Die "Entführung" der Prinzessin |
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Der Ursprung der Drachenballade |
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„Wenn
ein Drache auftaucht, dann gib ihm dein jüngstes Kind.“ Das waren die
letzten Worte des alten Königs. Der Junge weinte und bestieg dann den
Thron. Es
war nicht schwer das Reich zu regieren. Auf der ganzen bekannten Welt
herrschte Frieden und das Königspaar war glücklich. Die jungen Prinzen
waren gesund und stark und die Prinzessin schön und klug. Doch dann
wurde, an einem frühen Morgen, ein schwarzer Punkt vor der Sonne
entdeckt. Die Alten erkannten einen Drachen, der immer näher kam. Der König
unterhielt sich mit seinen Beratern und sie sagten er solle, dem letzten
Wunsch des alten Königs gemäß, die Prinzessin an den schmalen Stein
hinten im Schlossgarten binden, der Drachenstein genannt wurde, damit
der Drache sie fressen und dafür das Reich verschonen würde. Der König
war dagegen, er glaubte nicht an Drachen die Menschen verspeisten, aber
das bekam seine Jüngste, die an der Tür gelauscht hatte, nicht mehr
mit. Die
Prinzessin hatte den Vorschlag der Berater gehört und war wenig
begeistert. Sie wäre für das Reich in den Tod gegangen, aber an einen
Felsen gekettet? Sie beschloss zu handeln. Auf dem Weg zum Stall machte
sie kurz in der Waffenkammer halt und griff nach dem ersten Schwert das
sie sah. Danach rannte sie in den Stall und sattelte ihr Pferd,
Nordwind. Sie ritt dem Drachen entgegen. Der Frühnebel hatte sich
aufgelöst und es fing an zu regnen. Ihr rotes Haar klebte an ihrem Rücken,
aber sie war entschlossen dem Drachen den zähesten Kampf seines Lebens
zu bereiten. Unterwegs kamen ihr einige Leute entgegen, die im Schloss
Schutz suchen wollten, aber sie beachtete sie nicht. Der
Drache sah sie wohl schon von weitem auf sich zukommen und landete daher
auf einem Feld. Als sie nahe genug an ihn herangekommen war, sagte er zu
ihr: „Ich bin gekommen um dich zu holen.“ Doch
ihre Antwort überraschte ihn. Die Prinzessin schwang das Schwert mit
dem Mut der Verzweiflung und schrie dabei: „Such dir was anderes zu
Fressen. Wenn du diesem Königreich oder einem seiner Untertanen Schaden
zufügst, schlage ich dir den Kopf ab und setze ihn auf die
Burgzinnen!“ Der
arme, völlig verdutzte Drache wich erst etwas zurück und erklärte ihr
schnell, dass er nur ein Bote war und niemandem etwas tun wollte. Dann
erzählte er ihr von dem Abkommen zwischen den Elfen und ihrem
Vorfahren. Die
Prinzessin hatte keine Ahnung wovon er redete, aber sie erkannte, dass
er sie sicher schon längst gefressen hätte, wenn das seine Absicht
gewesen wäre. Sie steckte das Schwert weg und ließ sich den
Sachverhalt genauer erklären. Danach überlegte sie eine Zeit lang,
aber sie glaubte dem Drachen (und neugierig war sie auch). Sie schickte
ihr Pferd nach Hause und stieg auf den Rücken des Drachen. Er
flog mit ihr, über das Nordreich und den großen Wall hinweg, in die
Elfenwälder und landete schließlich auf einer Lichtung, wo sie
vorsichtig von ihm herunterstieg. Der
ganze Platz war voller Elfen, die Blumenketten trugen und alle Bäume blühten,
obwohl es Herbst war. Alle waren sehr vergnügt, sie sangen und tanzten
und die Prinzessin kam sich in der Menge spitzohriger Fremder ziemlich
verloren vor. Irgendwann stellte man sie dem König vor und der erzählte
ihr endlich worum es ging. Er
bot ihr die Chance Königin zu werden und einen Elfenprinzen zu
heiraten. Natürlich stellte er ihr die Prinzen vor und alle Beteiligten
waren sehr angetan voneinander. Eine Aufgabe musste sie jedoch vorher
bestehen. Sie würde für ein Jahr in ein Tier verwandelt werden und die
Prinzen müssten sich auf die Suche nach ihr machen. Wer sie als erster
fand würde der zukünftige König werden. Die Prinzessin dachte über
die Bedingungen nach und war einverstanden. Sie
überlegte in welcher Gestalt sie im Wald wohnen wollte und teilte ihre
Wahl dann dem König mit. Dieser führte sie tief in den Wald und
verwandelte sie in einen Drachen. Sie verkroch sich in einer Höhle und
beobachtete das Leben um sie herum. Mit der Zeit kamen fast alle Prinzen
an ihrer Höhle vorbei, aber keiner erkannte sie. Manchmal hörte sie
sogar ihre Gespräche über die unlösbare Aufgabe. Eines
Tages war die Prinzessin in der Höhle eingenickt. Sie schnarchte so
laut dass der jüngste Prinz sie vor der Höhle hörte und hineinging,
um den schnarchenden Drachen zu betrachten. Dabei trat er auf einen
trockenen Zweig. Die Prinzessin wachte auf und sah ihn erschreckt an,
doch er verbeugte sich nur vor ihr und verließ dann die Höhle. Bald
darauf war das Jahr vergangen und der König befragte nacheinander seine
Söhne, doch keiner hatte sie erkannt. Erst als er seinen jüngsten Sohn
fragte und schon fast die Hoffnung aufgegeben hatte, antwortete dieser:
„Natürlich habe ich sie gefunden. Sie wohnt in der Höhle neben dem
See und ist ein Drache.“ als wäre das die normalste Sache der Welt. Der
glückliche König ging in den Wald und verwandelte das Mädchen in eine
Elfe. Danach wurde ein großes Fest gefeiert und die Partnerschaft der
beiden Königskinder besiegelt. Der junge Prinz hatte sie an ihren grünen
Augen erkannt. Er hatte sich auf den ersten Blick in sie verliebt und
ihre Augen waren ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf gegangen. |
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