über die Tierherden der Berghirten her,
ansonsten halten sie sich an Vögel und kleine Tiere.“ „Aha.
Kann ich auch mal Streicheln?“ „Er
lässt sich nicht gern anfassen, aber versuche es ruhig.“ Ich
kam etwas näher und kniete mich hin. Dan streckte ich eine Hand aus und
legte den Kopf schief. Als ich dann noch: „Komm Miez miez miez!“ sagte
sah mich der einen Schritt hohe Kater an als hätte ich den Verstand
verloren, kam dann aber auf mich zu und rieb seinen Kopf an meiner Hand. Er
folgte uns den ganzen Weg bis auf die andere Seite und übernachtete auch
bei uns, was selbst Rialla überraschte. Am
sechsten Tag unserer Reise standen wir auf einmal auf einem schmalen Weg.
Rialla wies mit der Hand geradeaus und sagte: „Du musst jetzt nur noch
diesem Weg folgen, dann gelangst du in den Wald auf der anderen Seite.“
Sie umarmte mich zum Abschied und nahm mir das Versprechen ab, mal wieder
etwas von mir hören zu lassen, dann drehte sie sich um, ging fort, und
ich war wieder allein. Ich
folgte dem Weg und tatsächlich stand ich am Abend in den ersten Ausläufern
eines riesigen Waldes. Ich
suchte mir einen Platz zum Schlafen und wickelte mich in meine Decke. In
der Nacht träumte ich von flüsternden Blüten und tanzenden Feen. Als
ich am Morgen erwachte, suchte ich mir einige Beeren und Wurzeln zum Frühstück
und marschierte dann fröhlich immer geradeaus durch den Wald. In
meinem ganzen Leben hatte ich noch nie einen so schönen Wald gesehen.
Alle möglichen verschiedenen Baumarten wuchsen nebeneinander, der Boden
war mit Laub und Nadeln bedeckt, die Vögel sangen und es roch nach Frühling.
Ich machte keine Pausen. Ich hielt nur an um etwas aufzusammeln und zu
essen, oder um meinen Wasserschlauch aufzufüllen. Ich übernachtete unter
riesigen Bäumen und lief den ganzen Tag weiter Richtung Norden. Nach
sechs Tagen stand ich auf einmal vor einer Steilküste. Ich sah mich um
und beschloss ein paar Tage an dem Ort zu bleiben. Einige Schritte weiter
fand ich einen umgestürzten Baum, der fast eine Hütte bildete. Von dort
aus konnte man auch an den schmalen Strand vor der Küste gelangen. Ich
setzte mich auf den Baum und sah aufs Meer hinaus. Noch nie in meinem
Leben hatte ich mich so frei gefühlt. Als
ich am darauffolgenden Nachmittag wieder auf dem Baum saß, aufs Meer
hinausblickte und einige Handvoll Himbeeren aß, sah ich das der Himmel über
dem Meer sich zu einem hellen orange verfärbt hatte. Ich
sprang sofort auf und machte meinen Unterschlupf sturmfest. Ich sammelte
so viel trockenes Holz, wie ich finden konnte und schleppte es unter den
Baum. Dann rannte ich zum Bach und holte schnell noch etwas frisches
Wasser. Auf dem Rückweg fielen mir schon die ersten großen Regentropfen
aufs Gesicht. Ich setzte mich in meinen Unterschlupf, wickelte mich in
meine Decke und ließ das Unwetter kommen. Ich
musste nicht lange warten. Es schüttete wie aus Kübeln, die Wellen
schlugen hoch an die Klippen und der Wind blies in mein Feuer. Bald
beschloss ich es zu löschen und warf Erde darauf. Die fliegenden Funken
waren mir nicht ganz geheuer. Obwohl der Sturm toste, schlief ich bald
ein. Als ich aufwachte, fror ich erbärmlich, aber der Sturm war vorbei. Ich
entfachte so schnell wie möglich ein neues Feuer und wärmte meine
klammen Finger daran. Meine Decke breitete ich auf dem Baumstamm aus, sie
war feucht geworden. Als mir wieder etwas wärmer war, beschloss ich an
den Strand zu gehen. Nach einem Sturm konnte man interessante Dinge
finden, Fische, Netze und alles was auf Fischerbooten über Bord gehen
konnte. Aber ich fand etwas anderes. Als
ich auf dem schmalen Strand stand, sah ich am anderen Ende etwas liegen.
Aus der Entfernung sah ich nur das es braun war. Ich ging los um es mir
genau anzusehen. Es war vielleicht ein Fischernetz und das könnte ich
gebrauchen. Als
ich näher kam, sah ich das es kein Fischernetz war und sprintete los. Ich
fand einen jungen Mann, der regungslos auf dem Rücken lag. Ich wusste
nicht was ich machen sollte, vielleicht war er tot, doch bevor ich in
Panik geraten konnte, schaltete sich mein Gehirn ein und erinnerte mich an
die Dutzende von Kneipenschlägereien und an die Verletzten, die ich
danach versorgen musste. Ich
tastete nach seinem Herzschlag und war erleichtert als ich feststellen
konnte, dass er noch lebte, aber er war eiskalt. Ich versuchte ihn zu
wecken, aber er reagierte nicht. Ich griff unter seine Arme und zog ihn
bis an die Klippen. Da erst fiel es mir auf. Er hatte Flügel. Nun, im
Wasser waren die sicher nicht besonders nützlich. Ich
legte ihm meine Jacke über den Oberkörper, rannte zu meinem Unterstand
und holte meine Decke. Ich stapelte das trockene Holz hinein und warf es
als Bündel über meinen Rücken. Dann griff ich mir einen glimmenden
Zweig aus dem Feuer und rannte zurück zum Strand. Ich
wickelte den Fremden in meine Decke und entfachte ein Feuer, in dem ich
einige Steine erwärmte. Außerdem kochte ich einen Tee. Die warmen Steine
packte ich unter die Decke, dann lief ich wieder nach oben. Ich holte
soviel trockenes Laub und Farn wie ich finden konnte und nahm mein
restliches Bündel mit nach unten. Dann untersuchte ich den Fremden noch
einmal genauer. Ich
schnürte sein Hemd auf und tastete ihn ab. Seine Rippen schienen heil
geblieben zu sein und außer einer fingerlangen Schnittwunde am Arm,
konnte ich keine Verletzungen finden. Die Flügel untersuchte ich
allerdings nicht. Ich hatte sie in eine Position gelegt, die mir natürlich
erschien, aber eigentlich konnte ich nichts damit anfangen. Ich nahm seine
Hände und versuchte sie zu wärmen. Langsam wich die Kälte und ich fand,
er war auch nicht mehr ganz so blass. Ich
goss etwas Tee in meinen Becher und gab etwas Branntwein hinzu. Dann nahm
ich einen Schluck davon und versuchte ihn zu wecken. Als er sich regte,
setzte ich den Becher an seine Lippen und flößte ihm etwas von meinem
Gebräu ein. Er schluckte es, holte tief Luft und öffnete die Augen halb.
Leise fragte er: „Wo bin ich?“ „Am
Strand, du wurdest angespült. Ich habe dich gefunden. Kannst du laufen?
Hier ist es feucht.“ Er
nickte matt und versuchte aufzustehen. Ich stellte schnell die Tasse ab
und half ihm. Dann begleitete ich ihn nach oben zu meinem Unterschlupf. Er
setzte sich auf den Boden und ich lief schnell und holte meine Sachen und
das Holz. Ich brachte auch den Tee mit und gab ihm den Becher: „Hier
trink das, dann wird dir bestimmt bald wieder wärmer.“ „Danke“
Seine
Stimme klang heiser, hoffentlich bekam er keine Lungenentzündung. Ich
wickelte ihn wieder in die Decke und er schlief bald ein. Nachdem ich mich
davon überzeugt hatte, dass er nicht ins Feuer rollen würde, stand ich
auf und ging in den Wald. Ich brauchte dringend etwas weiches, auf dem ich
schlafen konnte, nun da meine Decke vergeben war. Ich kam mit mehreren
Armvoll Gras und Farn zurück und bastelte mir eine gemütliche Mulde, in
der ich schlafen konnte. In der Nacht war es etwas kalt, doch am Morgen
schien die Sonne in mein Gesicht. Ich streckte mich und stand dann auf.
Mein Gast schlief immer noch. Als ich am Bach Wasser geholt und mein Frühstück
gesammelt hatte, war er wach. „Guten
Morgen, hast du gut geschlafen?“ Er
sah sich verwirrt um und antwortete: „Ja, danke.“ Ich
reichte ihm meinen Becher, diesmal gefüllt mit frischem Wasser und er
trank ihn in einem Zug leer. Ich schenkte noch mal nach und legte die Hälfte
der Beeren auf die Decke. Meine Hälfte aß ich auf und zwischendurch
blickte ich zum Meer. Er beobachtete mich die ganze Zeit über. Schließlich
fragte er: „Bist du eine Elfe?“ Ich
lachte: „Nein, wie kommst du denn darauf?“ „Das
ist doch der Wald. Elfen wohnen im Wald nördlich der Berge, so habe ich
es gelernt.“ „Du
hast recht. Aber ich bin ein Mensch und ich habe noch keinen Elf in diesen
Wäldern getroffen.“ „Ich
bin ein Alesid.“ „Das
ist kaum zu übersehen. Bis gestern dachte ich, es gibt euch nur in
Geschichten und dann finde ich auf einmal dich am Strand. Was hattest du
dort eigentlich verloren?“ „Meine
Orientierung. Ich bin in einen Sturm geraten und war schließlich so erschöpft,
dass ich ins Meer fiel. Es ist nicht einfach über dem Meer zu fliegen.“ „Kennst
du den Spruch „Wenn du es eilig hast, mach einen Umweg“ ?“ „Nein,
aber ich werde nie wieder über das Meer fliegen, ich lerne aus meinen
Fehlern.“ „Wusstest
du nicht dass es über dem Meer keine Aufwinde gibt?“ „Nein,
aber woher weißt du das?“ „Beobachtung,
Vögel und so.“ „Nun,
vielleicht sollte ich öfter die Vögel beobachten und weniger Fliegen.
Wie heißt du eigentlich?“ „Mein
Name ist Moira Morgan. Ich stamme aus dem Süden des Westreiches und
du?“ „Ich
heiße Abilo und stamme aus den Höhen des Nordens.“ „Ist
es dort schön?“ „Es
ist felsig und kahl und windig – ich mag es. Allerdings wird es auf die
Dauer etwas eintönig.“ „Das
kenne ich.“ Auf einmal war mir wieder kalt und ich fing an zu zittern. Abilo
stand auf und legte mir meine Jacke und die Decke um die Schultern: „Die
brauche ich nun nicht mehr.“ Er
streckte seine Flügel und ich sah erst jetzt, wie groß sie waren und wie
zerzaust. Er bemerkte es auch und sagte: „Wenn du nichts dagegen hast
Moira Morgan, würde ich gern noch zwei Tage bleiben. An Fliegen ist
momentan noch nicht zu denken.“ „Natürlich
kannst du bleiben. Ich könnte es dir auch nicht verbieten, der Wald gehört
schließlich nicht mir. Ich wollte aber eigentlich morgen weiterziehen.
Hast du Lust mich zu begleiten?“ „Aber
ich kann doch nicht Fliegen!“ Ich
grinste: „Ich auch nicht. Und dafür bin ich weit gekommen.“ Wir
sammelten zusammen Kräuter, Wurzeln und Beeren und am nächsten Morgen
machten wir uns auf den Weg. Ich hatte beschlossen weiter nach Norden zu
gehen und so kamen wir auch Abilos Zuhause näher. Ich erzählte ihm, was
ich am Leben im Wald so schätzte und je länger wir im Wald unterwegs
waren, desto besser verstand er mich. Nach
einigen Tagen verabschiedete er sich von mir. Seine Flügel glänzten
wieder und er lächelte mich an, als er meine Hand nahm: „Kommst du mich
in den Bergen besuchen? Vor ihnen liegt ein Wald und ich bin mir sicher
das er genau so schön ist wie jene die du mir zeigtest.“ „Nun
das wäre zu überprüfen. Ich würde dich gerne wiedersehen.“ Ich nahm
das Halsband und die Muschel ab und legte es in seine Hand: „Hier, ich
schenke es dir zur Erinnerung.“ Er
knotete es um seinen Hals und streckte dann seine Flügel aus. Er zog eine
lange Schwungfeder aus seinem Gefieder und reichte sie mir: „Dann nimm
du diese. Vielleicht bringt sie dir Glück.“ Ohne
ein weiteres Wort trat er einige Schritte zurück und schwang sich in die
Lüfte. Er kreiste noch einmal über mir, dann verschwand er rasch
Richtung Norden. Ich sah hinter ihm her und seufzte. Nach
einigen Tagen erreichte ich die Grenze des Waldes. Dahinter fand ich eine
leicht hügelige Graslandschaft, auf der nur vereinzelt einige Baumgruppen
standen. Weit entfernt konnte ich einige Bergspitzen erkennen. Ich nutzte
sie als Landmarke und hielt darauf zu. In
der Graslandschaft schlief ich nicht so gut wie im Wald und ich fand auch
kaum etwas zum Essen. Als ich eines Morgens erwachte, war ich nicht mehr
allein. Ein Junge kniete einige Schritte entfernt und beobachtete mich.
Ich zog meine Decke um mich und beobachtete ihn meinerseits. Er stand auf
und kam näher. Ich wurde aus seinem Gesicht nicht schlau und bekam das
erste mal auf meiner Reise Angst. Er
bedeutete mir, meine Sachen zusammenzupacken und ihn zu begleiten, sagte
aber kein Wort. Ich packte meine Sachen und folgte ihm. Er trug einen
Bogen über der Schulter und einen Köcher auf dem Rücken. Dafür dass es
nicht besonders warm war, trug er sehr wenig Kleidung. Sein Lederhemd
stand offen und entblößte seinen drahtigen Oberkörper, seine Hose,
ebenfalls aus Wildleder, war nur knielang, Schuhe hatte er nicht an. Er führte
mich zu einer kleinen Gruppe von Leuten, die genau so gekleidet waren wir
er und damit beschäftigt waren, kleine Zelte aufzubauen. Ein Mann löste
sich aus der Gruppe und kam auf uns zu. Er sah den Jungen an und fragte
dann: „Wen bringst du uns denn da? Seltsam, eine junge Frau und ganz
allein.“ Er wandte sich an mich: „Wer bist du und was suchst du
hier?“ „Ich
bin eine Reisende auf dem Weg nach Norden.“ „Hier
kommen nie Reisende vorbei, Frau.“ „Mein
Name ist Moira.“ „Handelst
du mit Sklaven?“ „Nein,
Sklavenhandel ist verboten.“ „Du
bleibst in der Nähe, bis wir beschlossen haben was weiter geschehen
soll.“ „Aber
ich will weiterziehen und...“ Ich
hörte auf zu Protestieren als der Junge einen Pfeil aus dem Köcher zog,
auf die Sehne legte und damit auf mich zielte. Nun gut, dann halt eine
Zwangspause. Ich setzte mich auf den Boden und öffnete mein Bündel. Ich
hatte in den letzten zwei Tagen nur eine Handvoll Wurzeln gegessen. Im Bündel
fand ich einige Nüsse. Ich knackte sie und aß sie auf. Aus Gewohnheit
grub ich ein kleines Loch und legte die letzte Nuss hinein. Gerade als ich
sie wieder mit Erde bedeckt hatte, kam der Mann zurück. Er stellte sich
vor mich und sagte: „Du wirst mit uns ziehen, damit wir dich im Auge
behalten können. Heute gehen wir auf die Jagd. Du wirst hier auf uns
warten.“ Mir
blieb gar nichts anderes übrig. Sie fesselten mir die Hände auf den Rücken
und banden mir die Füße zusammen, dann verschwanden alle und es wurde
sehr still im Lager. Ich schaffte es mit einiger Mühe meine Handfesseln
zu lösen und schnitt mit dem Dolch, aus meinem Stiefel, die Fußfesseln
durch. Es wunderte mich, dass sie mich nicht durchsucht hatten. Ich überlegte
was ich tun sollte und beschloss zu warten, bis sie wiederkamen.
Wahrscheinlich würde ich unterwegs noch auf andere Nomaden treffen und
Flucht brächte mich nicht viel weiter. Außerdem hoffte ich, dass sie bei
der Jagd erfolgreich waren, denn ein nagendes Hungergefühl breitete sich
in meiner Mitte aus. Ich
überlegte, was ich bis zu ihrer Rückkehr tun könnte und beschloss mal
wieder meine Kleidung auszubessern. So saß ich vor dem kleinen Zelt und nähte
an meinem Hemd, als die Gruppe zurückkam. Sie waren erstaunt, hatten aber
während der Jagd sowieso beschlossen, dass ich keine Gefahr darstellte
und luden mich ein zu bleiben. Sie zogen nach Norden und ich begleitete
sie. Bei
den Nomaden lernte ich viel über das Leben in der Graslandschaft. Sie
lehrten mich den Umgang mit Pfeil und Bogen und erzählten mir ihre
Legenden. Die Gruppe war klein, sie bestand aus sechs Männern, acht
Frauen und drei Kindern. Sklavenhändler hatten drei junge Mädchen und
zwei kleine Jungen der Gruppe entführt und über die Berge gebracht.
Seitdem misstrauten sie verständlicherweise jedem Fremden. Als
wir an die Grenzen des Nordwalds stießen, fragte ich, wohin sie
weiterziehen würden und sie erklärten mir, dass sie immer derselben
Route folgten, die sie nun weiter nach Osten führen würde. Wir
trennten uns und ich stand mal wieder im Wald. Abilo hatte nicht übertrieben,
der Wald war noch schöner als der direkt hinter der Bergkette. Die Sonne
schien durch die Laubbäume und warf Licht- und Schattenspiele auf den
Waldboden. Das Laub duftete süß und holzig und wo die Sonne den Boden
berührte blühten Blumen. Im Halbschatten wuchsen große Farnbüschel und
auf umgestürzten Bäumen wucherten Moos und essbare Baumpilze. Ich
entdeckte eine kleine Lichtung mit einem winzigen Teich, auf der
Walderdbeeren wuchsen. Ich sah mich um und bereitete mir, aus Laub und
Farn, ein weiches Lager auf dem Boden. Dann suchte ich mir etwas Klaubholz
und entfachte ein Feuer. Zur Sicherheit hatte ich vorher einen Steinkreis
gelegt und ich hielt die Flammen klein. Ich aß Erdbeeren bis ich satt war
und legte mich dann schlafen. Als ich am Morgen erwachte brannte das Feuer
noch und ein kleiner Topf stand darauf. Es war nicht mein Topf. Ich
setzte mich auf und sah hinein. Sah aus wie Tee. Ich roch daran. Roch auch
wie Tee. Ich schenkte mir einen Becher voll ein. Es war Tee. Er schmeckte
sehr gut und war schon mit Honig gesüßt. Ich sah mich um und entdeckte
ihn hinter einem Baum, auf der anderen Seite der Lichtung. Ich winkte ihm
zu und er trat einige Schritte vor. Ich fuhr mir mit einer Hand durch die
Haare (hoffnungslos!), stand auf und ging auf ihn zu. Er sah unsicher aus.
Als ich vor ihm stand griff ich nach der Muschel: „Du hast sie noch.“
Ich lächelte ihn an. „Sicher.“
Er legte seine Hand über meine und hielt mich fest, „begleitest du mich
in die Berge?“ „Sicher.“
antwortete ich und küsste ihn.
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